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03.02.2021

Best Of 2020 ° Platz 18 ° The Vision Reels - Eyes Open



THE VISION REELS - EYES OPEN

The planet is fine.
The people are fucked. 
(George Carlin)


2020 hätte viel verdient gehabt, zum Beispiel eine vorbehaltlose und uneingeschränkte Selbstauflösung ab sagen wir mal April. Darüber hinaus: eine eigene Digital-Best Of-Liste. Ich habe noch nie soviel digitale Musik gekauft und gehört wie 2020 auf Bandcamp, und die ab März regelmäßig durchgeführten sogenannten Bandcamp-Fridays zur Unterstützung der von Corona und der daraus resultierenden Komplettabschaltung jedes Kulturbetriebs ordentlich durchgeschüttelten Künstler und Labels, haben daran sicherlich einen sehr großen Anteil gehabt. "Eyes Open" von The Vision Reels (aka Adam O'Hara, u.a. Gründer von Groundwork Recordings) rutschte in letzter Minute in meine Top 20, und ist damit auch das einzige Album meines kleinen Countdowns, das nur im digitalen Format verfügbar ist. Das ist ungewöhnlich, weil ich eigentlich vorhatte, solche Formate künftig nicht mehr in Betracht zu ziehen; man sieht mir meine Quatschhaltung in dieser Sache bitte nach. Mein musikalisches Leben und die daran angebundenen Lebenslinien drehen sich nun mal in erster Linie um Schallplatten als künstlerisches Ausdrucksmittel, daher geht es in mir in erster Linie um die Abbildung ebenjener. Manchmal komme ich aber trotz solch prätentiöser Totalverbretterung nicht drum herum - wie eben bei und für "Eyes Open". 

Ich weiß praktisch nichts über Adam O'Hara oder dieses Album. Es war ein ziemlicher Zufallstreffer auf Bandcamp, vermutlich stolperte stöberte ich durch eine Sammlung eines anderes Nutzers und wurde vom tollen, an Astral Industries-Artworks angelehnten Cover (Dima Rabik) angezogen. Und Anziehung ist das Schlüsselwort für "Eyes Open". Ganz egal, wie viel mir wegen Lohnarbeit, Haustier, Corona und geradezu Tonnen anderer Musik um die Ohren flog, kam ich immer wieder zurück zum sanften, nächtlichen Puls dieses Albums. Über den Lichtern der Stadt, leise und elegant fließend, und ein Timing mit beinahe sedierender Wirkung - wenn das Ketamin mal wieder mit (benutztem) Katzenstreu und Palmin gestreckt wurde, programmiert man den Player einfach auf 72 Stunden Endlosschleife und lässt die Nachbarn sich darüber wundern, warum seit Freitagabend die Rollläden nicht hochgezogen wurden. 

O'Hara wählt für sein Debut unter dem Projekt The Vision Reels einen sehr aufgeschlossenen Ansatz, der glücklicherweise keine Gefühlsduselei benötigt. Ich empfinde "Eyes Open" als durchaus emotional, introspektiv, manchmal in der bildhaften Darstellung von objektiver Schönheit geradezu betörend, insbesondere zu hören beim funkelnden Titeltrack, bleibt dabei aber erstaunlich zurückgezogen, ja fast nüchtern. Nicht freudlos, nicht akademisch, aber distinguiert und abseitig genug, um selbst für die Momente einer stärker ausgeprägten Zugänglichkeit in den Tracks "Chrysanthemum", einem tief pochenden Unterwasser-Star-Ride und dem urban glitzernden "Sacred Architect" der Hood mitzuteilen, dass der Sepiafilter zum Sonnenuntergang auf Ibiza weder angebracht noch erwünscht ist. 

Besser Rollläden runter und einsam im Licht der Lavalampe wegdämmern. Leben 2020 FTW.




   



Erschienen auf Kizen Records, 2020.


16.08.2020

Das Beste des (eigenen) Jahrzehnts, Teil 2: Blank When Zero - Taped!



BLANK WHEN ZERO - TAPED!


...und damit kommen wir nun tatsächlich zum Ende meiner kleinen Serie über das vergangene Jahrzehnt. Wo Sun Never Sets in tiefer Stasis liegen, ist in der Hütte meiner Band Blank When Zero seit nunmehr elf Jahren das Licht angeknipst, und auch wenn wir ab und zu mal am Dimmer drehen mussten, schaut es nicht so aus, als würde jemand so schnell zum letzten Mal auf den Schalter drücken, der es so richtig dunkel werden lässt. 

Ich lernte Simon und Marek zwischen 2007 und 2008 kennen. Zu diesem Zeitpunkt war ich musikalisch auf dem Trockendock; Ende 2005 sah mich ein Proberaum zuletzt von innen - sieht man mal von meinem Gastarrangement bei einer damals sehr gut gebuchten Coverband aus Wiesbaden ab, bei der ich für ein halbes Jahr den mit Stimmbandknoten kämpfenden Sänger ersetzte und jedes Wochenende damit verbrachte, besoffenen Partypiepels die letzten kreativen Zuckungen der Red Hot Chili Peppers unter das Ed Hardy-Shirt zu schummeln. Nun ist es so, dass ich grundlegend versuche, ein freundlicher und offenherziger Mensch zu sein, und ich glaube sogar, dass es mir in den allermeisten Fällen auch gelingt. Allerdings sorgte die Aussicht, mich durch Hunderte von Musikeranzeigen zu wühlen, um sich mit, Pardon: absoluten Vollidioten austauschen zu müssen, für eine bis in tiefste Tiefen reichende zerebrale Verkrampfung mit sehr lebhaft ausgestalteten Gewaltphantasien - und bevor das passiert, macht man doch am liebsten gar nix, lässt sich in die eigene Couch laminieren und hängt das Musikerdasein final an den berühmten Nagel. Ich kann das nicht. Ich will das nicht. Rolläden runter, Vorhänge zuziehen, auf den Boden legen, langsam atmen, sich still vollpissen, wegdämmern. 

Und als ich so dämmerte, klingelte das Telefon. Power-Pop, Garage, Indie, Punk - "Hast du Bock?" 

