...lege ich mich jetzt bis Sonntag in die Feuerzangenbowle. Rutscht gut rein, ihr wundervollen Menschen.
Habe die Ehre.
*bussi*
...lege ich mich jetzt bis Sonntag in die Feuerzangenbowle. Rutscht gut rein, ihr wundervollen Menschen.
Habe die Ehre.
*bussi*
Ich hatte es bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf diesem Blog angesprochen und vermutet, aber dass "Jupiter", das Comebackalbum der Techno-Death Legende Atheist, tatsächlich derart fulminant ausfallen sollte, damit hatte ich selbst bei aller Begeisterung nach den ersten Hörproben wirklich nicht gerechnet. Das erste Lebenszeichen der Band seit 1993 knüpft qualitativ an die drei Klassiker "Piece Of Time", "Unquestionable Presence" und "Elements" an und ist damit das einzige mir bekannte Comebackalbum alter Thrash- und Death Metal-Haudegen, das den Standard ihrer vorzeitlichen Großtaten zumindest halten kann - und ich bin ob dieser Tatsache immer noch baff, um ehrlich zu sein.
"Splazsh" ist eines der abgefahrensten Alben des Jahres 2010 und da fehlen mir glatt ein wenig die Worte. Egal, was ich hier schreiben würde, es wäre innerhalb weniger Sätze das Einfachste auf der Welt, meine Worte umgehend zu widerlegen. Würde ich beispielsweise schreiben, dass die A-Seite mit dem Opener "Hubble" und dem mit einigen Soulfetzen angereicherten "Lost" sowie dem kurzen Ambientfloater "Futureproofing" eine düstere Post-Alles-Landschaft entwickelt, die sowohl Dubstep als auch Ambient und Techno als Fixpunkte aufs Tableau zaubert, dann wäre schon beim ersten Plattenumdreher auf die B-Seite alles perdue: ein tiefer und verschachtelter Dubstep-Irrgarten auf "Get Ohn", ein großer ironischer Post-Pop-Entwurf in "Always Human", danach ein übersteuerter Bass-Schmerz mit stolpernden und allerhöchstens angedeuteten Beats. Dazu gibt es dunkle Synthie-Anleihen und schemenhaft erkennbare Songstrukturen bei "Maze" und einen lupenreinen 80er Jahre Smasher mit "Purrple Splaszh".
Der Lehrer bezeichnete diese Band einst als "Schülerband" und gestand kurz darauf inhaltlich durchaus angemessen, Disappears einfach nicht zu verstehen. Angesichts seiner diesjährigen Sufjan Stevens-Ver(w)irrung kann das nur als Qualitätsmerkmal gedeutet werden, aber lassen wir die Kirche im Dorf: das hier ist auch nicht wirklich Musik für "Oma Meume und Familie Fliewatüt" (S.Gärtner).
Auch Disappears kamen bereits im Laufes des Jahres 2010 auf diesen Seiten zu der ein oder anderen lobenswerten Erwähnung und meine Begeisterung ob ihres dreckig-verwehten Garagensounds ist nicht nennenswert zurückgegangen. Noch immer bestimmt in erster Linie ihr kaputter Lo-Fi-Sound die Szenerie, ihr konsequenter Minimalismus und die damit verbunde Offenlegung aller Tatsachen sind mir auch Monate nach der Entdeckung immer noch so sympatisch, dass "Lux" regelmäßig den Weg ins Schallgesims findet.
Kein doppelter Boden, kein Interpretationströpfchen zuviel. Intellektuell und stylish, ja. Aber kein nichtsnutziger Firlefanz. Disappears klingen, als ob Motörhead 1986 die Ausfahrt in Richtung My Bloody Valentine genommen hätten, und Lemmy nach seinem Philosophie-Studium anstatt einer Speed-Standleitung ins Nasenloch sich lieber täglich eine Haschisch-Schokotorte beim Kaffeekränzchen mit Julia Kristeva reingezerrt hätte.
Als größter Wackelkandidat für die Erwähnung in dieser Liste entpuppte sich dieses Jahr "Helpers On The Other Side" des Triclops!-Haufens, was bei Licht betrachtet weniger an der Qualität ihrer zweiten abendfüllenden Songsammlung, als an der Qualität der Konkurrenz-Veröffentlichungen lag und liegt. Denn auch dieses Jahr darf ich mit Vehemenz darauf hinweisen: Musik war nie besser als heute. Beziehungsweise gestern. Oder vorvorgestern, meinetwegen auch übermorgen - "Das ist Physik." (Malmsheimer).
Das beste Argument des Quartetts aus San Francisco liegt in meiner romantischen Verklärung des Vergangenen begründet, was geradewegs brilliant mit meiner eben getätigten Aussage über die Musik der Gegenwart zusammendotzt: ich höre "Helpers On The Other Side" und befinde mich augenblicklich in meinem sonnendurchfluteten Kinderzimmer, schätzungsweise 1991, abwechselnd The Jesus Lizard- und Janes Addiction-hörend. Und ich möchte einerseits darauf hinweisen, dass das durchaus eine gute Erinnerung ist, und dass andererseits die groben Eckpunkte ihres Sounds mit den beiden eben genannten Kapellen zumindest in meinen Ohren ganz gut abgesteckt sind. Aber kommt mir jetzt bloß keiner auf die Idee, eine vergleichende Riff- und Harmoniestatistik auf zu setzen! Zumal der Vergleich angesichts der, ich wage es kaum zu schreiben, Classic Rock-Einflüsse bei "Homage To Monte Cassino (Red)" und "With Sars, I'll Ride The Wind" auch wieder totaler Kappes sein könnte. Aber wer weiß das schon?
Na, ich natürlich (nicht): Triclops! springen letzten Endes zwischen Punkrock, Noiserock, Hardcore und alternativer Frühneunziger-Weirdness ("Brown Summer") umher, sind sympatisch durchgeknallt und haben hier einige durchaus progressive und in der Folge auch mutige Perlen ("Brown Summer") untergebracht. Ich höre die Scheibe vor allem aufgrund ihrer Frische und Komplexität sehr gerne ("Brown Summer") und deswegen soll ihr auch der begehrte letzte freie Platz in dieser Aufstellung gehören. So sei es ("Sown Brummer").
Erschienen auf Alternative Tentacles, 2010.
Wir, also mein Listennerd und ich, haben uns außerdem dazu entschlossen, bei der tollen "Top of the Blogs 2010"-Aktion von Vinyl Galore mit zu machen.
Vinyl Galore-Mann Martin hat in offenbar schlaflosen Nächten die Top Ten-Listen von nicht weniger als 43 Blogs ausgewertet und das Ergebnis nun exakt HIER präsentiert.
Frei nach Bill Hicks:"Boy, is my thumb not on the pulse of the German indie scene!"
Aber schön isses ja doch yngwie.
Danke für die Mühe, Martin.
Der Listennerd in mir schreit wieder nach Aufmerksamkeit und ich bin noch nicht autoaggressiv genug, um dieses Betteln zu überhören. Also schenken wir dem jämmerlichen Kieselchen in mir einfach die nächsten Wochen etwas (kostbare) Zeit und ein kleines, kaltes und feuchtes Eckchen zum Austoben: die schönste Musik des Jahres 2010. Der Countdown hat begonnen. Spannung! Dramatik! Durchfall und kein Klopapier im Haus!
Gemeinsam lässt es sich bekanntermaßen schöner leiden: für den Fall, dass auch Du der Welt (oder wenigstens mir - fangen wir ruhig eine Nummer kleiner an) mitteilen möchtest, welche Platten Deine Nervenbahnen am prächtigsten zum Limbotanzen brachten, dann schreibe mir bis zum 31.12.2010 eine Mail an dreikommaviernull[at]yahoo[dot]de, liste Deine Top 10 des Jahres 2010 auf und warte auf den verspäteteten Weihnachtsmann: unter allen Einsendungen werden drei Gewinner ausgelost, die sich schon bald über was Schönes (bruaha?!) freuen dürfen.
