THE GOD MACHINE -
ONE LAST LAUGH IN A PLACE OF DYING
And you said life could be painless And I'm sorry but that's not what I've found
Viel zu selten landen die zwei Alben dieses Trios in meinen Playlists. Es gibt dafür fast keinen einzigen guten Grund, aber wenn ich es mir recht überlege, und gerade dann, wenn wie gerade jetzt und ganz besonders ihr Schwanengesang "One Last Laugh In A Place Of Dying" mit ohrenbetäubender und also anerkennender Lautstärke halb Sossenheim in sich zusammenklumpen lässt, dann habe ich wenigstens eine Ahnung: es ist zu schmerzhaft.
Ist schon recht, es ist alles nur Musik und es gibt ja Menschen, die offenbar ganz prima ohne leben können; scheiße ich schon wieder mit zu großen Worten das ganze Internet zu? Ist das schon wieder alles viel zu emotional? Die Antworten sind einfach: ja und ja. Und das ist völlig legitim. Das 1990 gegründete Trio aus San Diego, das im Verlauf seiner kurzen Karriere mehrheitlich aus England und dem europäischen Festland heraus operierte, zwei Alben und vier EPs aufnahm, spielte eine sehr emotionale, irrsinnig intensive und eigenständige Mixtur aus düsterem Indie- und Alternativerock mit deutlich erkennbaren Ausflügen in Gefilde des lauten, schrammelnden und zart kratzbürstigen Noiserock - und es ist besonders dieses zweite Album, das qualitativ nicht nur eine Sternstunde der Neunziger ist, sondern vor dem Hintergrund der Vorkommnisse während und nach den Aufnahmen beinahe schon unangenehme, voyeuristische Tendenzen provoziert. Es ist sicher keine Übertreibung, dass man sich auf einen ziemlich traurigen, und beklemmenden Trip einstellen darf. Mir fällt das mit zunehmendem Alter immer schwerer. Denn es ist anstrengend.
"My relationship with death remains the same, I'm strongly against it." (Woody Allen)
Bassist Jimmy Fernandez starb kurz nach dem Ende der Aufnahmen und während der Mixing Sessions zu "One Last Laugh In A Place Of Dying" im Mai 1994 an einem Hirntumor. Die verbliebenen Musiker, Robin Proper-Sheppard (Gitarre, Gesang) und Ronald Austin (Schlagzeug) lösten unter diesem Schock The God Machine nach Beendigung der Arbeiten zu diesem Album mit Verweis auf die außergewöhnlich starke und enge Verbindung zwischen den Bandmitgliedern auf. Während Proper-Sheppard Sophia gründete und 1996 mit dem sehr reduzierten und intimen "Fixed Waters" debütierte, zog sich Austin komplett aus dem Musikgeschäft zurück.
In den besonders dramatischen Momenten dieser im Angesicht des Todes geschriebenen Songs möchte ich mich am liebsten im dunklen Keller verstecken und hemmungslos losheulen. "In Bad Dreams", "Painless", "The Hunter" und vor allem "The Life Song" lassen mich meist in Embryostellung zusammengekrümmt im Staub liegen. Im Vergleich zum deutlich rockigeren, wenngleich ebenfalls zappendusteren Debut "Scenes From The Second Storey", auf dem man tatsächlich einige zarte Parallelen zu den fast zeitgleich auf der Bildfläche erscheinenden Tool heraushören konnte ("Temptation"), hat sich die Band stilistisch insofern etwas freigeschwommen, als dass sie wenigstens in meinem Buch nicht mehr als klassische Band der neunziger Jahre durchgeht, auch wenn die Herzallerliebste die erkennbare Klangästhetik der 90er in den Mittelpunkt ihrer (wie immer korrekten) Analyse stellt. Trotzdem wirkt "One Last Laugh In A Place Of Dying" entzerrter und weitläufiger als das erste Album; es zeigt außerdem eine Band, die sich - ohne eine negative Interpretation zu forcieren - bewusst isoliert und sich in den eigenen Kosmos zurückgezogen hat. Und die daraus eine angreifbare Zerbrechlichkeit einerseits und eine fragile Stärke andererseits entwickelte. Man kann das hören.
Es ist allerdings nicht immer ausschließlich schön und angenehm.
Erschienen auf Friction, 1994.
PS: Für den Fall, die geneigte Leserin/der geneigte Leser erinnert sich nun wieder an die Band, und vor allem daran, dass ihre Alben spätestens ab 1995 out of print und damit entweder gar nicht mehr, oder nur für einen halben (CD) bis einen ganzen (LP) Monatslohn erhältlich waren, sei es nun laut hinaus gerufen: beide Studioalben wurden im Jahr 2010 auf CD wiederveröffentlicht, was außerdem den netten Nebeneffekt hatte, dass mittlerweile selbst die Originalversionen für einen überschaubaren Obulus den Besitzer wechseln können. Für die LP-Versionen muss nachwievor sehr tief in die Taschen gegriffen werden, aber vielleicht hat Robert Proper-Sheppard auch hier nochmal ein Einsehen. Wobei: seine Webpage für Sophia (inklusive Facebook) macht nicht mehr den frischesten Eindruck. Hat da einer den Laden dichtgemacht?
PPS: Würde Euch gerne was zum Lauschen via Youtube kredenzen, aber...wann fickt sich eigentlich diese verschissenedreckfickscheißkackverhurtkackte GEMA endlich weg?