Nun, ich hatte Bock und nachdem ein gutes Jahr ins Land zog und es personelle Turbulenzen notwendig machten, sich auch stilistisch neu auszurichten, hoben wir 2009 Blank When Zero aus der Taufe. Schnell, hart und melodisch sollte es sein, immer. Und wenn es das mal nicht mehr sein sollte, falls wir also unseren Drive verlören (sic!), "dann machen wir den Laden dicht", sagten wir damals. Und das sagen wir heute immer noch. Jahre später sollten wir es in einem Interview mit dem Mainzer Studentenmagazin davon sprechen, dass "sorgfältig ausgeschnarchtes Herumgerocke mit Irokesenfrise der Endgegner" sei und angesichts dessen, was nicht erst seit gestern so landläufig als Punk gilt und sich mit dieser handzahmen Komplettrotze plötzlich in riesigen Konzerthallen wiederfindet, müssen wir wohl anerkennen, dass der Endgegner Kapitalismus heißt und grundsätzlich sowohl übellaunig als auch unbesiegbar ist. Außerdem, und das ist das Allerschlimmste: er hat einen unfassbar beschissenen Musikgeschmack. 

Über "die Band, die keiner kennt" (Selbstbeschreibung) habe ich auf diesem Blog tatsächlich mehr als nur ein Mal geschrieben, insofern ist die im vorangegangenen Beitrag postulierte Einlassung, nie allzu großen Wirbel ums eigene Kulturschaffen gemacht zu haben, mit einem Körnchen Salz zu bewerten. 

In einem Beitrag aus dem Jahr 2016 schrub ich über unsere immer noch aktuelle Platte "Taped!":


"Wir machen seit sieben Jahren zusammen Musik, gehen uns immer noch nicht auf den Sack, sind alle drei gemeinsam der Meinung, dass es wichtig ist, auch weiterhin gemeinsam Musik zu machen, haben diese verführerische Mischung aus einer ruhigen Gelassenheit und einem immer noch durchaus hohen Anspruch an die eigene Musik, und gehen, ohne dass es uns glaube ich wirklich immer präsent und bewusst ist, immer einen kleinen Schritt weiter: hört man beispielsweise unsere ersten Aufnahmen aus dem Jahr 2010 und vergleicht sie mit dem, was wir nun mit "Taped!" aufgenommen haben, dann ist das ziemlich zweifelsfrei immer noch die gleiche Band, aber die Musik hat ebenso wie der Sound ein paar ganz ordentliche Entwicklungssprünge gemacht. Vor allem aber, und das freut mich ganz besonders, sind die Texte und ihre Aussage so eindeutig und klar wie vielleicht noch nie. "Endlosschleife", "Just A Ride" und "Herz & Gefühl" sprechen mir allesamt aus dem Herzen und als zusätzliches Glück tun sie das alle aus unterschiedlichen Blickwinkeln."


...und auch vier Jahre später ist das immer noch alles sehr wahr. 


Ich möchte an dieser Stelle nochmals auf das wunderbare Videoreview von Meisterkoch Tillman hinweisen:


"Taped!" bringt für meinen Geschmack bis heute am besten auf den Punkt, was diese Band ausmacht, was sie sein will und was sie sein soll. Natürlich waren auch "Blank" (2010) "Konsumrauschen" (2011) als auch "Einerseits" (2013) Meilensteine für uns, weil sie uns ebenso in der damaligen Zeit am besten repräsentierten und unseren Stand dokumentierten, aber sie zeigten auch, dass da noch mehr gehen konnte - und alleine die Tatsache, dass wir uns für die Aufnahmen von "Taped!" so irre viel Zeit lassen konnten (wir arbeiteten fast ein dreiviertel Jahr an diesen grob 19 Minuten, natürlich nicht am Stück, aber trotzdem: was für ein Luxus!), half bei der Entwicklung der ursprünglichen Idee. Die Umsetzung des "Schnell, hart und melodisch"-Mantras klingt zwar simpel, aber es dann am Ende so hinzubekommen, ist für uns keine Selbstverständlichkeit. Ich schrieb kürzlich über den Schwanengesang von Sun Never Sets, dass "The Absurd" vor allem deswegen so bedeutend war, "weil ich zum ersten Mal erlebte, was möglich ist, wenn jeder an der Produktion beteiligte die Idee und die Leidenschaft teilt" und bei "Taped!" erlebte ich es ein zweites Mal. 

Terminmikado, Familienschach, Jobtetris - und dann kann der Gitarrist auch nach 25 Jahren nur mit Boxhandschuhen Gitarre spielen und hält alles und jeden auf: nichts von all dem konnte uns und unseren Klangmeister Jörg davon abbringen, diese Platte genau so zu machen. Und wenn das Ergebnis dann also vor einem liegt, sogar physisch und in Form der nur auf wenige Exemplare limitierten und mittlerweile ausverkauften Kassette, man zurückschaut und vergleicht und reflektiert, dann ist auch das einfach...sehr bedeutend.

Wer mag, kann sich auf unserer Bandcamp-Seite die komplette Diskografie für 4 Euro herunterladen.

31.03.2020

2010 - 2019: Das Beste Des Jahrzehnts: Fela Kuti Vs. De La Soul - Fela Soul




Fela Kuti Vs. De La Soul - Fela Soul  


Manchmal hat selbst Herr Blödkommatrübetassenull einen ganz guten Riecher: diesen Mashup aus Fela Kuti-Samples und De La Soul-Raps gab es 2012 lediglich als Download über Amerigo Gazaways Bandcamp-Seite, und als wenig später die Erstpressung des Bootlegs bei meinem Lieblingsmailorder auf die Verkaufsliste gesetzt wurde, in schwarzer Blankohülle, ohne Coverartwork oder gar aufgeklebten Titel, konnte ich unmöglich widerstehen. 

Mittlerweile hat "Fela Soul" einen derartigen Kultstatus im Untergrund erreicht, dass es regelmäßigen Nachschub mit einer nun hübsch aufgemachten, wenngleich angeblich immer noch mindestens halblegalen Vinylversion (und einer zusätzlichen Tape-Edition!) gibt, die sich auch immer noch hervorragend verkauft. Und das mit Recht, denn jede Jubelarie, die sich jeder coole Hipster über diese 33 Minuten ans dürre H&M-Hütchen steckt, ist wahr. "Fela Soul" ist aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken und ist eine jener Platten, die ich immer (IMMER!) in greifbarer Nähe habe - und das in jedem vorstellbaren und passenden Format.




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BONUS TRACKS

Dass Amerigo nach diesem Meisterwerk noch weitere Mashups veröffentlichte, ist Lesern dieses Blogs natürlich geläufig. Zwei Alben davon sind absolutes Pflichtprogramm, und daran geht auch einfach kein Weg vorbei. Sorry, not sorry.