Also los da!
Und Frohe Weihnachten. Natürlich.
Nach einigen Tourneen (diesmal unter anderem im Vorprogramm von Neurosis in Europa und Iron Maiden in den USA und Kanada), sowie der hastig eingeschobenen Zusammenstellung "Kronik", die Remixe unter anderem von "Forlorn" und "Nanoman", vier Liveaufnahmen und vier bislang unveröffentlichte Tracks enthielt, verunglückte der Bandbus auf dem Weg zum Festivalauftritt beim Wacken Open Air 1998 so schwer, dass E-Force mehrere Monate lang im Koma lag. Erst Ende 1999 trat die Band wieder als Trio auf, verkündete dann aber zur großen Überraschung etwa ein Jahr später und nach dem Release des ersten Livealbums der Band ("Lives" - erheblich unterbewertet, mit Aufnahmen vom Dynamo Open Air 1995 und einem Auftritt in New Yorks GBGB) den Ausstieg Forrests. Voivod büßten zu jener Zeit immer mehr an Relevanz ein. Die Entscheidung, auf "Negatron" und "Phobos" diesen harschen Cyber Thrash Metal zu inszenieren war aus kommerzieller Sicht nicht unbedingt die cleverste Idee, selbst wenn das damalige musikalische Klima für einen solchen Sound sicher schlechter hätte aussehen können. Aber wer sollte nach all diesen Drehungen und Wendungen noch Voivod hören? Die alten Thrasher aus den 80ern? Die hatten zehn Jahre nach "Killing Technology" schon die Doppelhaushälfte und zwei Kinder am Sack. Mal ganz abgesehen davon, dass weder "Negatron" noch "Phobos" noch viel mit 80er Jahre Thrash am Hut hatten. Die mitgewachsenen oder gar neuen Fans aus der "Nothingface"/"Angel Rat"/"The Outer Limits"-Phase? Die hätten sich angesichts eines Songs wie "Quantum" garantiert in die Hosen gemacht. Verständlicherweise, wie ich schnell hinzufügen möchte. Und die krass-coolen 90er Jahre Kiddies, die Biohazard, Pantera und Sepultura hörten, waren gleichfalls mit dieser schmutzigen Bombe überfordert, die zwar modern, aber eben doch nicht zeitgemäß war.
Was blieb war ein kleines Häufchen Die Hard-Fans, für die Voivod "Home Sweet Home" waren, ein bisschen nerdig, aber so unfassbar wichtig. Eine Schicksalsgemeinschaft.
Auch wenn in den Folgejahren so einiges passiert ist, was dieses kleine Häufchen hätte vergrößern können: der Einstieg des ehemaligen Metallica-Bassisten Jason Newsted am Bass oder die Reunion mit Ur-Sänger Snake, die Veröffentlichung weiterer, mindestens gutklassiger, Alben - es sollte nicht sein. Voivod waren zu lange zu weit weg vom Fenster für den ganz großen Erfolg. Und dann kam der nächste Schicksalsschlag: bei Gitarrist Piggy wurde im Frühjahr des Jahres 2005 Darmkrebs diagnostiziert, gegen den er im August 2005 den Kampf verlor. Piggy hatte Ende der 80er Jahre schon einmal gegen die Mistsau Krebs gekämpft, damals gegen einen Hirntumor - und er gewann. Diesen letzten Kampf musste er aufgeben.
Kurz vor seinem Tod erklärte Piggy Freund Away, wie er an die Dateien mit seinen bereits fertig aufgenommenen und arrangierten Gitarrenriffs herankommt, die er bereits für das nächste Album vorbereitet hatte. Aus diesem Sammelsurium von Riffs, Melodien und Harmonien entstand 2006 das Album "Katorz" in Abwesenheit des großen Meisters. Ich habe Piggy in diesem viel zu langen Text mehr als einmal gewürdigt, und es darf ruhig nochmal passieren: Piggy ist für meine Begriffe der talentierteste, kreativste und schlichtweg größte Gitarrist des Heavy Metal und die Lücke, die sein Tod hinterlassen hat, ist bisher von niemandem auch nur im Ansatz gefüllt worden. Ich weiß noch, als mich die Todesnachricht tief in einer deutschen Sommernacht via Internet erreichte und ich heulend vor dem Computer saß - man ist womöglich nicht besonders stolz, sowas hier und an dieser Stelle zuzugeben, aber ich habe Rotz und Wasser geheult und war für Tage kaum ansprechbar. Und in Zeiten wie diesen, in denen ich mich im Zuge der erstmaligen Vinyl-Veröffentlichung von "Negatron" und "Phobos" via Linus Entertainment wieder metertief in das Oevre dieser einzigartigen Band eingrabe und mir Piggy im "Phobos"-Opener "Rise" mit diesem grandiosen, ALLES, ABER AUCH WIRKLICH ALLES WEGBUMSENDEN WAHNSINNSSOUND die Frise auf halbacht föhnt, und ich mir in stundenlanger Arbeit diesen viel zu langen Scheißtext aus den Rippen schneide, ist das Gefühl von damals schon wieder ziemlich deutlich wahrnehmbar.
Mein Verdacht bestätigte sich, als die ersten Absätze zu diesem Post bereits geschrieben waren: einen Beitrag über die kanadische Metal-Legende Voivod zu verfassen ist alles andere als ein einfaches Unterfangen. Die Geschichte des Voivods ist so spannend und umfangreich, voller Brüche und zugleich so tragisch, dass es ein Leichtes wäre, vom Hundertsten ins Tausendste zu kommen. Ich bemerkte außerdem, dass es zusätzlich schwieriger wird, wenn ich mich, wie ursprünglich geplant, lediglich auf zwei ihrer mittlerweile 12 Studioalben beschränken möchte: "Negatron", 1995 erschienen und "Phobos", das zwei Jahre später wie der Vorgänger auf Hypnotic Records veröffentlicht wurde, stellten zu ihrer Zeit nicht nur eine Zäsur in der Entwicklung der Band dar, sie sind auch heute noch selbst unter Fans durchaus umstritten. Ich fand, das sei ein guter Aufhänger...aber in der Praxis kann ich die beiden Alben kaum angemessen in ihrer Relevanz beschreiben, wenn niemand ihre Vorgeschichte kennt. Beginnen wir am besten....irgendwo knapp hinter dem Anfang und browsen einfach ein bisschen durch die schicke Voivod-Diskografie.
Das Debut "War And Pain" (1984) und das nur minimal kontrolliertere zweite Album "Rrröööaaarrr" (1986) boten hysterischen, mit Venom-, Motörhead- und Slayer-Zitaten angereicherten Speed/Thrash Metal, in dem allerdings ein anarchistischer Punkvibe deutlich erkennbar war. Die Band hatte trotz der erwähnten Einflüsse, vor allem aber angesichts der bereits damals sensationellen Gitarrenarbeit von Denis "Piggy" D'Amour, einen klar erkennbaren eigenen Stil, der später in Verbindung mit den futuristischen, fremdartigen und gleichzeitig abstoßenden Artworks Michael "Away" Langevins und den mit starkem Hang zur Science Fiction ausgestatteten Texten als Nuclear Metal (die Plattenfirma - Noise Records, wer sonst?! - entblödete sich sogar nicht, entsprechende Sticker auf Plattencover zu kleben) oder Science Fiction Metal bezeichnet wurde - übrigens eine Schublade, die im Grunde bis heute einzig und allein von den Kanadiern bewohnt wurde und wird.
