Eine Bestenliste des letzten Jahrzehnts ohne diesen Meilenstein ist kaum vorstellbar. Auch auf die Gefahr hin, ein bisschen zu dick aufzutragen: "The Epic" hat die Welt verändert, praktisch aus dem Nichts. Und jeder, der es hörte, ahnte schon früh, dass die Ohren bitteschön zu spitzen seien.
Denn etwas Großes war im Gange, man möchte fast zum despektierlichen "Größenwahn" greifen: 180 Minuten Musik verteilt auf drei LPs beziehungsweise CDs, ein Orchester, ein Chor, überlange Songs, für deren Arrangements die Beschreibung "opulent" nichts weiter als ein abgeschmackter Euphemismus ist, ein ikonisches Coverartwork und eine inszenierte Sogwirkung, die in ihrer Begeisterung alles mitriss, was sich nicht in die hinterste Ecke des Jazzclubs zu den anderen Betonköpfen retten konnte, die seit 50 Jahren auf "Bitches Brew" herumquallen und dabei langsam zu Staub zerfallen.
"The Epic" wurde zum großen Vermittler und zur spirituellen Einigungsstelle und ja, "The Epic" hat die Welt zu einem besseren Ort gemacht. Das mag angesichts eines Irren, der nur 18 Monate später als herumstammelnde Hämorrhoide das Weiße Haus besetzen sollte, etwas schwer zu begreifen sein - aber wer diese Platte gehört hat, wird schon verstehen.
(Mehr Hintergrundinformationen gibt es in meinen alten Posts HIER und HIER)
Der Sommer 2015 mit dieser Platte im Reisegepäck wird unvergessen bleiben. Wir verbrachten einige Tage bei der Familie in Lübeck und fuhren jeden Tag mit dem Auto an einen Hundestrand an der Ostsee (Fabbi liebt den Strand!), und was schon auf der sechsstündigen Anreise offensichtlich war, dass wir also unsere Sommerplatte des Jahres gefunden hatten, wurde auf den täglichen Fahrten nur noch bestätigt: es verging keine Sekunde ohne "Fading Love".
Bittersüße Melodien, Melancholie im Nicki-Strampler mit einem trockenen Martini in der Hand, Sonnenuntergänge im Sepiafilter. Herausragender Moment ist sicher die Single "Full Circle", die mühelos das gesamte Album tragen kann und bis heute Emotionen und Bilder hervorruft, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Im Grunde will man die Welt umarmen und dabei Rotz und Wasser heulen. Und weil das gleichzeitig eine sehr akkurate Beschreibung des eigenen Gemütszustandes am Rande des Wahnsinns ist, finde ich, das trifft's auch im Frühjahr 2020 noch ganz anständig.
Eine DER Entdeckungen des vergangenen Jahrzehnts, und es ist vor allem dieses umwerfende Debut der belgischen Sängerin, das mir über Gebühr den Kopf verdrehte.
"No Deal" ist nokturne Erotik zwischen Chansons und Jazz, selbstbewusst und lasziv, zu gleichen Teilen stark und zerbrechlich. Ein heruntergedimmtes, tiefrot pulsierendes Glühen in einer vernebelten Nacht, in der die Adern der Großstadt zu schlafen scheinen - und doch: im Untergrund brodelt es, der Puls ist erhöht, die durch die Dunkelheit treibenden Gestalten so anziehend wie abstoßend. Das Spiel mit dem Verbotenen, dem Gefährlichen, das Zögern und das Dehnen, die bittersüße Versuchung ziehen sich durch jede Sekunde von "No Deal", bis sich die daraus geformte ambivalente Spannung im Abschlusstrack "With All My Love" langsam entlädt - ein Stück, das auch sechs Jahre später nichts von der betörenden Intensität verloren hat.
Die minutenlang schwingende Erlösung zum Schluss war zweifellos einer der eindrücklichsten Momente des letzten Jahrzehnts.