Erstens: A Tribe Called Quest & The Pharcyde - Bizarre Tribe

  


Zweitens: Yasiin Bey & Marvin Gaye - Yasiin Gaye




Ich verfahre wie immer mit der "Linke Reihe anstellen, jeder nur ein Kreuz"-Regel, daher ist nur Fela Soul in diese Liste gerutscht. Die beiden zusätzlich genannten sind, Achtung, ich sag's nochmal: absolutes Pflichtprogramm.

08.12.2016

Blank When Zero - Live in Mainz, 10.12.2016




BLANK WHEN ZERO spielen zum letzten Mal in diesem Jahr live in ihrem Wohnzimmer: das Haus Mainusch in Mainz hat unserem Wunsch zugestimmt, zwei befreundete Bands einzuladen und ein schönes Konzert zu spielen.

Mainzer! Wiesbadener! Frankfurter!

Am Samstag, 10.12.2016 ab 20 Uhr spielen also Church Of Cycology, Vandalism und Blank When Zero im Haus Mainusch. Wir freuen uns alle auf Euch.


Und damit nicht genug: das Mainzer Studentenmagazin STUZ hat uns für seine 200. Ausgabe interviewt - und wir sind sogar auf dem Titel erwähnt. Huch!

Dummerweise ist der Artikel online nicht einsehbar, glücklicherweise haben wir ja alle...äh...Telefone. Enjoy.




Unsere neue Platte ist natürlich immer noch via Bandcamp erhältlich. Kostenlos.






24.10.2016

Blank When Zero - Taped! Das Review.

Ein flotter Nachtrag zu unserer neuen Platte: Tillman von Maeglins Blog hat "Taped!" in seinem Videokanal besprochen und einige sehr schöne Worte zu unserer Musik gesagt. Da geht einem schon so ein bisschen das Herz auf.






"Taped!" gibt es immer noch hier zu hören:






16.10.2016

Blank When Zero - Taped!




BLANK WHEN ZERO - TAPED!


Uns gibt es immer noch. 

Das dürfte, wenn wir alle drei ganz tief in uns hinein hören, tatsächlich die größte Überraschung sein, die mit dieser Band verbunden ist. Die Umstände sind widrig, keine Frage, und vielleicht ist das laufende 2016 sogar unser bislang schwierigstes Jahr, seitdem wir Ende 2009 uns dazu entschlossen, gemeinsam Musik zu machen. Wir werden nicht jünger: die Verpflichtungen gegenüber der Familie und auch der Arbeitswelt - und ich schätze, niemand von uns würde das in vollem Bewusstsein wirklich noch voneinander trennen wollen; talking about "Lohnarbeit & Verantwortung - Das Musical" - steigen, und auch der Körper schmeißt häufiger als früher das Handtuch, vorzugsweise, wenn das Stressniveau den Hypothalamus mit einer Schleifmaschine bearbeitet.

So gesehen ist es fast ein kleines Wunder, dass wir es immerhin noch versuchen, uns alle nach zwölf- oder gar vierundzwanzigstündigen Arbeitstagen, Kinderbespaßung, Ehefrauzuwinken und Haustierpflege in unserem Proberaum einzufinden. Manchmal sogar sehr regelmäßig. Trotz der knappen 150 Kilometer, die ich an jedem Probetag mit dem Auto zurücklegen muss, um von Frankfurt ins rheinland-pfälzische Outback und wieder zurück zu fahren, genieße ich unsere Treffen - vor allem jene in den warmen Sommermonaten, wenn die Gasflaschenheizung eingemottet ist, die Tage länger werden und der Blick aus unserem Regieraum auf die Nahe und den angrenzenen Garten der Sarmsheimer Mühle so kolossal opulent ist. Wenn wir nach unserer Probe ausgelaugt und verschwitzt über neue Platten, Konzerte oder Politik und Gesellschaft sprechen. Die freien Stunden sind rar. Und gleichzeitig wichtig. 

Nicht, dass es unbedingt notwendig wäre, aber: bräuchte man tatsächlich noch ein weiteres Indiz, um darzustellen, dass wir alle keine 18 mehr sind, dann könnte ich an dieser Stelle mitteilen, dass wir für die Aufnahmen und den Mix unserer neuen Platte "Taped!" sage und schreibe fast ein ganzes Jahr benötigten. Für 18 Minuten Musik. Und weil ich das um ein Haar nicht glauben konnte, musste ich mich mittels des selbst hochgeladenes Instagrams überzeugen: am 7.November 2015 begannen wir mit dem Einspielen des Schlagzeugs. Es folgten: Gitarre, Grippe, Bass, Antibiotika, Gesang, Schmerzmittel, noch mehr Gesang, noch mehr Schmerzmittel, Mix, Umzug, Bandscheibe. In dieser Reihenfolge. Von den Problemen, überhaupt Termine zu finden, will ich erst gar nicht sprechen.

"Es ist nicht schön, alt zu werden."(Simon)

Und bevor das hier endgültig zu einem unwürdigen Jammertal aus alten Tränen und Säcken wird - und ich befürchte, dafür ist es jetzt eigentlich eh schon zu spät - ist es lohnenswert, darauf hinzuweisen, dass wenigstens meinereiner tatsächlich ziemlich stolz auf diese Platte, ihre Songs und ja: auf diese Band und die beiden anderen Jungs ist. Und das sage ich, wo mir "Stolz" eigentlich völlig fremd, wenn nicht gleichzeitig auch ziemlich unsympathisch ist. Ich kenne das Gefühl praktisch gar nicht. Aber wir machen seit sieben Jahren zusammen Musik, gehen uns immer noch nicht auf den Sack, sind alle drei gemeinsam der Meinung, dass es wichtig ist, auch weiterhin gemeinsam Musik zu machen, haben diese verführerische Mischung aus einer ruhigen Gelassenheit und gleichzeitig einem immer noch durchaus hohen Anspruch an die eigene Musik, und gehen, ohne dass es uns glaube ich wirklich immer präsent und bewusst ist, immer einen kleinen Schritt weiter: hört man beispielsweise unsere ersten Aufnahmen aus dem Jahr 2010 und vergleicht sie mit dem, was wir nun mit "Taped!" aufgenommen haben, dann ist das ziemlich zweifelsfrei immer noch die gleiche Band, aber die Musik hat ebenso wie der Sound ein paar ganz ordentliche Entwicklungssprünge gemacht. Mir erscheinen die neueren Titel gleichzeitig komplexer als auch runder zu sein. Vor allem aber, und das freut mich ganz besonders, sind die Texte und ihre Aussage so eindeutig und klar wie vielleicht noch nie. "Endlosschleife", "Just A Ride" und "Herz & Gefühl" sprechen mir allesamt aus dem Herzen und als zusätzliches Glück tun sie das alle aus unterschiedlichen Blickwinkeln. 