Die beiden Nachfolger "Killing Technology" (1987) und "Dimension Hatröss" (1988) dürfen als Übergang zum folgenden Dreigestirn "Nothingface", "Angel Rat" und "The Outer Limits" angesehen werden, allerdings ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Band innerhalb von nur drei Jahren weiterentwickelte, schier unfassbar. Wer "Rrröööaaarrr" aus dem Jahre 1986 und im Anschluss "Nothingface" aus dem Jahre 1989 hört, wird kaum vermuten, dass es sich immer noch um dieselbe Band handelt. Auf "Killing Technology" und vor allem auf "Dimension Hatröss" begannen Voivod mit Psychedelic- und Progressive-Einflüssen zu experimentieren, als Vorbilder agierten nun Bands wie die Landsmänner von Rush (mit denen sie später auch die Bühne teilen sollten) oder Pink Floyd. "Tribal Convictions" vom 1988er Album bekam ein trashiges, in Teilen gar avantgardistisches Video verpasst und mauserte sich in eingeweihten Kreisen zu einem kleinen Hit, dessen Früchte das Quartett beim Nachfolger "Nothingface" ernten konnten: Voivod wechselten zum Majorlabel MCA (heute übrigens unter dem Dach der Pfeifen von Geffen), bekamen ein größeres Budget, erneut einen Videoclip, diesmal zur Coverversion von Pink Floyds "Astronomy Domine", und hatten plötzlich sogar auf MTV Erfolg. Das von Glen Robinson produzierte Album wird von vielen Fans auch heute noch als der Höhepunkt im Schaffen der Kanadier bewertet: Voivod waren alleine klanglich so aufgeräumt wie noch nie, aber auch ihre Songs waren bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und durchdacht. "Nothingface" ist eine wilde und verrückte Progressive Rock-Abfahrt in einem überdimensionalen Raumschiff, die mit dem erwähnten "Astronomy Domine", "The Unknown Knows", dem Titeltrack oder dem genialen "Into My Hypercube" (und, und, und...) ein paar ganz weit entfernten Planeten zuwinkt. Spätestens hier ist Gitarrist Piggy übrigens in den Olymp der größten Saitenhexer aller Zeiten aufgestiegen. Und darüber wird nicht diskutiert.
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Wer Wikileaks in ihrem gegenwärtigen Kampf gegen amerikanische Arschmaden und Verbrecher ein bisschen unterstützen will, der klickt hier und hat dann die Möglichkeit, der Organsisation etwas Geld zukommen zu lassen:
Wikileaks ist gerade via http://wikileaks.de/, http://wikileaks.fi/ und http://wikileaks.nl/ zu erreichen.
Achso, den passenden Soundtrack dazu gibt's natürlich auch:
ASTRO CAN CARAVAN - THE NAGUAL JULIAN
Ein heißer Tipp für Freunde obskuren Funks, Jazz' und meinetwegen pikanter Salsa und Guacamole (mit rohen Zwiebeln): Astro Can Caravan stammen aus Finnland und haben mit dieser Maxi aus dem letzten Jahr den Vogel für heiße Sonnentage abgeschossen. Und wo das gesagt ist, fällt mir gerade auf, dass das ja eine total bescheuerte Redewendung ist. Jedenfalls: der Holzlöffel steht senkrecht in der kühlenden Buttermilch.
Die Band um das Trio Otto Eskelinen, Tomi Kosonen und Pharaoh Pirttikangas als harten Kern, sowie ein ganzer Arsch voll Leute aus dem erweiterten Freundeskreis, sechs weitere Finnen, um genau zu sein, grooven sich in Outer Space Big Band-Manier schön die Füße platt. Der Titeltrack lässt das Caipirinha-Eis in der Fußsohle schmilzen, die Drums zittern ohne Zwischenstopp in Richtung Südamerika, die Bläser verschieben den Zuckerhut mal schnell in Richtung Helsinki - warum auch nicht? - und wenn man genau hinhört nimmt man sogar trotz all des Gezappels und Gezuppels die nordische Distanziertheit wahr - was das ganze noch spannender macht, als es eh schon ist.
Die B-Seite lässt es etwas gemäßigter, dafür aber umso experimenteller angehen. In der Anlage erinnern sie mich ein wenig an die IMPS, die letztes Jahr ein gutes, wenngleich nicht gerade leichtes Jazz/Elektro-Album namens "Bring Out The Imps" auf Mule Records veröffentlichten, allerdings lassen Astro Can Caravan konsequent jede Elektronik außen vor und konzentrieren sich stattdessen auf die Stärken eines großen Kollektivs, das auf den Spuren Herbie Hancocks, Sun Ras und frühsiebziger Funk'n'Soul wandelt und bei "Cosmo Jones" sogar eine Wah-Wah-Gitarre auf die Reise zum Mars schickt.
Der Zeitpunkt dieser Vorstellung könnte kaum besser gewählt sein: Die Band hat gerade ihr viel zu lange schon köchelndes neues Album "Planet Caravan" auf Ricky Tick Records veröffentlicht.
Bitte bestellen sie jetzt und zwar exakt: HIER
Erschienen auf Ricky Tick Records, 2009
VLADISLAV DELAY - TUMMAA
Und ab in die zweite Runde meiner kleinen 7-Inch-Schau. Verrückt, wie die Zeit rennt.
GLEN PORTER - SMILE NOW, CRY LATER
Eine kleine Single, die, wenn es nach mir ginge (und das geht es bekanntermaßen nie), viel mehr Staub hätte aufwirbeln dürfen. "Smile Now" beginnt als dubbige Hymne im Sonnenschein-Familienpack, einem blitzgescheiten Gitarrenlauf und einer perfekt austarierten Bassdrum, die einem nicht mehr viel übrig lässt, als sich mit seeligem Lächeln im Liegestuhl am Strand von Los Angeles zurück zu lehnen, bevor plötzlich das Tempo Richtung Südpol geht und die Melancholie die Tür aufrummst. Ist das hier auf einmal Miami Vice, 1986? Oder ist das eine in Musik gegossene Vision vom Scheitern als einzige Option? "Cry Later" auf der Flip dreht die Lautstärke und den Weirdo-Faktor nach oben und bietet eine Eddie Spaghetti-Gitarre über frühen Beck'schen Hip Hop-Beats. Auch hier auffällig: das Break in der Mitte das sich nur wenige Sekunden später wieder mit dem Thema verbindet, und aus der Aura des Tracks etwas völlig anderes entstehen lässt. Groß. Und für die Nerds - die Zugabe: limitiert auf 300 Stück, white wax, in schön handgemachten Silk-Jackets verpackt. Beeilung, heiß und fettig!
Erschienen auf Ooohh! That´s Heavy, 2010
MIDDLE CLASS RUT - BUSY BEIN' BORN
Und jetzt zu etwas völlig anderem, wenn auch aus den gleichen, wo nicht selben Breitengraden wie der gute Herr Porter. Ich wollte schon vor Ewigkeiten etwas über das kalifornische Duo Middle Class Rut schreiben, aber ihr wisst ja, wie's ist. Wie man's macht, ist es verkehrt und das Runde muss in die Grube, in die ein anderer reinstrullte - jedenfalls: Zack Lopez und Sean Stockham verzichten auf den Bassisten und spielen damit meiner frühen (und ich meine sehr frühen) Ansicht in die Arme, dass der Bass sowieso völlig unnötig ist. Auf der Bühne war das ungeheuer intensiv und beeindruckend, zumal sie den fehlenden Bumms untenrum mit Samples (beispielsweise mit einem durchdringenden, tiefen Ton) locker wettmachten. Ihre Musik ist ein wilder Mischmasch aus 70s-, Stoner- und Alternative Rock, Punk und vor allem aufgrund des Gesangs einer Prise Hardcore. Vor allem das Titelstück ist mittlerweile ein schwergroovender, kleiner Klassiker mit einem herzallerliebsten Wutausbruch zur Mitte, der im Hause "Flori" (Mutti) auf keinem Sampler fehlen darf. Die B-Seite bietet mit "All Walks Of Life" ein nach vorne preschendes Rock'n'Roll-Riff, auf dem zunächst - ich schwöre! - der kleine große Bruder von Noel Gallagher loslegt, bevor der Whiskey und die ganzen Scheißkippen ihre Wirkung entfalten und der Wahnsinnige von The Bronx alles totrotzt.
Happy, happy family!
