JON PORRAS - LIGHT DIVIDE
Jon Porras ist seit Jahren ein regelmäßiger Gast in meinen Jahresbestenlisten, beziehungsweise in meinem Blog und selbst dann, wenn ich glaube, nun mittlerweile wirklich jede Facette seines Sounds zu kennen und der Illusion aufsitze, endgültig keine neue Platte mehr von ihm zu benötigen, weil sich das alles eben doch mehr oder minder immer wiederhole, dann kann ich an einem ganz speziellen Punkt der Versuchung doch nicht mehr widerstehen und lasse mich widerstandslos im Einkaufswagen an die Kasse schieben. In diesem Zusammenhang ist es ein mittelschwerer Skandal, sein 2012 erschienenes "Black Mesa"-Album nicht berücksichtigt zu haben. Die Erkenntnis ist schlussendlich das einzige, was wirklich bleibt: ich könnte falscher nicht liegen.
Die große Stärke der einen Hälfte des Experimental Duos Barn Owl ist seine Fähigkeit, unter seiner Wall Of Sound immer wieder den einen Moment, diesen einen besonderen Ton herauszupicken, um sein komplettes Klangkonstrukt zu verschieben. Es sind manchmal nur Mikrofrakturen, die er aus den Tiefen hervorzieht, um sie urplötzlich zu kitten und in die dirigierende Macht eines Werks in den Mittelpunkt zu stellen. "Light Divide" ist dabei in dieser Hinsicht der Höhepunkt seiner Solokarriere, weil es sich vor allem bei tiefgehender Auseinandersetzung von dem Großteil der stilisitischen Konkurrenz absetzt, obwohl die einzelnen Parameter sich nur unwesentlich unterscheiden mögen. Im großen Ambient-Becken zeitgenössicher Musik scheinen Alleinstellungsmerkmale Mangelware zu sein - ein bisschen Rauschen hier, ein bisschen Bassgebrummel da, irgendwer wird's schon goutieren, zum großen, güldenen Soufflé aufblasen, und wenn nicht alles schon zu spät ist, eine neue Genrebezeichnung draufkleben. Die Standards könnten meinetwegen gerne etwas hochgeschraubt werden. Jon Porras hat als einer der wenigen immer wieder den Schraubschlüssel in der Hand. Doppeldeutigkeit FTW!
Erschienen auf Thrill Jockey, 2014