Ich bin jedenfalls sehr glücklich mit "Taped!" und ich freue mich auf die letzten drei Konzerte in diesem Jahr in Mainz, Frankfurt und in Münster mit ein paar wirklich guten Leuten in ein paar wirklich guten Läden. Das werden nochmal echte Höhepunkte in diesem Jahr.

Saturday 12 November 2016
Blank When Zero
with Short, Broccoli Jelly, and 1 other
Rare Guitar, Münster, Germany

Monday 14 November 2016
Blank When Zero
with GBH
Au, Frankfurt, Germany

Saturday 10 December 2016
Blank When Zero
with Vandalism and Church Of Cycology
Haus Mainusch, Mainz, Germany



Wir werden außerdem Ende des Jahres eine kleine Tape-Edition mit den neuen Songs von "Taped!" als auch mit ein paar alten Gassenhauern auf der B-Seite veröffentlichen. Auch darüber wird es dann hier nochmal etwas zu lesen geben.

Bis dahin habt ihr vielleicht mit "Taped!" genau so viel Spaß wie wir. Der Download ist natürlich kostenlos.




Erschienen auf Keep It A Secret Records, 2016.



Was ich noch zu sagen hätte...

Ich möchte ganz persönlich zum Schluss noch ein großes "Danke!" an Simon und Marek schicken, die den ganzen Scheiß zwischen Kinderzimmer, Ehe, Hunde- und Katzenspaß und einem teilweise mehr als straffen Arbeitsalltag immer noch mitmachen und sich auf "Taped!" wirklich den Arsch abspielen.

Ein "Danke!" geht ebenfalls an unseren Produzenten Jörg, der während der Aufnahmen ganz vielleicht noch ein bisschen grauer geworden ist - und der aber wirklich seine beste Arbeit mit uns abgeliefert hat.

Ein großes Danke geht außerdem an Cornelius von Keep It A Secret (Facebook) der uns seit Jahren, praktisch eigentlich ab Tag Eins, so riesig unterstützt und uns nun sogar ein Eckchen in seinem Keep It A Secret Records-Stall hübsch gemacht hat. Cornelius ist womöglich einer der wichtigsten Menschen für diese Band, und ich muss ehrlicherweise sagen, dass ich nicht weiß, ob es Blank When Zero in dieser Form noch gäbe, hätte Cornelius uns nicht regelmäßig zu seinen Veranstaltungen eingeladen, um auf die Bühnen in Mainz, Hanau und Frankfurt zu klettern. Und wenn Tillman nicht immer so gut kochen würde, wären wir auf im weniger übertragenen Sinn schon längst verhungert. 

Und natürlich eine extratiefe Verbeugung vor der Herzallerliebsten, die mir nicht nur jederzeit die Freiheit gibt, oft wegen dieser Band unterwegs zu sein, sondern die dann sogar auch noch im Aufnahmestudio steht und mitmacht. I love you. 


23.07.2016

Urlaub in Ozeanien



OLDTWIG - SEASIDE PT.1


Es gab in den letzten Wochen in der Casa Troispointquatrezero eine außergewöhnliche Dichte an herausragender Musik zu beklatschen, die sowohl trauriger-, als auch überraschenderweise nicht auf Vinyl erhältlich war und wohl auch künftig nicht sein wird. 

Bandcamp mausert sich in diesem Zusammenhang immer mehr zu einem echten Entdeckungsoverkillportal - und nicht nur das: bisweilen ist es tatsächlich die einzige Quelle, um überhaupt an bestimmte Musik heranzukommen. Zumindest dann, wenn sich das Gewissen beim Klick auf den "Kaufen"-Knopf bei Amazon sträubt, oder wenn es andererseits ein gutes Gefühl gibt, die Musiker und Labels direkt zu unterstützen, anstatt eine aufgeblasenen Kette von Vertrieb, Logistik und Marketingsfuzzis durchzufüttern.

"Seaside (Part 1)" ist das zweite Album des in Paris lebenden Produzenten Oldtwig und stellt eine Ode an den Ozean dar; ein auf zwei Alben, 12 Tracks und exakt 60 Minuten angelegtes Projekt, das auf dem ersten Teil sechs Stücke präsentiert, die sich stilistisch zwischen Downbeat, (instrumentalem) Hip Hop und moderner Klassik platzieren und sich darüber hinaus atmosphärisch in einem angegrauten hellblau mit Trockenblumenromantik bewegen. Durch die vor allem im eröffnenden Titeltrack jazzig-angekratzten Beats und die melancholisch schleifenden Streichereinsätze, oder auch die Akustikgitarre im Slowmo-Schunkler "Dunes" freue ich mich tatsächlich ein kleines bisschen auf den Herbst, auf eingekuschelte Sonntagnachmittage und auf diesig-trübes Mistwetter. Also eigentlich gar nicht so weit von dem entfernt, was wir hier seit Mitte April haben. Vielleicht schlägt "Seaside" auch deswegen die genau richtigen Saiten an. 

Wenn wir von Bonobos ruhigeren Momenten den trotzigen Willen zur Tanzbarkeit abziehen und stattdessen mit Herbstlaub und frisch gebrühtem Earl Grey überschütten und wie in "Hourglass" ein Saxofon und den sehnsüchtigen Klang einer Klarinette mit auf die Novemberdepressionscouch holen...ich mach' schon mal die Kerzen an.





Erschienen auf DLoaw, 2016.


28.04.2016

Driftwood




Hey, der November ist zurück. Mit etwas mehr Farbe an Baum, Busch und Rasen, zugegeben, aber die wärmenden Sonnenstrahlen von vergangener Woche sind nur noch müde Erinnerung. Es ist wieder arschkalt. Und ich habe mich von den Sonnentagen sauber verwirren lassen: die morgendliche Modeauswahl mit mintgrünem Hipsterschal, einem leichtem Leinensakko und Kurzarmhemd sind jetzt für den Popo, die sorgfältig zusammengestellte Parfumkollektion für den Frühling wandert zumindest vorübergehend wieder in den in einer abgedunkelten Ecke meiner 3,40qm stehenden Humidor (wegen der Duftmoleküle!) und wird mit den trübdiesigen Herbstdüften ausgetauscht, und auch die beschwingte Locker-Wie-Ein-Himbeer-Haferflocken-Brennessel-Smoothie-Musikauswahl, die mir in den letzten Jahren zur liebgewonnenen Tradition wurde und mich also jedes Mal aufs Neue in die scheue Frühlingssonne begleitete, um dem ollen Dreckspenner Winter mal zu zeigen, dass man auch als alternder und mürrischer Misanthrop noch sowas wie Lebensfreude, Leidenschaft und Begeisterung spüren kann, wenn die Quecksilbersäule die +15°C-Marke übersprungen hat, erscheint bei sagenhaften drei Grad plus, Starkregen und Noch-Stärker-Wind plötzlich schrecklich unangemessen.