Möglicherweise ist der Sound dieses Produzenten-Duos aus Neuseeland zu speziell und zu anspruchsvoll für den Mainstream - ich habe ansonsten keine Erklärung dafür, warum ganz besonders dieses Album so dermaßen unter jedem Radar blieb.
Seit ihrem im Untergrund gefeierten Debut aus dem Jahr 2010 mit prominenten Fürsprechern wie beispielsweise Gilles Peterson, warte ich eigentlich auf den ganz großen Durchbruch für Electric Wire Hustle - stattdessen ist es nach ihrem letzten Album "The 13th Sky" beunruhigend leise geworden. "Love Can Prevail" ist ein Geniestreich: die Mischung aus Soul, Broken Beats, Jazz und Electronica ist völlig einzigartig, Songs wie "Loveless", "Light Goes A Long Way" oder mein Favorit auf Lebenszeit "Blackwater" oszillieren zwischen visionärem Sounddesign und Pop-Appeal, und das Video zur Single "By & Bye" ist in der künstlerischen Eleganz in Verbindung mit einem rastlosem, nie so recht ankommen wollenden Arrangement das Beste, was in den letzten zehn Jahren zu Klang gedreht wurde.
Thinking Man's Urban Soul Party.
Erschienen auf Somethink Sounds, Okayplayer Records, 2014.
Urlaube waren dank unseres Haustierzoos rar in der letzten Dekade. Als es uns 2017 doch mal in die Ferne trieb, genauer gesagt zu einem Herbsturlaub an die stürmische Nordsee, machten wir zu später Stunde Gebrauch vom im Strandhaus befindlichen Kamin, öffneten eine Flasche Rotwein und versuchten, die sehr volatil arbeitende Heizung mit Decken und aneinandergekuschelten Körpern zu ignorieren. Es liest sich wie billigstes Klischee, aber der Chronist in mir verlangt nach Akkuratesse.
Jedenfalls: wir hörten Zara McFarlanes "If You Knew Her" bis in die frühen Morgenstunden und es wurde einer jener Momente, in denen aus einer sehr, sehr guten Platte eine wird, die man künftig nur selten auflegen mag, aus Angst, diesem magischen Moment etwas von seiner überwältigenden Romantik zu nehmen.
Der unten verlinkte Hit "Open Heart" darf als Blaupause für eine Platte gelten, die randvoll mit so subtil wie selbstbewusst inszeniertem Souljazz gepackt ist - urban und nokturn, zerbrechlich und mit einer nur selten gehörten Dringlichkeit.
Wenn der ganze Misthaufen um uns herum in nasagenwirmal: 20 Jahren wirklich noch steht, im Sinne von fröhlich vor sich hindampft wie Jockel Fischer in der Sauna oder in der Kantine von Siemens, 's eh schon alles scheißegal, dann wird es Menschen geben, die "No World" als vergessene Perle, als unterschätztes und unbekanntes Meisterwerk bezeichnen - darauf verwette ich ein Maxi-Eiweißshake "Straciatella" mit aufgeschäumten Büffelsperma.
Denn auch wenn das Bruder-Duo aus Kalifornien es irgendwie geschafft hat, sich in den Soundtrack des Videospiels Grand Theft Auto reinzuschummeln und die Gamer den Song "The Place" auf fast eine Million Views auf Youtube geschoben haben, ist ihr sedierter Slomo-R&B unter wirklich jedem Mainstream-Radar geblieben. Bon, die beiden sehr schüchtern wirkenden und sich fast schon schmerzhaft natürlich gebenden Jungs sind vielleicht auch nicht gerade der feuchte Traum eines Marketingprofis. Immerhin war "No World" für einen der etwas skurrileren Beiträge auf diesem Blog verantwortlich. Ich weiß nicht genau, was mich damals geritten hat und ich sage auch nicht, dass selbst ich alles davon verstanden habe, aber unterhaltsam ist's schon. Unterhaltsam oder verstörend - manchmal sind die Grenzen ja fließend.