Erschienen auf Bright Antenna, 2008
MUHSINAH - ALWAYS (SMILE)
Achtung, nix für schwache Nerven, dafür aber eventüll für Flying Lotus-Devotees. Muhsinah (Einflüsse: Chick Corea, Alice Coltrane und J Dilla - nur mal zur groben Einrichtung) ließ zwei ihrer Tracks von 00Genesis und von ebenjenem Flying Lotus überarbeiten, die mir beide mit sehr kruden Mixes den Schädel auf halb acht drehen. 00Genesis hat sich den Titeltrack vorgeknöpft und glitscht zwischen Avantgarde-Hip Hop und einem winzigen Geschmack, so ein ganz kurzer, auf der Zunge sich verflüchtigender, von 60s Soulmusik umher - und kaum ist der Track vorbei, ist er tatsächlich vorbei. Potzblitz! FlyLo - wie wir Checker ihnen schnippisch nennen - hingegen hat "Lose My Fuse" den typischen Nebelschleier übergewemmst und ein Hamsterrad an irgendwas angeschlossen, was da im Hintergrund die ganze Zeit tschagga-tschagaa macht. Muhsinahs Stimme schwebt zwischen diesem Science Fiction Entwurf von Popmusik mal kurz in Richtung butterweiche 70er-Stimme und Intimrasur, bevor sogar Radiokopf Thom Yorke auf den Geschmack gekommen ist. Das hat der Track zwar nicht verdient (wie so häufig), aber hey: Drahtpropeller machen ja auch schönes Licht!
Und jetzt nochmal ganz kurz in echt und ernst:
dieser ganze Schmuhkäse von "grenzenauflösend" und so - ist ja alles Kappes, wahrscheinlich direkt von den kranken Hirnen einer Intr....- quatsch! Indiepostille ausgedacht, aber scheißrein: hier stimmt's. Ich habe wirklich nicht den leisesten Dunst einer Ahnung, was das hier ist. Oder nicht ist. Oder, haha, vielleicht mal war. Der Kopf nickt, und das ist ja wohl (jawohl!) das Wichtigste, aber er weiß einfach nicht - wozu zum Fick?
Erschienen auf All City Dublin, 2010
ATHEIST, die Ende 1993 völlig zu Unrecht aufgelöste und folgerichtig 2006 reformierte Death/Thrash Metal-Legende aus Florida, hat tatsächlich ein neues Album eingespielt. Bei Reunions von vermeintlich alten Helden bin ich schon lange über das Stadium eines bloßen Skeptikers hinaus - ich kann mich trotz der unüberschaubaren Flut von Comebacks und Wiedervereinigungen im Heavy Metal im Grunde an kein einziges Album erinnern, das mir länger als drei Minuten Spaß bereitete. Weswegen ich alleine bei den üblicherweise vollmundigen Ankündigungen mittlerweile locker und entspannt, genau: weghören kann.
Das aktuelle (und meinerseits mit nicht zu wenig Spannung erwartete) Heathen-Album "The Evolution Of Chaos" kann hier und da zwar glänzen - allerdings ist es durchaus bezeichnend, wenn die Lackpolitur am hellsten bei bereits fünf Jahre alten Demosongs strahlt. Und die ersten Hörproben der neuen Comebackscheibe von Forbidden, der ehemals vielleicht besten Techno-Thrash Band der Welt ("Twisted Into Form" - also bitte?!), lassen gleichfalls Böses erahnen.
Und auch wenn ich ob des nun wirklich erscheinenden ATHEIST-Comebackalbums "Jupiter" immer noch nicht im Quadrat hüpfe: der Albumopener "Second To Sun", den die Band vor wenigen Tagen der Öffentlichkeit zugänglich machte, macht mich - zugegeben - gerade ziemlich wuschig. Ich denke nachwievor nicht, dass "Jupiter" in 10 Jahren einen ähnlichen Status bei mir einnehmen kann und wird wie die drei Göttergaben harter Musik "Piece Of Time" (1990), "Unquestionable Presence" (1991) und vor allem das leider noch immer unterbewertete "Elements" (1993), aber die Chancen stehen gut, dass ATHEIST ohne allzu großen Schaden aus der Nummer wieder rauskommen. Und das wäre, gerade bei allem Respekt für die Arbeit der Burschen, viel mehr als das, was ich erwartet habe.
Spannung! Hui!
ALICE COLTRANE - LORD OF LORDS
NICE NICE - EXTRA WOW
Astrein auf das falsche Pferd gesetzt. Nach der großartigen Vorabsingle "Sea Waves", die ich kürzlich auf dem Seziertisch hatte, konnte man davon ausgehen, dass sich das Duo Jason Buehler und Mark Shirazi auch auf Albumdistanz etwas handzahmer und poppiger geben würden, aber nix da: schon der Eröffnungstrack "Set And Setting" nagt an den Nervensträngen, ist laut, fauchig und kratzig. Das scheppert wie Hölle und ist fast ein bisschen unangenehm - also schlicht fantastisch.
Darüber hinaus sind auch die übrigen Tracks von "Extra Wow" nicht das, was man gemeinhin als massenkompatibel bezeichnen könnte, genau genommen nicht mal im Ansatz, dafür sorgt alleine der blecherne, unkontrolliert wirkende Sound, der alles dafür tut, dich bloß nicht zu dolle in Sicherheit zu wiegen. Und trotzdem: die Grundsubstanz ihrer Songs ist gar nicht mal so kantig , wie sich das auf das erste Hören anfühlen mag. Der große rote Faden innerhalb ihrer Kompositionen ist allgegenwärtig, er wird nur durch gefühlt hunderte von Layern, Beeps und Glitches ziemlich in Mitleidenschaft gezogen. Selbst wenn sie wie ihn "A Little Love" das Schweben anfangen und auf einem Berg aus mit Metallsplittern verfeinerter rosa Zuckerwatte Tele Tubbies niedermetzeln, achten sie fast überpenibel darauf, bloß nicht zu anschmiegsam zu werden. Nichts von all dem erscheint real, es sind Andeutungen und Reflexe, die das Bild von "Extra Wow" prägen. Kaum greifbar, sind sie im nächsten Augenblick im Off verschwunden, um im selben Moment von neuen Schattierungen und Blitzen ersetzt zu werden. Es ist das unendliche Rad des Wahnsinns, das die beiden mit großer Wucht immer wieder neu anschieben.
Nice Nice sind rast- und ruhelos. Getrieben von der eigenen Kratzbürste, verschwommen dank der eigenen Nebelbank. Hitzig, hektisch, hormonell unausgelastet? Mit diesem Album gehst Du durch Butter wie mit einer Wand, quatsch, "durch einen Elefanten wie durch Marmelade" (G.Polt), jedenfalls: soweit mich die Beruhigsmittel, die Schulterpolster und der Irrsinn obenrum tragen, solange kann ich mit Nice Nice im Fegefeuer tanzen. Super-Sci-Fi-Post-Wave Rabimmel Rabammel Rabumm von zwei offensichtlich Bekloppten.
Es ist prima, aber es strengt an.
Erschienen auf Warp, 2010.
KEITH JARRETT - RADIANCE
"Wenn ich inspiriert werden will, höre ich Karl Dall." (M.Hanuschke)
Er kommt aus dem vielzitierten Nichts und tastet, manchmal springt und hoppst er, prescht ungebremst voran, in eine Nebelbank, in der nur er sich auskennt. Ist da tatsächlich immer die Geschichte als solche im Hintergrund, die Noten abgespeichert wie auf der leistungsstärksten Festplatte der Welt, atemberaubende Zugriffszeiten und flexibel wie ein Gymnastikband? Oder ist das alles nur Gerede, ein Mythos, Scharlatanerie gar?