Aber er kommt, der Frühling - und wenn's September wird: auch gut!!einself! Und zur Vorbereitung auf das, was da so kommen mag - also Sonnenbrand, Mückenstiche und halbnackte, tätowierte und schwitzende Stiernacken vor der nächsten in einer unschuldigen Fußgängerzone aufgestellten Latrine aus dem Hause Hollister - tut's auch ein frischer Winterabend im Beinahe-Mai. 

Vor vier Jahren hat DJ Eric Cloutier einen Mix seiner 12"-Sammlung des mittlerweile nicht mehr existierenden Labels Driftwood via Soundcloud veröffentlicht, im Jahr 2016 hat Placid_88 aka Paul Wise aus Bristol nachgelegt. Driftwood brachte zwischen 2000 und 2002 lediglich zehn 12"-Inches heraus, die mittlerweile nicht nur im Klassikerkanon des Deep und Tech House auf ewig festbetoniert sind und von einer eingeschworenen Fangemeinde geradezu kultisch verehrt werden, sondern deren physische Kopien darüber hinaus für schwindelerregend hohe Geldbeträge den Besitzer wechseln. Die normale Version eines solchen Exemplars, also ohne das Testpressungs- und Whitelabel-Promo-Klimbim, gibt es kaum für unter 75 Euro, während nach oben nur the sky the limit ist. Und auch wenn es nur zehn Releases sind: das läppert sich. 

Der Mix von Placid lief folgerichtig letzte Woche bei 20°C, Acqua di Parmas "Colonia" und mit, äh, mitgrünem Hipsterschal auf Endlosschleife, auch und ganz besonders deswegen, weil ich gerade keinen Tausender übrig habe, um Discogs leer zu kaufen. In erster Linie aber, und das ist der springende Punkt: man kann schon verstehen, warum sich sowohl das tanzende Volk als auch die urbanen, vor sich hin dampfenden Intellektuellen darauf verständigt haben, Driftwood als eines der größten, besten, tollsten Labels der Szene zu adeln. 

Wenn man es mal gehört hat.

Könnt ihr jetzt auch. 

Hören. Und Downloaden kann man es auch noch. 

Enjoy. 




24.09.2015

Auf Großer Fahrt



SCHWACH / COLDSORE / BLANK WHEN ZERO

AZ KÖLN

25.9.2015

Wir sind sehr erfreulicherweise mal wieder im Lande unterwegs und werden auf eine Bühne gelassen. Wer den Freitagabend noch nicht mit etwas Besserem verplant hat, schleppt sich also ins Kölner AZ (Luxemburger Straße 93) und schaut sich diese drei wunderbaren Bands an:

Schwach aus Berlin





Coldsore aus Belgien 





und *tadaaaa*: Blank When Zero.





Operation "Hurra, wir leben noch!" startet morgen gegen 16 Uhr mit der Abfahrt in Richtung Köln.

Marek kündigte bereits an, Simon und mich mit der neuen Madsen-Platte zu ärgern - und da er morgen der Kapitän des luxuriösen Nightliners ist, der uns zunächst für eine Wellnessbehandlung mit Schleimkacke und Blasenkatheter mit Haselnüssen ins Kölner Hilton bringen wird, ist er auch automatisch der Herrscher über die Bluetooth-Schnittstelle zur eingebauten 300-Watt-Prolo-PA.

Das wird alles scholl fön!


16.05.2015

Riding Fuck Yeah Light

Vorstellung der Dimensionen unseres Universums gefällig? Bock auf ein bisschen Hypnose und Wegtreten? Ist die Drogenabstinenz nochmal überdenkenswert? Ist veganer Eiersalat wirklich als Badezusatz zu gebrauchen? Und: raucht Pumuckl wirklich Meister Eders Schnurrbarthaare?

3,40qm empfiehlt zur Beantwortung dieser und weiterer Fragen die Kombination aus Campari und O - Quatsch: die Kombination aus dem unten eingebetteten Video, das Dir im Rückwärtsgang die Galaxie zeigt, also zumindest die, die in etwa der Größe eines Tempokrümels in der Arschtasche Deiner verwaschen Pimmelklemmer-Jeans (1984, C&A) entspricht, und dem leider nur per Ausschnitt verfügbaren Smasher von Fuck Yeah! - "Mount Julip". Letzterer ist die B-Seite der auf Musik Krause erschienenen "Pritch EP" und ich darf an dieser Stelle den erhobenen "Mimimimi"-Zeigefinger in Richtung des Labels schicken, weil Snippets wirklich total balla balla sind.

Jedenfalls ist "Mount Julip" ein ansonsten knapp neunminütiger, schmutzigschöne Gedanken provozierender Sci-Fi-Smasher mit perfektem Spannungsbogen, der, in Endlosschleife und mit 280dB abgespielt, eine Kochshow für Klingonen vor dem geistigen Auge abspielen lassen kann (demnächst auf ZDF Neo, Moderator ist Joachim "Aldebaran" Bublath) und wie Katze auf Klo zu der Reise durch den Weltraum passt.

Download "Mount Julip"


Riding Light from Alphonse Swinehart on Vimeo.


03.05.2015

War On Women / Blank When Zero - LIVE






WAR ON WOMEN/BLANK WHEN ZERO
am
20.8.2015
in der Kreativfabrik Wiesbaden


Es dauert zwar noch ein paar Wochen, aber angesichts der hyperrasenden Zeit, ist's praktisch übermorgen: Blank When Zero, Deine sympathische kleine Punkband, hat die Gelegenheit bekommen, am 20.August 2015 die US-Hardcore Band War On Women zu supporten, und das ist toll. Und toll auch. Aber vor allem: toll.