Ihre Musik ist auch sieben Jahre nach der Veröffentlichung von "No World" immer noch einzigartig, stimmungsvoll und unwiderstehlich sexy. Eine Platte wie Kuschelsex auf einer Familienpackung Pilzen.
The Gesamtkunstwerk of the Jahrzehnt. Idee, Ansatz, Musik, Ästhetik, Klang, Design aus einem Guss.
Das ist die Trumpfkarte von "A State Of Becoming". Wehrt Angriffe ab, macht unverletzbar, nimmt sich in jedem Bonuslevel die Kiste Gold am Ende des Regenbogens und verliert sich mit dem ehemals darüber wachenden Kobold Arm in Arm in den reflektierenden Traumwelten aus Wasser und Licht. Um sie herum: singende Vögel, raschelndes Laub, brausendes Meer, mächtige Mammutbäume, wie von Frau Jesus persönlich kunstvoll hingetupfte Nebelbänke, Regentropfen auf nasser Haut, Sonnenstrahlen, warmer Sand, kühles blau und umarmendes sepia.
Denn dass sowohl Christopher Landin (Lav), als auch Ludvig Cimbrelius (Purl) und Ryan Griffin (A Strangely Isolated Place) in den vergangenen zehn Jahren mehr als nur ein Mal ein beeindruckendes Zeugnis ihrer Kreativität und Kunstfertigkeit abgelegt haben, steht außer Frage. Gerade Purl war auf diesem virtuellen Audio-Tagebuch schon mehrfach zu Gast, nicht selten im Rahmen meiner Jahreslisten - und ebenfalls nicht selten unter den ersten drei Plätzen. Nicht zu vergessen, das inspirierende Abum "Awareness" von Lav. Und das in Kalifornien ansässige Label hat es mir ebenfalls nicht erst seit gestern angetan - falls es einen Beweis dafür braucht, here we go:
Und so war es dann auch auf den ersten Blick keine leichte Entscheidung, "A State Of Becoming" auszuwählen. Was ist mit Purls "Stillpoint"? Was ist mit all den tollen Alben, die via ASIP erschienen? Markus Guentners "Theia" oder dem visionären "Never Forget Us" von Earth House Hold? Und dann legten die drei Herren Landin, Cimbrelius und Griffin ihren Trumpf auf den Tisch: Dieses Artwork (von Noah MacDonald)! Das Innere des Gatefolds, an dem man sich gar nicht satt sehen kann! Die in altrosa gehaltenen Vinylscheiben. Die haargenau darauf abgestimmte und so subtil und feingliedrig inszenierte Musik, ihre Bilder, ihre Geschichten.
Für mich war und ist "A State Of Becoming" aus zwei Gründen lebensverändernd. Erstens erkannte ich so klar wie wohl nie zuvor, was möglich ist, wenn jeder Bestandteil einer Produktion durchdacht und aufeinander abgestimmt ist und bis in tiefste Sphären den Kern eines Werks aufspürt und ihn an der Oberfläche in allen Facetten spiegeln kann. Formvollendet! Zweitens verändert sich die Wahrnehmung meiner Realität, wann immer die Musik auf mein Herz trifft. Der Tag verändert sich. Das Licht verändert sich, es wird weicher, milchiger. Und es scheint, als entfalten sich die Wahrheiten dieser Welt langsam im Sonnenaufgang.
Schicht für Schicht mehr Erkenntnis, mehr Hoffnung, mehr Verständnis, mehr Liebe.
Ein Album für gewisse Stunden. Für Zeit und Raum. Für Dunkelheit. Für Stille. Für Liebe. Für Einkehr. Für Inspiration. Für Kraft. Für Trauer. Für Trost. Für Selbstgestricktes. Für Gebäck.