"Radiance" ist reich. Es hat manchmal den Anschein, als sei Jarrett gar nicht alleine auf der Bühne in seinen stream-of-consciousness verstrickt, als seien hier mindestens drei weitere Flügel an Bord, die ihn unterstützen - und auch wenn das definitiv nicht der Fall ist - auf eine gewisse Weise ist das ja trotzdem richtig. Denn wenn er sie schon nicht auf der Bühne hat, hat er sie ganz bestimmt im Kopf. Er türmt Schichten und Patterns auf- und übereinander, gräbt sich unterirdische Tunnel, die früher oder später zu Fluchtwegen umgebaut werden können, verästelt Strukturen und Oberflächen zu großformatigen, abstrakten Bildern auf einer Notenleinwand, die nur er im Oberstübchen mit Leben füllt. Mich würde in diesem Zusammenhang ja mal interessieren, was neben dem, was sich dann letzten Endes den Weg in die Finger bahnt, so alles links und rechts abseits des Wegen von ebenjenem hinunterfällt, in die Tiefe des Jarrett'schen Nichts. Wenn schon das, was er uns hier vorzaubert, innerhalb von Sekunden und Augenblicken veraltet und irrelevant geworden ist - was passiert dann erst mit der Energie, die er aufwendet, um sich zu dem eigentlichen Ergebnis vor zu schieben, sich überhaupt zu bewegen?
Denn eines ist sonnenklar: "Radiance" zeigt das abgeschlossene System Jarrett, und Energie kann nicht vernichtet werden. Was in der Folge aber auch bedeutet, dass hier nichts ohne den Tod der Töne entsteht, ohne seinen Tod. Ohne Rauch kein Feuer, ohne Verlust kein Gewinn, ohne Scheitern kein Triumph. Ja, die Sache mit dem Scheitern. "Sie denken zu viel." hat er einem Zeit-Redakteur mal an den Kopf geschmissen, nur um danach auszuführen, wie groß der Einfluss von Konzertsälen oder den Zuhörern auf die Musik sein kann und wie man außerdem einen Konzertsaal mittels der Kraft der Töne aus Deutschland nach Italien überführen könne. Also ein strahlendes Beispiel tadellos vorgetragener Emotionen.
Aber: Ohne Chaos keine Improvisation, erstrecht nicht von Keith Jarrett. "Was abstrakt klingt, gehört zum verbindenden Gewebe" hat er einmal gesagt und auf "Radiance" hört man ziemlich viel verbindendes Gewebe. Es gibt große Momente, in denen mir selbst beim Zuhören fast schwindelig wird (ich meine das übrigens so, wie es da steht), und dabei ist es überraschenderweise egal, ob Jarrett gerade seine Hände Amok spielen lässt, oder ob er eine der wunderbaren Balladen anstimmt, die eine Tiefe, Anmut und Eloquenz versprühen, dass mir spontan kein Vergleich einfallen mag.
Ich kann "Radiance" beileibe nicht zu jeder Tag- und Nachtzeit hören, aber ich lege es vornehmlich dann auf, wenn ich ruhige, weiche Musik hören möchte - dabei ist das Album in weiten Teilen weder ruhig noch weich. Was Jarrett jedoch für mich auf diesem über zweistündigen Trip repräsentiert, ist der Mann am Klavier, weder einsam noch deprimiert, sondern höchst emotional und hellwach an einem Entwurf arbeitet und dafür sein Innerstes, seine Freude und Euphorie, als auch seine Furcht und seine Zweifel in die Hände gleiten lässt. Jarrett ist somit bei aller Stärke und vor allem bei aller Kompromisslogkeit verwundbar, er ist zahm, er ist anschmiegsam. Ich denke das ist es, woher ich den Eindruck erhalte, "Radiance" sei bestens für den Soundtrack für das eigene Zurückziehen geeignet. Vielleicht lernt man ja was fürs eigene Leben.
Erschienen auf ECM, 2005.
DISAPPEARS - LUX
Ja scheiß' die Wand an, "Lux" bummst mich gerade um die nächsten Häuserblocks und stürmt meine Jahrescharts. Die Experimental-Spezialisten Kranky kümmern sich also nun um das Quartett aus Chicago, das dieses Debut bereits vor einigen Jahren via Touch & Go herausbringen wollte, was durch die Schließung des legendären Labels aber verhindert wurde. Und es ist gut, dass sich jemand der Veröffentlichung angneommen hat, denn "Lux" ist eine kleine Sensation.
Disappears bauen Wolkenkratzer in die Erde hinein: tief, monoton, scheppernd, mit Gitarrenwänden so dick wie die Hüllen eines Luftschutzbunkers. Dabei bei Weitem nicht so sauber und poliert wie die grundlegend vergleichbaren Black Rebel Motorcycle Club, eher kaputt und dreckig, fies und verdrogt.
Als hätten sich die Young Marble Giants, My Bloody Valentine, Velvet Underground, Hawkwind, Motörhead und die verdammtem Melvins zu einer Jam-Session Mitte der achtziger Jahre getroffen. Bedingung: Kellerloch, Schimmel an den Wänden, kein Tageslicht, Sonnenbrillen, Zigaretten, Trockeneisnebel, rotes Licht, Feedback, Echo, Hall, Delay, Schleifen, Rauschen, Wabern und Ficken.
Erschienen auf Kranky, 2010.
Bonobo - Black Sands
Gute, also so richtig übergute Downbeat-Alben sind rar, und da das komplette Genre in den letzten Jahren nochmal an Relevanz einbüßen musste (gefühlt, lasse mich gerne vom Gegenteil überzeugen), werden es auch nicht unbedingt mehr. Und es ist ja immer schwierig zu identifizieren, warum das eine jetzt die Wutz in Dosen, das andere eher die Socke im Joghurt ist - es gibt Musik, die das gewisse Etwas hat, selbst wenn ihre Zutaten es eigentlich auf den ersten Blick gar nicht hergeben. Alleine, dass ich Simon Green aka Bonobo nun mit diesen ersten Zeilen in die Downbeat-Ecke gesteckt habe, wird er mir so oder so wohl nicht verzeihen können, er sagt über sich selbst, dass seine Musik sehr viel variabler und abwechslungsreicher sei als das, was sich gemeinhin unter diesem Moniker zusammenrauft. Nicht, dass er damit falsch liegt, aber wie soll ich diesen Stil-Mix von "Black Sands" anders einordnen, ohne gleich in eine sinnfreie Aneinanderreihung verschiedener Genres ab zu driften?
Bonobos neues Album "Black Sands" hatte mich jedenfalls nach den ersten paar Takten im Sack und es ist seltsam genug, dass ich schon früh an Coltranes "A Love Supreme" erinnert wurde. Freilich weniger aufgrund der eigentlichen Musik, als viel mehr durch den Spirit, den Bonobos Musik versprüht. Du hörst es und Du weißt augenblicklich - 'Okay, das hier ist wichtig, hör genau zu, Mann!". Zuletzt ging es mir so bei "What Happened" der großartigen Emeralds, deren Zutaten zu ihrem Ambient-Sound (Schubladen, jaja!) sich gleichfalls nicht wesentlich von anderen Künstlern und/oder Kollektiven unterscheiden, aber in der Wirkung plötzlich etwas entfalten, was einzigartig ist.
Gut, der Spirit also. Nur: was soll das nun schon wieder sein? Was ist denn der Spirit? Ist der greifbar? Ist der klar zu deuten, klar zu beschreiben? Vielleicht ist er nur das diffuse Gefühl von Romantik, oder einer Traumvorstellung. Was auch immer es ist: es ist da. Und "Black Sands" ist so reich und opulent, so farbenprächtig und detailverliebt (ohne dabei auch nur im Ansatz verkopft zu sein) - schlicht perfekt bis in die letzte Note ausgestaltet und durchlebt, dass es gleichfalls alles in den Schatten stellt, was Green bisher unter dem Namen Bonobo veröffentlichte. Ein unbeschreiblicher Flow, der die Elemente aus Hip Hop, Soul, Funk und Jazz zu einer schwebenden Einheit zusammen zieht, und sie wie einen Schwarm weißer Tauben fliegen lässt. Und wer glaubt, hier sei ja alles nur eitel Sonnenschein, alles so frei und unbeschwert, so leicht und flockig, dass man das Album eh nur zwei Mal hören muss, bevor man alles kennt, der sollte nochmal genauer hinhören: in "Black Sands" ist eine Menge Melancholie und Nachdenklichkeit eingebacken, und Bonobo macht sich nicht unbedingt die Mühe, diesen Grauschleier so gut es geht zu verstecken. Der sonore Bass, der sich oft unter den Layern aus verhallten Stimmen und Snaredrums in dunkeln Ecken herumtreibt, deutet wie die sparsam eingesetzten und perfekt integrierten, rot-grauen Streicher mit ihren großen Melodiebögen auf Skepsis und Dunkelheit hin, die sich mit den hellen, sonnendurchfluteten Seidenvorhängen einen Kampf um die Vorherrschaft auf dem Album liefern.