Wir freuen uns ja wirklich immer noch über jeden Gig, den man uns anbietet und dabei ist es egal, ob wir dafür 1000 Kilometer fahren müssen und für ein gut halbstündiges Set schlappe 14 Stunden unterwegs sind, um am Ende einen Satz Briefmarken (80 Pfennig, 1993) als Spritgeld in die Hand gedrückt zu bekommen. Wir wissen, dass wir musikalisch etwas kratzbürstig sind und vielleicht nicht in jedes Billing so ultrasmooth reinpassen, wir wissen auch, dass ein Veranstalter nicht damit rechnen kann, dass wir 50 Zuschauer im Schlepptau haben - wenn wir noch sowas wie "Freunde" haben, dann sind die entweder nicht in unserer unmittelbaren Nähe oder liegen an einem Samstagabend vom andauernden "Schaffe Schaffe, Häusle baue!" total erschossen im Rohbau des neuen Eigenheims. Eigentlich so wie wir das auch tun, nur ohne Eigenheim. Und nicht nur am Samstagabend. 

Insofern sind wir immer darauf angewiesen, dass jemand genau vor diesen Faktoren keine Angst hat und uns stattdessen trotzdem irgendwo mit dazuholt und uns für dreißig Minuten auf eine Bühne lässt. Denn wir wissen andererseits auch, dass das fortgeschrittene Alter durchaus ein Segen sein kann: man sieht vieles lockerer als früher, plant jede Konzertreise generalstabsmäßig durch, damit erstens bloß nix daneben geht und wir zweitens nicht unpünktlich sind, nimmt lieber drei neue Sätze Gitarrensaiten und -kabel mit, um nicht bei anderen schnorren zu müssen, gegessen wird daheim, getrunken wird meist mitgebrachtes Wasser und auf die Nerven gehen wir auch niemandem - zumindest nicht vor und nach unserem Auftritt. Außerdem wissen wir mittlerweile auch, wie wir die täglich neu dazukommenden Schmerzen nach dem Aufstehen am schnellsten wegkurieren können. Das Alter und die daraus resultierende Erfahrung kann also auch ganz entspannt sein. 

Cornelius von Keep It A Secret Booking war in dieser Hinsicht schon seit den Anfängen von Blank When Zero tiefenentspannt und buchte uns regelmäßig für kleine, aber sehr feine Konzerte. Unerschrocken und dabei immer sehr, sehr großzügig. Ein prima Kerl, mit viel Vertrauen (und natürlich: Geschmack). Und dieser prima Kerl hat nun auch für den War On Women Gig an uns gedacht. Für uns ist sowas wie Weihnachten. Und wenn jemand in der Ankündigung auch noch so schöne Sachen über uns schreibt, dann ist auch noch gleichzeitig Ostern. 




Danke, Cornelius!


So. Es ist also noch etwas hin. Aber ich wollt's schon mal gesagt haben. Und ich werd's bestimmt noch öfter sagen.

Nur weil man nicht mehr Anfang 20 ist, heißt das nicht, dass man sich nicht mehr freuen kann. Oder darf. 

Unsere Platten sind übrigens immer noch kostenlos via Bandcamp herunterzuladen.



01.03.2015

2014 ° Platz 2 ° Amerigo Gazaway - Yasiin Gaye




AMERIGO GAZAWAY - YASIIN GAYE


"Thank you for flying with Soul Mates. Peace Out."

Spätestens jetzt wird es arg redundant, denn es gab im vergangenen Jahr wenig, was auf Dreikommaviernull.de öfter und vor allem hingebungsvoller abgefeiert wurde als das "Yasiin Gaye" Projekt des US-amerikanischen Rappers und Produzenten Amerigo Gazaway. Ich weiß auch ehrlich gesagt nicht mehr, was es noch zu sagen gäbe. Nicht so irrsinnig kreativ, ich weiß. Aber ich will niemanden langweilen, und ganz ehrlich: vor allem nicht mich. 

Kommt, wir machen es kurz - ihr lest den ganzen Schotter einfach nochmal, beziehungsweise eben nicht, und wer bislang tatsächlich noch so ignorant war, sich jeden im allerbesten Sinne gemeinten Hinweis dahin zu schieben, wo's lustig riecht, für den wird's jetzt allerhöchste Eisenbahn. Dabei ist lediglich zu beachten, dass jede Ausrede inakzeptabel ist.







Ich bleibe dabei: das muss man gehört haben, wenn das Leben wenigstens noch so ein kleines bisschen Spaß macht. Und machen soll. 








Die Bandcamp-Page (mit immer noch einer Menge kostenloser Downloads).


Listen & Enjoy. 


Erschienen auf Amerigo Gazaway, 2014.

25.12.2014

Dies ist ein Protestsong



Clogged Arteries:
Songs and Spoken Word in Support of Front​-​line Pipeline Resistance

Und schon singt ihr wieder von Ende der Welt
nur weil irgendwo ein Sack Reis umfällt
lasst mich endlich mit euerm Genöle in Ruh',
wenn ich Lust dazu hab, scheiß' ich die Nordsee zu.
Danach zieh' ich mir ein Robbensteak rein, auf einem Teller aus Elfenbein.
Und dann leg' ich die Schlampen von Greenpeace flach,
eine nach der anderen,
die ganze Nacht...
Die Ärzte

Kanada ist ein paar Handvoll Kilometer entfernt, aber zum einen sucht man sich ja immer noch selbst aus, was man unterstützenswert findet, zum anderen sind die Schweinereien, die auf der kanadischen Seite aktuell Menschen, Tiere, Umwelt und Klima bedrohen, wenigstens dem kritischen Teil der Gesellschaft in Old Europe mehr als nur geläufig. Tatsächlich wurden die Weichen auch auf unserer Seite des Atlantiks schon längst in Richtung, Achtung, Tautologie: profitable Umweltzerstörung gestellt und vor gerade mal vier Wochen heimlich still und leise nochmal sauber poliert, vermutlich mit den ausgeleierten und heraushängenden Enddärmen der deutschen Bundesregierung : "Die Bundesregierung weicht ihre Pläne für ein Fracking-Verbot auf."(FAZ 20.11.2014) .

Hüben wie drüben sitzt man angesichts der sich in neue korrupte Höhen katapultierenden und gewählter Sackgesichter Abgeordneter ohnmächtig im Ohrensessel herum, aber glücklicherweise gibt's wunderbare Menschen, die dem Angreifer die Stirn bieten.

Konkret geht es um die Ölsandindustrie, die aktuell große Projekte zur Gewinnung und zum Transport verwirklicht sehen will und mittels gewaltiger Lobbyarbeit auf dem aufsteigenden Ast ist.

Greenpeace Canada schreibt dazu: 

The tar sands are huge deposits of bitumen, a tar-like substance that’s turned into oil through complex and energy-intensive processes that cause widespread environmental damage. These processes pollute the Athabasca River, lace the air with toxins and convert farmland into wasteland. Large areas of the Boreal forest are clearcut to make way for development in the tar sands, the fastest growing source of greenhouse gas emissions in Canada.




