THE NECKS - VERTIGO
Vertigo. Schwindel.
Mysteriös. Furchteinflößend.
Das Spiel mit dem Unbekannten.
Stilistischer Krampf mit zu kurzen Sätzen.
Das australische Minimal Jazz-Trio hat die Leichtigkeit eingebüßt. Was nicht als qualitative Wertung verstanden werden soll, eher als Beschreibung dessen, was sich auf dem mittlerweile 18. Album als kleine musikalische Polverschiebung äußert. Es wird schwerer, dunkler, dröhnender, und das ist gleichfalls neu: praktisch ab der ersten Sekunde. Wolkenbrüche, Donnergrollen aus der Ferne - und direkt in deine vier Wände. Verwirrung und Orientierungslosigkeit, vielleicht gar ein bisschen Verzweiflung, jedoch immer unüberhörbar autark und erlöst. Das ist ihr Spiel mit der unbedingten Freiheit, nicht nur in der Instrumentierung dieser knapp 44 Minuten, sondern im wesentlichen Mindset, und der Klaustrophobie, der Ohnmacht. Der eigenen Irrelevanz.
Die Auflösungen solcher Ambivalenz sind selten, aber sie sind natürlich ungemein effektiv. Und es sind genau diese Momente auf "Vertigo", die, obwohl grundsätzlich nur mühsam zu dechiffrieren und klanglich mindestens so diffizil und dunkel wie die über- und durcheinander gelegten perkussiven Gewitter, mir fast die Tränen in die Augen treiben, weil sie unvermittelt die Türen zu einer Idee, einem Gefühl der vermeintlich universellen Klarheit und Wahrhaftigkeit öffnen.
Es hat sehr lange gedauert, das zu erkennen, aber ich empfinde die Artikulation ihrer Ansprache bislang noch auf keiner ihrer Platten so deutlich wie auf "Vertigo".
Erschienen auf Northern Spy Records, 2015.