Was in dieser Nacht auf der Bühne der Berliner Philharmonie zwischen Hans-Joachim Roedelius und Onnen Bock geschah, das spirituelle Fluten von Synapsen mit Energie, Verständnis und Vertrauen, wird wohl auf ewig ohne eine angemessene Erklärung auskommen müssen. Dass wir diesem gewaltigen Naturschauspiel trotzdem beiwohnen dürfen, und zwar immer wieder aufs Neue, dass wir uns immer wieder in der Tiefe jener Nacht verlieren dürfen, ist ein großes Geschenk. Kein berühmter Name, kein Marketinggekröse und aus der Ferne betrachtet eigentlich ein eher kleines, unscheinbares Werk - bis zu jenem Moment, in dem sich die Nadel auf diese Platte herabsenkt, die erste Musikrille erreicht und mit jeder weiteren Sekunde die Kinnlade ein Stückchen weiter nach unten kracht.
Aktives Zuhören scheint in Zeiten von Dschingdarassabumm-Streaming und dem ubiquitären Profit-Geflacker von Weltkonzernen nicht mehr über Gebühr en vogue zu sein, und ich möchte auch nicht der hinterletzte pretentious prick sein, der fürs Ressort des Kulturpessimismus' den wöchentlichen Leitartikel schreibt, aber for fuck's sake: hört dieser Platte zu!
Urban wie ein Solo-Sonntagsbrunch im Hamburger Neustadt-Kiez mit frisch gedruckter Wochenzeitung, intellektuell wie ein tiefes, reflektiertes Gespräch mit einem guten Freund. Ein bisschen Philosophie über guten Kaffee und die sozialen Verwerfungen in den USA, eine Idee über Tanzen und Realitätsflucht, Jazz und Soul.
Unter der Conscious-Pudelmütze im Arbeitszimmer irgendwo in Brooklyn steckt ein Einzelgänger, ein mutiger, smarter, offener Geist, auf der Bühne steht und derwischt hingegen ein Teamplayer, der mit seiner Begleitband Good Compny jeden Laden in die Knie glühen kann. Ich durfte das Spektakel zwei Mal erleben, und vor allem das Konzert im leider eher unzulänglich besuchten Bett zu Frankfurt im November 2013 wird mir mit seinen positiv geladenen Power-Vibes zwischen klassischem Hip Hop, Soul, RnB und Jazz wohl auf ewig in Erinnerung bleiben. Sicherlich eines der besten Gigs, die ich im vergangenen Jahrzehnt gesehen habe.
Wer es mit eigenen Augen und Ohren erleben will, klickt das folgende Video vom Into The Great Wide Open Festivals aus dem Jahr 2015 an und hält schon mal den Sack für die Glücksgefühle weit auf):
"People Hear What They See" war möglicherweise Oddisees Durchbruch im Hip Hop Underground - und auch wenn die größeren Hits wie "That's Love" oder "Things" auf den späteren, und darüber hinaus ebenfalls brillianten Alben "The Iceberg" und "The Good Fight" erschienen, ist das 2012 erschienene Soloalbum des (ex-)DC-Mannes nicht nur wegen der umwerfend aussehenden Vinylpressung der Klassiker seiner bisherigen Diskografie. Und es ist für mich bis heute ein Rätsel, wie dieser ultradicke und alles niederpumpende Bass auf "People Hear What They See" die Nadel nicht dazu bringt, nach zwei Sekunden aus der Rille zu flumpfen.
Manchmal hat selbst Herr Blödkommatrübetassenull einen ganz guten Riecher: diesen Mashup aus Fela Kuti-Samples und De La Soul-Raps gab es 2012 lediglich als Download über Amerigo Gazaways Bandcamp-Seite, und als wenig später die Erstpressung des Bootlegs bei meinem Lieblingsmailorder auf die Verkaufsliste gesetzt wurde, in schwarzer Blankohülle, ohne Coverartwork oder gar aufgeklebten Titel, konnte ich unmöglich widerstehen.