Als Reaktion haben 18 kanadische Künstler einen Protestsampler auf die Beine gestellt, der bei Bandcamp für mindestens 10 Kanadische Dollar als Download erhältlich ist. Ich finde die Beiträge zu meiner eigenen Überraschung überwiegend überdurchschnittlich. Außerdem, und so kam ich überhaupt erst darauf, steuert der großartige Lee Reed mit Mother Tareka unter dem Namen Flowtilla den besten Track der Zusammenstellung bei. Über Lee Reed hatte ich hier schon mal ein paar Zeilen zwei links, zwei recht, einen fallen lassen: Lee Reed Or Fuck Off  .

"Clogged Arteries: Songs and Spoken Word in Support of Front-line Pipeline Resistance" is a compilation CD featuring 18 tracks from 18 different artists spanning a huge range of musical styles. In response to proposed projects to increase the flow of tar sands oil and fracked gas to the west coast of Turtle Island, artists on the compilation address the blatant disregard for communities, ecosystems and democracy, for the sake of profit and power. They show many sides of the human response to the threat of these projects, such as the Enbridge Northern Gateway Project, the Kinder Morgan Trans Mountain Expansion Project, the Pacific Trails Pipeline, and the tar sands themselves. The songs call for support for the struggles of original inhabitants on unceded lands, and for action in response to injustices. 


Reinhören könnt ihr hier, kaufen könnt Ihr da.  



30.11.2014

Chances With Wolves - Gil Scott Heron Memorial Show


Chances With Wolves ist der Name einer Radiosendung aus Brooklyn, die jeden Montag zwischen 18:00 und 20:00 auf dem zunächst eingestellten, nun aber wiederbelebten East Village Radio läuft.





Ich bin kürzlich über ihre Gil Scott Heron Memorial Show gestolpert, die im Juni 2011 und damit kurz nach Scott-Herons Tod ausgestrahlt wurde und die man entweder via Soundcloud streamen, oder aber unter dem Blog der Macher sogar herunterladen kann. Die anderen Sets, die auf jenem Blog zu finden sind, sind darüber hinaus auch sehr zu empfehlen.

Knapp zwei Stunden der besten Musik vom großen Poeten und Rebellen Gil Scott-Heron. Am End' könnte euch das gefallen.

Enjoy.

27.09.2014

The Dub In BVDUB



SAIMON SAIMONSE - THE DUB IN BVDUB


Mein Sommer des Jahres 2014 war einer der Mixtapes, und Saimon Saimonse hat sich für seinen Podcast aus dem Mai 2014 einen Künstler ausgesucht, der auf 3,40qm mehr als nur einmal als wandelnden Heiligenschein geadelt wurde: Brock van Wey aka BVDUB. Ich habe die letzten vier Monate mit diesem 90-minütigen Mix verbracht, habe mich damit ein- und wieder ausgegraben, bin darin versunken und wieder aus ihm aufgetaucht.

Mein Sommer 2014 war in diesem Zusammenhang auch einer der skurrilen Momente, insgesamt auch einer, der bedeutend mehr Tiefen als Höhen zu bieten hatte. "The Dub In BVDUB" konnte in jedem Augenblick als ausgleichendes Element dienen. Und selbst in Situationen, in denen es völlig undenkbar erschien, Musik zum Bestandteil des erlebten und zu erlebenden Wahnsinns um mich herum zu machen, hielt Saimonses Mix die Fackel der Orientierung und des Lichts empor.

Es scheint mir grundsätzlich immer wichtiger zu werden, den Sicherheitsabstand vor Gefahren für Körper und Geist, den medialen Fata Morganas, dem Sensationsgetöse nicht nur einzuhalten, sondern ihn immer größer werden zu lassen - und sich stattdessen introspektiv auf das Echte, Schöne und wirklich Wichtige zu besinnen.



21.06.2014

Yasiin Gaye: The Return



YASIIN GAYE - THE RETURN (SIDE TWO)

Im März dieses Jahres legte ich meinen heiß und fettig geliebten Lieblingslesern bereits den ersten Teil von Amerigos Gazaways Mash-Up "Yasiin Gaye" glühend ans eiskalte Herzchen, ein immer noch völlig brillianter Mix aus den Raps von Mos Def und der Musik von Marvin Gaye. Ein Blick auf meine Last.fm Statistiken zeigt darüber hinaus, dass ich in den letzten sechs Monaten keine andere Musik so oft hörte wie die des kleinen DJs aus Amerika - und da sind die Vinylrotationen noch nichtmal mit eingerechnet. 





Ich war überrascht von der Ankündigung des zweiten Teils "The Return", der mittlerweile zum Download bereitsteht. Keine Überraschung gibt es indes bei der Qualität des zweiten Teils. Ganz ehrlich: man muss das gehört haben. Es macht einfach so verfickt viel Spaß. 

Außerdem erwähnenswert: das Artwork von Drew Dernavich schreit nach einer Veröffentlichung auf Vinyl. Es wird traditionell noch etwas dauern, aber vielleicht erbarmt sich ja jemand. 

Wie bei allen Releases von Amerigo gilt auch hier: be quick - die Schallplattenindustrie hat schon wieder die Anwälte von der Leine gelassen.

Unter der unten verlinkten Bandcamp-Seite lässt sich das Album erneut kostenlos herunterladen. 




13.06.2014

Beta Blocker





 Quattuor Elementa Vitae: Aqua
 Part 1 of the four elements - Water.
A collection of deep dubtechno and ambient.

Wer im Moment wie meinereiner mittels ärztlich verordneter Auszeit aus dem Verkehr gezogen wurde und also die derzeit sehr deutlich fühlbaren 87°C im Schlafzimmer mit aktiver Entspannung und frischer Wassermelone und, wie bei einer Walrettung, mit nassen Lappen bekämpfen muss, der hat mit der Dubtechno-Zusammenstellung des Greifswalders DaTilt einen neuen partner in crime gefunden.

Über zweieinhalb Stunden kann die warme Suppe durchs Hirn wabern und besonders gestern Morgen, als eine kleine Abkühlung durch Sossenheim zog, ich eine Schmeißfliege rettete (!) und eine Schwalbe gegen das Wohnzimmerfenster flog (es geht ihr gut!), und ich in der Küche den ersten und einzigen Kaffee des Tages braute, war es vielleicht für diesen Moment die beste Musik.