Und wenn dann noch Andreya Triana ihre dunkle, angerauhte, brennende Sehnsucht versprühende Stimme in die Songs hineinwirft, verbinden sich die Gegensätze zu einem großen Statement, zu einer großen Statue der Weite, des Raums und der Zeit.
Ich bin platt.
Könnt ihr jetzt bitte nach Tagen der unwürdigen und überdies kostenlosen Promotion für ein verkacktes Buch eines lobotomierten immer-noch-Sozialdemokraten, dem unter normalen Umständen keine Sau zuhören würde - weil wer will schon einen Schimpansen etwas über Atomphysik sagen hören? - langsam mal wieder über etwas berichten, was so einen Restfunken von Relevanz besitzt? Habt Ihr denn ansonsten absolut rein gar nichts, was es zu besprechen gibt? Wie steht's denn in Pakistan? Ist Haiti schon wieder aufgebaut? Der Golf von Mexico wieder glasklar? Die völkerrechtswidrigen Kriege in Afghansistan und in Irak beendet, hat man Herrn Niebel endlich seine rudimentär entwickelte Kopfmurmel gegen einen schönen Broccoli ausgetauscht? Sprengt Ihr Euch und Eure Zentralen der Blödheit, der Sensationsgier, des Neids und der Missgunst, der Quadratbeklopptheit, der Anbiederei und der Korruption mal schön selbst ins Nirwana, ist also Rettung in Sicht? Hm?
Es wird mal Zeit, ne?!
Es ist ekelerregend. Widerwärtig. Niederträchtig.
Und es ist brilliant. Ein früher Schramm, frisch bei YouTube aufgetaucht.
Teil 1:
Teil 2:
Die großartigen The Shitty Limits aus England - ein DIY-Quartett, dessen Livegigs ein mittlerweile legendärer Ruf vorauseilt - bieten auf ihrem Blog alle eigenen bisherigen Veröffentlichungen zum kostenlosen Download an.
Es lohnt durchaus ein Ohr zu riskieren, auch wenn der NME ausnahmsweise richtig anmerkte, dass es sicherlich mehr Spaß brächte, würde man diese kurzen, schnellen Punk-Eruptionen in einem kleinen, schwitzigen Konzertsaal präsentiert bekommen.
Nichtsdestotrotz: das könnte Bestandteil des Soundtracks für die nächste Abrissparty sein. Black Flag trifft auf die Sex Pistols, aufgenommen in einem Blecheimer.
Marvellous.
THE LLOYD MILLER TRIO - THE LLOYD MILLER TRIO EP
"The big thing now is to see if this whole spiritual, peaceful and sensitive music becomes the next stage of the world's musical awareness or if it just sits there as a niche item among the intelligentsia and cool people while the infernal meaningless thumping we have been subject to for 50 years continues to torment the world forever." Lloyd Miller
Jazzer, stürmt den Laden.
Erschienen auf Jazzman, 2010
ROBERT HOOD - OMEGA
And now to something completely Dingsbums: was mich an "Omega", dem aktuellen Album von Detroits Techno-Opa Robert Hood, am meisten fesselt ist sein makelloser Aufbau, die geradezu stromlinienförmige Entwicklung seiner Tunes, seine perfekt ausgearbeiteten Nuancen der Schatten, der dunklen Ecken, der Unwirklichkeit.
"Omega" bezieht sich inhaltlich auf den Film "The Omega Man" von 1971, ein düsterer Science Fiction-Streifen über ein außer Kontrolle geratenenes Bakterium, das die Menschheit vernichtet, und es gelingt Hood tatsächlich mühelos, die düstere Untergangsstimmung nach zu zeichnen. Er hat allerdings auch aktuelle Studien zur Hand: im Grunde ist "Omega" eine Situationsbeschreibung seiner Heimatstadt Detroit:"You can look at downtown Detroit at night after the nine to five have migrated home and it turns into a ghost town. You had abandoned buildings during the crack epidemic and this progressive city had these ‘zombies’ walking the street. Detroit is a prophetic vision of the sign of things to come." Ausgezehrt und entstellt.
Sein Minimal Techno rauscht und zischelt, ist in futuristisches Silber getaucht, er glänzt und ist bei näherem Hinhören gar nicht so straight, wie man meinen könnte. Die Soundshifts sind kaum wahrnehmbar, die vertrackten Rhythmen entfalten sich in düseren, brettharten Patterns, ohne dass man ihnen direkt folgen kann. Fettfrei, muskulös und vielleicht das Wichtigste: völlig kompromisslos. Und dabei doch erstaunlich lyrisch, aber nicht in dem Sinne, wie wir es von den sogenannten Autorentechno-Platten der letzten Jahre kennen. Hood gibt einen Scheiß auf Allgemeinplätze und auf hell ausgeleuchtete Flächen, die man der Melancholie zuliebe mit einem Dimmer aus dem Werkzeugkasten für Jedermann abgedunkelt hat. Vielmehr ist ihm mit "Omega" ein für heutige Verhältnisse nicht nur in der Aussage sehr rauhes, untrendiges Techno-Album gelungen, dass seine Geschichte nicht erzählt, sondern sie mit jedem Durchlauf neu erlebt. Das ist toll, und ich habe ein solch durchgreifendes, stoisches und dabei überaus opulentes Techno-Album schon seit langer Zeit nicht mehr gehört.
Es bleibt eine seltsame Angelegenhet, aber eine sehr inspirierende und anregende.
Erschienen auf M-Plant, 2010.
Ich weiß - mit dieser Überschrift hole ich mir wieder das größte Pack auf meinen Blog - aber sei's drum.
Es mag auf den ersten Blick etwas seltsam anmuten, dass ich hier tatsächlich ein paar Sätze über die größte Metalband aller zeiten (keine Widerrede!) verliere, und womöglich verbessert sich der Eindruck auch auf den zweiten Blick nicht wesentlich. Gerade ich, der ohne Iron Maiden wohl nie zur harten Musik gefunden hätte - oder zur Musik überhaupt, wer weiß das schon? - und der wenigstens außerhalb dieses Blogs schon so oft und auch so ausschweifend über seine Beziehung zu dieser Band referierte, manchmal sehr zum Leidwesen Anwesender. Da ist doch schon alles gesagt.
Im Grunde ist das völlig richtig und auch wenn es verlockend wäre, besonders über die Erkenntnisse der letzten 10 Jahre Bandgeschichte zu berichten, muss ich mir immer wieder vor Augen halten: das ist kein Iron Maiden-Blog. Und wenn ich einmal damit anfinge, dann fände ich kein Ende mehr. Es gibt zuviel zu erzählen, zuviel zu bewerten, zuviel zu spekulieren. Womit wir schon einen ihrer Erfolgsfaktoren genannt hätten: Maiden lassen zwischen sich und der Öffentlichkeit soviel Luft alleine hinsichtlich des Managements, des Bandgefüges oder, etwas martialisch/animalischer beschrieben, der "Rangfolge" innerhalb der Band, dass dem Fan ebensoviel Luft zum Spekulieren bleibt. Aber ich schweife schon ab. Ich sollte mich lieber auf das konzentrieren, was mich ursprünglich zu diesem Blogeintrag brachte: der Umgang mit der Frühphase. Und hier insbesondere mit den ersten beiden Alben, das selbstbetitelte Debut sowie dessen Nachfolger "Killers".