Mittlerweile hat "Fela Soul" einen derartigen Kultstatus im Untergrund erreicht, dass es regelmäßigen Nachschub mit einer nun hübsch aufgemachten, wenngleich angeblich immer noch mindestens halblegalen Vinylversion (und einer zusätzlichen Tape-Edition!) gibt, die sich auch immer noch hervorragend verkauft. Und das mit Recht, denn jede Jubelarie, die sich jeder coole Hipster über diese 33 Minuten ans dürre H&M-Hütchen steckt, ist wahr. "Fela Soul" ist aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken und ist eine jener Platten, die ich immer (IMMER!) in greifbarer Nähe habe - und das in jedem vorstellbaren und passenden Format.
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BONUS TRACKS
Dass Amerigo nach diesem Meisterwerk noch weitere Mashups veröffentlichte, ist Lesern dieses Blogs natürlich geläufig. Zwei Alben davon sind absolutes Pflichtprogramm, und daran geht auch einfach kein Weg vorbei. Sorry, not sorry.
Erstens: A Tribe Called Quest & The Pharcyde - Bizarre Tribe
Zweitens: Yasiin Bey & Marvin Gaye - Yasiin Gaye
Ich verfahre wie immer mit der "Linke Reihe anstellen, jeder nur ein Kreuz"-Regel, daher ist nur Fela Soul in diese Liste gerutscht. Die beiden zusätzlich genannten sind, Achtung, ich sag's nochmal: absolutes Pflichtprogramm.
Hier hätte zunächst das Album stehen sollen, das meinen Einstieg in die Welt Brock van Weys markierte und die Stimmung des vergangenen Jahrzehnts im Erleben meiner Realität, der musikalischen zumal, so stark prägen sollte, wie sonst nichts anderes. "The Art Of Dying Alone", unter seinem hauptsächlich verwendeten Alias bvdub erschienen, verdrehte mir Herz und Kopf gleichermaßen und war dafür verantwortlich, in den kommenden knapp neun Jahren nicht weniger als 30 (!) Titel des Kaliforniers käuflich zu erwerben.
Die Wahl auf das 2011 erschienene Album wäre also eine leichte gewesen. Weil leicht aber auch ziemlich langweilig ist, entschied ich mich für das unter seinem bürgerlichen Namen erschienene Mammutwerk "Home" und zitiere den Mann, der die Ehre hatte, diesen über 150 Minuten andauernden, mich förmlich gegen die Wand drückenden Emotionsorkan zu mastern.
Liebe Freunde, Stephen Hitchell (Echospace):
"The best work I've ever heard from Brock. This was the hardest mastering job I've ever done, it took months and months, I had tears in my eyes through the entire process, the emotion felt here is unlike anything I've heard before. If this doesn't capture the heart and souls of people, well, I don't know what will."
Und was Hitchell hier angestellt hat, ist in der Bewertung von Home nicht zu vernachlässigen; "Home" als ausufernd zu bezeichnen, wäre eine oder hundert Nummern zu klein, und das liegt nicht nur an der Epik und Dramatik, die einem Brock van Wey sowieso schon aus jeder Pore kommen. Hitchell hat vor allem in den monumental inszenierten und manchmal über 15 Minuten durch Seele und Geist stürmenden Höhepunkten der Tracks wirklich alles aufgedreht, was es aufzudrehen gab.
Mehr Weite und Drang war nie.
Mehr Katharsis, Reinigung, Bewusstheit und Heilung war nie.