 Die Tracklist:

1. Velge Naturlig - Waterstone [Portugal]
2. Shrine - The Iron Water [Bulgaria]
3. Vytis - Rain Meets Fog [-]
4. Mr. Cloudy - Recluse [Russia]
5. Segue - Snow Dub [Canada]
6. The Nautilus Project - Late Summer Memories [Germany]
7. Yagya - As it is [Iceland]
8. Mr. Cloudy - Increase [Russia]
9. Rajaleidja - Heli [Estonia]
10. Brickman - In The Rain (Version 1) [Russia]
11. cv313 - Clouds Beyond [USA]
12. S. Crosbie - Mid Blue [UK]
13. Gradient - Illuminated (October Rain Variant) [Russia]
14. Yagya - Like The Noise Of Great Waters [Iceland]
15. Havdis - There's Beauty In Sadness [Norway]
16. Textural Being - Shore [USA]
17. Urenga - Shelf Cloud (Pacific Tide) [Hungary]
18. G.R.I.T. - Endless Waves (P.Laoss Remix) [Germany]
19. Joergmueller - Walk With me [Germany]
20. Mystica Tribe - Meditation Stick [Japan]
21. M. Rahn - Gama [Germany]
22. Voices From The Lake - Drop 1 [Italy]
23. Audub - Days To Come [France]
24. The Nautilus Project - Blue Dawn [Germany]
25. Sandwell District - Immolare (Function Version) [USA]
26. Nick Dunton - Oikumene (65000 Leagues Mix) [UK]
27. Grad_U - Sunrise I [Lithuania]
28. Grad U - EV -4 [Lithuania]
29. The Nautilus Project - Rain In The Forest [Germany]

Einmal streamen, bitte: 



Downloaden darf man das Set übrigens auch.

Bitte, Danke, Enjoy.


04.03.2014

Yasiin Gaye




Der US-amerikanische Beattüftler und Produzent Amerigo Gazaway hat es wieder getan: nach seinen beiden monumentalen Mash-Ups "Fela Soul" (Fela Kuti & De La Soul, 2011) und "Bizarre Tribe" (The Pharcyde & A Tribe Called Quest, 2012) knöpfte er sich nun Rapper Mos Def und Soulgigant Marvin Gaye vor und strickte aus diesen Basiszutaten neue Musikgewölle.

Das Ergebnis heißt "Yasiin Gaye". Es besetzt seit Tagen die Florian'sche Abspielstation und läuft auf Heavy Rotation. Es ist ein frischer, funkensprühender, positiver Mix, hochmusikalisch und tanzbar. Der vorab veröffentlichte Track "Inner City Travellin' Man" begleitet mich morgens in Endlosschleife ins Badezimer, wieder heraus und auf die Arbeit. Wie geil wohl der Frühling mit der Platte wird?

Und damit wird's dann auch wieder eng: wie schon im Falle von "Bizarre Tribe" hat die Recording Industry Association of America erneut laut losgefurzt und die Verbreitung mit einer einstweiligen Verfügung gestoppt.

Aber wir sind ja schlau. Sind wir? Wir sind.

Beeilung! Beeilung!




04.07.2013

...and Jean-Luc says: do not engage!

Vor fast exakt drei Jahren hatte ich schon mal einen Mix von Northern Shore hier auf Dreikommaviernull veröffentlicht - damals wie heute habe ich keinen blassen Schimmer, wer sich hinter diesem Namen verbirgt, aber immerhin lässt sich die Selbstbeschreibung nachlesen:

"My project is about deep journeys into electronic music. Deeply influenced by the kinds of Echospace, Intrusion, DeepChord & Bvdub these journeys are mainly created for home listening and escaping everyday life. My mixes focus on Deep Hypnotic Techno but also on the ambient and experimental part of electronic music and try to create the image that the listener walks alone over an empty long Northern shore while listening to the soundscapes... Don't expect technical perfection as I'm a bedroom mixer who just does this for fun..."

Nun dürfte meine Vorliebe für die Musik eines Brock Van Weys (aka BVDUB) meinen Lesern mittlerweile geläufig sein, also muss ich alleine wegen dieser Erwähnung ziemlich reflexartig die Ohren spitzen. Und ich sollte es aus gutem Grund tun, denn der aktuelle Mix "Lighthouse Arrangements VII" ist erneut ein Seelenöffner. Ein Wachmacher, ein der dein drittes Auge mit Spiritus und Rosenwasser klärt. Wie sonnenklar das hier alles sein kann...

Die Tracklist:

01 Steve Roach - Cloud Cover
02 Thom Brennan - Raingardens
03 cv313 - Beyond the Clouds
04 Tobias Hornberger - Unknown
05 Ohrwert - Mistral
06 Stefan Gubatz - Cologne
07 Michael Mantra - Mountain Version III (Djorvin Clain Version)
08 S/EXP - Distant Horizon
09 Sven Weisemann - Light Sway
10 Deepchord - Spiral 2
11 Deepchord pres Echospace - BCN Dub
12 S.A.M. - Nangijala
13 Deepchord pres Echospace - Rippling (Live)
14 Ian Hawgood - Red Rugs of Infinite Grass (bvdub's Titans of Dahlia Hold You To The Sky - For Ian)


Zu finden (und downzuloaden) ist die Zusammenstellung auf Northern Shores Soundcloud-Seite - und natürlich hier:







Wer nach diesem Irrsinn noch klar denken kann, kann sich durch die beiden BVDUB-Tributes "Bvdub Against The Vanity Of Our Kingdom I +II" durchwühlen, die gleichfalls zum Download angeboten werden:









Und jetzt? Jetzt einfach mal bis zum kommenden Wochenende abwarten, Freitagabend zwei, drei Kannen Grüntee kochen, das verkackte Telefon gegen die Wand schmeißen, die Türklingel anzünden, den Internetrouter in fünf Liter kochendes Wasser legen, den Computer in der gefüllten Badewanne versenken, die Fenster verrammeln, frisches Klopapier kaufen und vor Montagmorgen nicht mehr das Haus verlassen. Einfach nur mal für zweieinhalb Tage stumm rumliegen und die knappen sechs Stunden Musik auf Endlosrepeat laufen lassen. Tag und Nacht.

Es reinigt. Es heilt. Es heilt den Wahnsinn in uns, unser Streben, immer vorne dabei sein müssen. Es heilt unseren Konsumwahn. Es heilt Gürtelrose und juckende Ekzeme. Es heilt den Wortsalat in unseren Köpfen, unsere Geschäftssucht. Es bringt uns Luft, Tiefe und Weite. Irgendwie....irgendwie bringt es das Leben zurück.

Erschienen 2011 (BVDUB) & 2013 (Lighthouse Arrangements VII)


NORTHERNSHORE