In meinen Augen wird diese Phase von beiden "Parteien", also den Fans auf der einen und der Band selbst auf der anderen Seite immer wieder kolossal unterschätzt - wobei es hier sicherlich eine Rolle spielt, dass zunächst mal viele Fans derart auf die Post-"Killers"-Ära fixiert sind und die ersten beiden Scheiben grundlegend ausblenden, was sich dann natürlich im Umgang der Band mit ihren Frühwerken niederschlägt. Zum einen hören Maiden immer sehr genau auf das, was die breite Masse ihrer Fans will (weshalb wir auf Konzerten bis ans Lebensende von Steve Harris auch Songs wie "The Number Of The Beast" oder "Fear Of The Dark" hören werden), zum anderen strömen dank eines überragenden Marketings auch immer noch Tausende junge, neue Fans in die Konzerthallen, die Maiden noch niemals zuvor auf der Bühne sahen. Und da man es sich mit ebenjenen nicht gleich wieder verscherzen will, wenn man ihnen nicht die Klassiker hinschmeißt, werden die eben gespielt, bis es allen aus den Ohren herauskommt. Von den ersten beiden Alben ignoriert die Band bis auf den Standard "Iron Maiden" vom Debut, das traditionell den offiziellen Teil eines jeden Gigs beschließt, und allerhöchstens noch "Wrathchild" von Nachfolger seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten alles weitere, vermutlich in dem Glauben, niemand wolle die alten Schinken hören. Aber gut, Iron Maiden und Setlists, allein darüber könnte ich bis 2038 durchschreiben - vielleicht komme ich darauf irgendwann nochmal zurück. Dass man 2003 eine Motto-Tournee fuhr, die sich auf die Songs der ersten vier Alben bezog, was dazu führte, dass man auch schon lange nicht mehr gehörte Tracks der frühen achtziger Jahre bewundern durfte, blieb die Ausnahme.
Was mich an diesen beiden erwähnten Scheiben so fasziniert ist ihre unterschiedliche, offenbar generationsbedingte Rezeption im Vergleich mit späteren Alben. Wo sich locker 98% der Fans hinsichtlich der Qualität der Phase zwischen 1982 und 1988 komplett einig sind, gehen die Meinungen überraschenderweise nicht nur für den qualitativ viel überschaubareren Bereich 1990 bis 1998, sondern eben auch für "Iron Maiden" und "Killers" auseinander. Selbst Maiden-Boss und -Bassist Steve Harris bezeichnet das Debut (neben dem 1986er Opus "Somewhere In Time") als schwächsten Maiden-Output, fügt jedoch schnell hinzu, das läge in erster Linie an der Produktion von Will Malone, "die Songs an sich sind okay.". Okay. OKAY! Was für eine bodenlose Frechheit.
In meinem Bekanntenkreis tummelt sich der ein oder andere Musikfan, der die Anfänge von Maiden hautnah miterlebte. Heiko, der Bassist meiner ehemaligen Band BROKEN beispielsweise, sah sie 1980 im Vorprogramm von Kiss auf dem Frankfurter Rebstockgelände und war danach praktisch erleuchtet. Dem Mann, der es in den nächsten Jahren in Sachen Fingerfertigkeit locker mit dem neuen Vorbild Harris aufnehmen konnte, entfuhr dann aber auch die Bemerkung, dass Maiden "ab 'The Number Of The Beast' [1982], spätestens aber ab 'Piece Of Mind' irgendwie komisch" wurden, was er in erster Linie auf den damaligen Wechsel an den Drums zurückführte, als Nicko McBrain den mit Alkoholproblemen kämpfenden Clive Burr ersetzte. Ein Einwand, der absolut nach zu vollziehen ist: beide sind hervorragende Drummer, aber es ließe sich trefflich darüber diskutieren, wie sehr McBrains Stil Maidens Sound in den nächsten Jahren beeinflussen sollte.
Ich erinnere mich auch noch gerne an den ehemaligen Rock Hard-Webmaster Hansi Daberger, der mir Ende der neunziger Jahre bei einer Brause seine Maiden-Erlebnisse mitteilte:
"Als "Iron Maiden" veröffentlicht wurde - wir waren alle geschockt. Das war das größte, was wir bis dato gehört hatten, wir sind förmlich durchgedreht. Und jeder dachte 'Das war's jetzt auch schon wieder, das können sie unmöglich
toppen', wir konnten es uns wirklich nicht vorstellen, dass sie dieses Album nochmal übertreffen würden. Und dann kam "Killers". Und dann wussten wir 'Scheiße, es geht doch."
Doch auch er nahm nach "Killers" einen Knick wahr. Sowohl Hansi als auch Heiko waren natürlich immer noch "Fans", aber beide waren überzeugt davon, dass ihnen ab 1982 etwas an der Band fehlte - beide konnten aber auch nicht exakt bestimmen, was es war. Meine Vermutung: Maiden wurden als Ganzes klischeehafter und angepasster, sie orientierten sich ab "The Number Of The Beast" viel stärker an dem, was die Fans von ihnen erwarteten. Man mag nun entgegenhalten, dass die Band nach dem Sängerwechsel gar nicht ahnen konnte, was man von ihnen erwartete, aber ich glaube, sie ahnten oder wussten es gar tatsächlich. Wer die "Early Days"-DVD, eine Dokumentation über die Anfänge der Band, gesehen hat, mag nach dem kurzen Moment der Empörung gewillt sein, mir zu zu stimmen. Maiden überließen zu keinem Zeitpunkt ihrer Karriere etwas dem Zufall. Wer immer noch glaubt, dass diese Band einfach zur richtigen Zeit am richtigen Ort war und deshalb so groß wurde, liegt in meinen Augen verkehrt. Das Projekt "Iron Maiden" war von Anfang an generalstabsmäßig geplant. Manager Rod Smallwood und Bassist Steve Harris kannten von Anfang an exakt die nächsten Schritte, sie planten den Aufbau und den Werdegang dieser Band teils bis zu drei, sogar bis zu vier Jahren im Voraus. Sie waren sich einfach extrem sicher. Weil sie wussten, was zu tun ist. Weil sie wussten, welche Musik sie spielen mussten. Weil sie wussten, dass die Erfindung des Maskottchens Eddie ein marketingstrategischer Geniestreich war. Weil sie wusten, dass sie spektakuläre Bühnenshows präsentieren mussten. Weil sie wussten, dass das Spielen mit der Satanismus, mit Mystik und Klischees Aufsehen erregen wird.
Aber selbstverständlich trug auch die Ankunft Dickinsons dazu bei, dass "The Number Of The Beast" deutlich anders klang als "Killers". Paul Di'Anno mag technisch der eindeutig unterlegende Sänger sein, seine Kraft indes, seine wilde und unkontrolliert wirkende Stimme prägte das komplette Klangbild der Band und verpasste ihrer Musik den ursprünglichen, puren Charakter einer End-Siebziger Punkband, die Thin Lizzy-Hits covert. Dickinsons bretthartes und ungemein druckvolles Timbre brachte nicht nur mehr grundlgende Kontrolle mit sich, aber auch einen Zuwachs an Testosteron, an Männlichkeit im gesamten Auftreten der Band. Maiden wurden glatter und im gleichen Moment tougher; eine weitere erfolgversprechende Kombination für die von Männern dominierte Metalszene einerseits und den nach abgeschliffenen Kanten dürstenden Mainstream andererseits.
Natürlich waren das Debut sowie "Killers" äußerst erfolgreiche Alben und ich glaube sogar, dass speziell bei vielen US-Amerikanern "Killers" immer noch ganz hoch im Kurs steht, trotzdem habe ich den Eindruck, als blieben die ersten beiden Alben immer etwas außen vor, wenn es um eine Gesamtbetrachtung der Band geht - viel mehr als die beiden Aussetzer "The X-Factor" und "Virtual XI" aus den neunziger Jahren, als der ehemalige Wolfsbane-Frontmann Blaze Bayley den zwischenzeitlich geflohenen Dickinson ersetzte und erwartungsgemäß baden ging. "Iron Maiden" und "Killers" gehören nicht so richtig dazu, das sind doch die beiden Scheiben mit dem komischen Sänger, der so gar nicht Metal ist.