Wenn's mir eh keiner glaubt, kann mir ja eigentlich ab sofort alles egal sein: nach der ersten Minute von "Black Sands" wusste ich, wie außergewöhnlich die Patte, diese Musik ist. Ich war sofort an Plattenspieler und Lautsprecher gefesselt und schrie(b) Freund Jens umgehend auf allen erdenklichen Kanälen an: "ALTER! BONOBO! BLACK SANDS! MUSST DU HABEN!" - dabei wusste ich vor zehn Jahren schon nicht, was dieses gewisse Etwas ist, das dieses Album so besonders macht. Die umwerfende Stimme von Andreya Triana? Die klassischen Arrangements in Verbindung mit experimentellen Dubstep-Beats und jazzy TripHop-Vibes? Dass es verspielter und eindringlicher ist als die großen Momente der Thievery Corporation, dabei aber mindestens genauso lässig und unprätentiös?
Hinter jedem Ton auf dieser Platte leuchtet auch zehn Jahre später ein Regenbogen aus purem Gold - und der damit ausgelöste Durchbruch war so folgerichtig wie verdient. Dass Bonobo aka Simon Green trotz des mit den beiden folgenden Alben "The North Borders" und "Migration" nebst triumphaler Tourneen sogar weiter ausgebauten Erfolgs an diesen zeitlosen Klassiker seitdem nicht mehr anknüpfen konnte, ist aber mindestens genauso wahr.
Bevor wir mit den besten Platten des letzten Jahrzehnts weitermachen, gibt's noch eine kurze Pinkelpause Werbepause. Meine kleine Punkband hat ihr Zeltlager auf Bandcamp etwas umgemodelt und bietet nun die komplette Diskografie für sagenhafte 4 Euro an - das sind immerhin dreieinhalb Alben mit...naja: ein paar Minuten Spielzeit. Mit einem Klick ist all das Dein.
Damit wir uns von der Kohle keinen vierten Geldspeicher in ein unberührtes Waldgebiet in Südamerika bauen lassen müssen, haben wir uns dazu entschlossen, die Wiesbadener Kulturkneipe Sabot zu unterstützen. Das Sabot erhielt im vergangenen Jahr bereits die Kündigung der Räumlichkeiten zugestellt und hätte die Pforten zum 31.März schließen müssen - der Coronadreck und die anschließenden Auflagen für die Konzerte und Parties haben dann leider eine vorgezogene Schließung ab Mitte März notwendig gemacht.
Aktuell suchen die Betreiber eine neue Bleibe - und ein Lager:
"Aktuell suchen wir noch nach einer Lagermöglichkeit, trocken sollte sie sein und 10-15qm Fläche haben. Gerne ebenerdig und jederzeit zugänglich. Falls ihr Ideen oder Tipps habt, gebt uns gerne Bescheid. Für den Herbst suchen wir nach einer neuen Location, auch hier sind wir auf eure Augen und Ohren angewiesen. Egal ob ein runtergerockter Keller oder eine alte Werkstatt im Hinterhof, alles ist möglich!"
Blank When Zero haben über die Jahre vier Mal im Sabot gespielt, zum ersten Mal im Winter 2012 als Support für die Stage Bottles. Hier sind ein paar Bilder dieses Abends:
Wir haben uns im Sabot mit seinen tollen Mitarbeitern und Gästen immer wohlgefühlt. Und es war bislang der einzige Club, den wir tatsächlich mal leerspielten - Nach 15 Minuten unseres Gebretters war nur noch die Dame am Mischpult und der Herr hinter dem Tresen im Raum.
Das Sabot war für die Untergrundszene eine Oase im piefigen Wiesbaden (um Missverständnisse zu vermeiden: ich liebe Wiesbaden mit jeder Faser meines Körpers, aber ich bin auch superpiefig!). Es wäre ausgesprochen wünschenswert, wenn der Laden an anderer Stelle weiter existieren kann.
Um dabei ein bisschen zu helfen, haben wir uns dazu entschlossen, alle Einnahmen, die in der kommenden Zeit über die Downloads oder den Verkauf der limitierten Schallplatte unseres Albums "Einerseits" auf unserer Bandcampseite reinkommen, dem Sabot zu spenden.
Wenn ihr also ein paar Kröten übrig habt, dann freuen wir uns über Eure Unterstützung.