30.12.2008

Platz 20



Replife - The Unclosed Mind

"The Unclosed Mind" zeichnete sich im Jahr 2008 dafür verantwortlich, dass ich damit begann, an meiner Angst vor HipHop zu arbeiten. Das alleine reicht im Grunde aus, in dieser Liste als eine der erinnerungswürdigsten Platten des Jahres auf zu tauchen.

Replife steht für intelligenten, erwachsenen HipHop. Das kann ich sogar dann sagen, wenn das Genre als Ganzes trotz des zwanzigjährigen, exzessiven Schubladenbrowsens noch ein weißer Fleck auf meiner Landkarte ist. Keine Spur beispielsweise von der unerträglichen Macho-Attitüde, die so vielen Alben und Musiker-/Marketingköpfen innewohnt. Düstere Klischeeatmosphäre, wie sie besonders dem neuen HipHop gerne verliehen wird, um ihn als innovativ zu feiern, wird man ebensowenig finden. Replife bedient sich einerseits - auch in Sachen Coverästehtik - beim Jazz und bei den Anfängen des HipHop und andererseits auch ein Stückweit bei den avantgardistischen Soundcollagen von Jay-Dee oder Daedelus, vermischt seine geraden, manchmal leicht hypnotischen Beats mit spirituellen Lyrics und einer großen Portion Deepness und hat es zu keiner Sekunde des Albums nötig, die Muskeln spielen zu lassen.

Selbst wenn "The Unclosed Mind" keine hypernervöse Gezuppel-Schaltzentrale ist, sondern es im Gegenteil mehrheitlich smooth und zielstrebig vor sich hin souljazzrappt, hat es dennoch genug Ecken und Kanten, um nicht in dem großen Topf mit jener Musik zu landen, die selbst Familie Fliewatüt wie ayurvedisches Heilöl durch die Ohren flutscht. Tracks wie das etwas hektische "Emerald City" oder der quasi-Opener "Spirit (Dilla Shines Through)", das seinen Titel sicher nicht aus Jux erhalten hat, sind spannende Beispiele für musikalischen und vor allem wohltuend klischeefreien HipHop.

23.12.2008

Zweitausendacht in Musik

Long time no read, irgendwie. Lasst uns das mal schnell ändern...

Es wird Zeit, das vergangene Musikjahr Revue passieren zu lassen und wie schon  Zweitausendsieben werde ich es mir auch dieses Mal nicht nehmen lassen, die Kings der Kings gebührend zu feiern. Ja, zu feiern. Ausdrücklich.

Ich las kürzlich ein Interview mit dem Publizisten Roger Willemsen, der auf die Frage, warum er seine Arbeit nicht mehr als journalistisch empfände, und weshalb er seit einiger Zeit darüber hinaus sämtliche Zeitungsartikel absage antwortete, "weil Leidenschaftslosigkeit heute als Inbegriff der Professionalität gewertet wird." In so fern bin ich schrecklich unprofessionell.

Es war wohl der Alltag, der mich im beinahe abgelaufenen Jahr daran hinderte, mehr Leidenschaft als ebenjene zu entwickeln, die mir so oder so innewohnt, und ich frage mich immer wieder: ist das ausreichend? Muss da nicht mehr gehen? So wie, man traut sich ja fast nicht es aus zu sprechen, f...früher?

Wenn ich mir die zwanzig Alben so anschaue, die hier in den nächsten Wochen vorgestellt werden, sehe ich indes keinen Grund, die Stirn in Falten zu legen. Ganz im Gegenteil: Zweitausendacht war das beste Jahr seit Zweitausendsieben und es wäre ein Leichtes, hier gar dreißig oder mehr Werke auf zu listen. Sie alle hätten es verdient gehabt, erwähnt zu werden. Bei meiner gegenwärtigen Schreibfrequenz stehen wir damit dann 
aber noch im Mai Zweitausendzehn gerade mal bei Rang Sieben.

Kurz gesagt: solange es noch der Fall ist, dass die fortwährende Suche nach neuer Musik so spannend und erhellend bleibt, ist alles mehr als nur gut. 

Ich wünsche jetzt schon viel Spaß beim Lesen und Entdecken und außerdem selbstverständlich: schöne Weihnachten und erholsame Tage!