Bis vor etwa zwei Jahren war ich immer der Überzeugung, den Kampf um den Thron des besten Maiden-Albums aller Zeiten machen "Powerslave" (1984) und "Seventh Son Of A Seventh Son" aus dem Jahr 1988 unter sich aus. Mittlerweile jedoch bin ich auf einer anderen Seite aber immerhin im selben Buch: die wahren Kontrahenten um den Platz an der Sonne heißen "Iron Maiden" und "Killers", denn so großartig, frisch und ungehemmt-wild klangen Maiden hinterher nie wieder. Songs wie "Remember Tomorrow", "Transylvania" und besonders die beiden gigantischen Sternstunden "Strange World" und "Phantom Of The Opera" vom Debut, sowie "Murders In The Rue Morgue", "Innocent Exile", "Prodigal Son", "Killers" und "Purgatory" von "Killers" sind Meilensteine des Heavy Metal und sollten mindestens auf einer Stufe mit den viel, viel bekannteren Maiden Songs wie "Hallowed Be Thy Name" oder das erwähnte "Fear Of The Dark" stehen. Manchmal hat es den Anschein, als sei hier eine völlig andere Band am Werke gewesen. Und im Grunde...stimmt das ja auch. Hier standen fünf hungrige Typen in einem Aufnahmestudio, die es der Welt beweisen wollten, aber auch mussten. Und sie brannten. Lichterloh.
Wer hat hier eben nach einem Videobeweis gerufen?
Andreya Triana - Lost Where I Belong
Killer 12-Inch mit einem der stärksten Tracks des bisherigen Jahres. Nach der wiederholt überaus wunderbaren Kollaboration Andreya Trianas mit Bonobo auf dessen Meisterwek "Black Sand" (über das ich an dieser Stelle in den kommenden Wochen sicherlich auch das ein oder andere Wort verlieren werde), hat sie sich für ein eigenes Stück erneut mit ihm zusammengetan und "Lost Where I Belong" zusätzlich vom derzeit wohl hippsten Produzenten überhaupt Flying Lotus remixen lassen. Schon das Original ist ein sonniger, grooviger Soul-Smasher, lasziv und leicht melancholisch, bei dem ein leichter Frühlingswind durch Seidengardinen haucht.
FlyLos Arbeit erkennt man dann schon nach dem ersten Takt, in dem seine berühmte Harfe deepem Jazz die Tür öffnet und die morphindicken Beats noch mehr Raum für den eigentlichen Song freiklopfen. Dass Ellington des Weiteren keine Probleme damit hat, der Dynamik zu Liebe sich auch mal komplett im Hintergrund zu tummeln, während Engelschöre und White Noise-Gezischel den Gesangsloop umkreisen und ihn am Ende wie Majestix auf den Schild heben, um ihn in seiner schieren Größe strahlen zu lassen, dürfte spätestens nach seinem Durchbruchsalbum "Los Angeles" aus dem Jahr 2008 bekannt sein. Die auch als Download (Preview) zur Verfügung stehende Maxi hält neben dem Full Length- und Radio Edit des Titelsongs außerdem noch eine Akustikversion und den Fly Lo-Mix in instrumentaler Fassung bereit. Und jetzt der Oliver Ding Gedächtnis-Nachsatz: "Darf man kennen."
Erschienen auf Ninja Tune, 2010
Another Dead Hero
Ich könnte hier nun zu einer elendig langen, fast schon grotesken Lobeshymne über den US-amerikanischen Stand-Up Comedian Bill Hicks ansetzen, über seine Radikalität, seine Schärfe, seinen großartigen Humor und vor allem über seine schmerzhafte Kompromisslosigkeit. Ich könnte sagen, dass fast kein Tag vergeht, an dem ich mir nicht mindestens einen YouTube-Ausschnitt aus seinen Programmen anschaue. Dass seine teils über 20 Jahre alten Einlassungen zur
US-Politik und seinen Kriegstreibern:
"You know what bugged me about the whole election? They totaly reduced us to this whole worship of money, and that's what they made the whole election about, was taxes, voting with your wallet. People say to me 'Bill, you vote for Clinton, he's gonna raise your taxes. M'kay? I mean, he may tell you he's not, but he's gonna. A vote for Clinton is a vote for higher taxes, Bill.' See, I have news for you, folks. There's other reasons not to vote for George Bush than taxes, OK? I don't know what's happened to us as a world, maybe twelve years of republicanism has made us think this way, but the reason I didn't vote for Bush is because George Bush -along with Ronald Reagan- presided over an administration whose policies toward South America included genocide. So yeah, ya see? The reason I didn't vote for him? 'Cause he's a mass murderer. I'll pay the extra nickel on petrol, just knowing brown kids aren't being clubbed to death like baby seals in Honduras, so Pepsi can put a plant down there."
zur Menschheit
"We're a virus with shoes, and that's all we are."
zum Leben
"Its just a ride, and we can change it any time we want, its only a choice, no effort, no work no job, job, no savings of money, a choice right now between fear and love. The eyes of fear want you to put bigger locks on your doors, and buy guns, close yourself off. The eyes of love instead see all of us as one. Heres what we can do to change the world right now to a better ride; Take all that money we spend on weapons and defence each year and instead spend it on feeding clothing and educating the poor of the world which it would many times over, not one human being excluded and we can explore space, together, both inner and outer, forever, in peace."
zur Kennedy-Ermordung
"What happened was Oswald's gun went off, causing an echo to echo through the buildings of Dealey Plaza and the echo went by the limo on the left up into the grassy knoll hitting some leaves causing dust to fly out which 56 witnesses testified was a gun shot, cos immediately... Kennedy's head went over. But the reason his head went over is cause the echo went by the motorcade one the left and he went "What was that?"
So there, we have figured it out. Go back to bed America, your government has figured out how it all transpired. Go back to bed America, your government is in control again. Here. Here's American Gladiators. Watch this. Shut up! Go back to bed America. Here's American Gladiators. Here's 56 channels of it. Watch these pituitary retards bang their fuckin skulls together and congratulate you on living in the land of freedom. Here you go America, you are free, to do as we tell you, you are free, to do as we tell you."
über Corporate Rockstars
"We're rock stars who do Pepsi Cola commercials!" Luckily Satan's dick has many heads, so all these little demon piglets can nuzzle up and suckle all at once. Here comes a fella named Vanilla Ice. Here comes MC Hammer. Here's Madonna with two heads. Suckin' Satan's pecker. Suck it! It's only you're dignity. Suck it! It's only your dignity! Suck it! . . . I am available for children's parties, by the way."
über Backward Masking
"Remember that a few years ago, you play albums backwards there are satanic messages? Let me tell you something, if you've ever sat around playing your albums backwards, you are Satan. Don't look any further."
oder über den zweiten Golfkrieg
"It was a very stressful time for me, the war. I'll tell you why - I was in the unenviable position of being for the war, but against the troops. And ah... Not the most popular stance I've ever taken on an issue."
auch heute noch aktuell, wahr (aber sowas von wahr!) und richtig (ABER SOWAS VON RICHTIG!!!) sind, dass ich ihn jeden Tag aufs Neue vermisse.
Einen tollen Hintergrundbericht über Bill, sein Leben und leider auch sein Sterben (Hicks starb 1994 an Bauchspeicheldrüsenkrebs) stand vor einigen Jahren in der Satirezeitschrift Titanic. Oliver Nagel war der Autor und Gott sei Dank haben die Jungs die "Humorkritik Spezial" in ihrem Online-Angebot hinterlegt. Besser als Oliver könnte ich es sowieso nicht ausdrücken. Sehr lesenswert:
»Not all drugs are good. Some of them are great!«
Und zum krönenden Abschluss: Bill Hicks über das Rauchen. EPIC!
R.I.P., Bill.