SECRECY - ART IN MOTION
Platten neu erleben, Teil 179. Weil manches eben ein bisschen länger dauert.
An einem späten Sonntagabend im Jahr 1990 hörte ich erstmals von Secrecy. Als sich der Hessische Rundfunk noch eine "Hard'n'Heavy" betitelte Themensendung im Programm leistete und sich die deutsche Metalprominenz ins Studio holte. An diesem Abend war es der damalige ex-Destruction Bassist und Sänger Schmier, der sein erstes Headhunter-Album "Parody Of Life" vorstellen durfte und auch noch während der restlichen Musikauswahl von Moderator Till Hofmeister auf Sendung blieb. Hofmeister schob, nachdem eigentlich schon alles gesagt war, das Debut von dieser Combo aus Bremen in den CD-Schacht, ließ das epische "Last Of The Dynasty" über den Äther marschieren, und Schmier rumpelte nach diesen sieben Minuten "S...sehr gute Band. Sehr, sehr gute Band. Gute Band." ins Mikrofon. "Last Of The Dynasty" war vielleicht ein bisschen cheesy und die Stimme von Peter Dartin war durchaus gewöhnungsbedürftig, aber diese Melodien! Diese Breaks! Diese Komplexität! Ich kaufte die CD wenig später, und ich muss aus heutiger Sicht zugeben: ich war dafür noch eine Spur zu jung. Ich mochte "Art In Motion" und ich habe die Platte auch ausgiebig gehört, aber so richtig geschnallt habe ich sie nicht.
Was mir eigentlich erst vor drei Wochen aufgefallen ist, als ich das Vinyl im Plattenladen für lumpige acht Euro herumstehen sah und nicht widerstehen konnte. Die CD hatte ich beim Großreinemachen vor ein paar Jahren verkauft, aber ich hatte wieder Bock auf die Platte - und schon beim ersten Anhören hat sie mich förmlich weggeblasen. Buben, Mädels: das war 'ne deutsche Band, ne?! Im Jahr 1990! Da hatten die deutschen Fußballspieler und Weltmeister noch Oberlippenbärte und galten als sexy. Und die Jungs hier kamen noch dazu - no offense! - aus Bremen.
Über Karl-Uwe Walterbach und sein Noise-Label lässt sich zweifellos das ein oder andere Sujet diskutieren, auf sein überaus feinsensoriertes Näschen für geilen, neuen, frischen Stoff lasse ich hingegen nichts kommen. Secrecy bauten ihre Musik auf einem verproggten Speed/Power Metal Fundament auf, das völlig untypisch für die damalige Zeit weniger bis gar nicht an die anderen teutonischen Metalbands wie Helloween, Running Wild oder Grave Digger erinnerte, sondern tatsächlich an US-amerikanischen Power Metal von Sanctuary und Fates Warning einerseits und an der Sucht nach Melodien von Iron Maiden andererseits angelehnt war. Der wahre Clou dieser Band war aber der bereits erwähnte Mann am Mikrofon: Peter Dartins Gesangsstimme und seine Akzentuierung waren sehr ungewöhnlich, seine Melodien waren vom Naheliegenden auch ganze Universen entfernt, aber dass der Kerl überhaupt darauf kam, über dieses verworrenene, komplizierte Riffgewurschtel im Hintergrund diese großen, opulenten Melodiebögen zu singen und was diese dann mit dem Charakter der Musik anstellten: da ziehe ich meinen Hut, beziehungsweise die Hose beziehungsweise: aus. Ich erkenne das erst ächzend langsam, aber je öfter ich "Art In Motion" höre, desto deutlicher wird, wie großartig und ideenreich diese Musik war.
Achtung jetzt, Flo lehnt sich aus dem Fenster: eines der fünf besten deutschen Metalalben aller Zeiten.
Erschienen auf Noise Records, 1990.
An einem späten Sonntagabend im Jahr 1990 hörte ich erstmals von Secrecy. Als sich der Hessische Rundfunk noch eine "Hard'n'Heavy" betitelte Themensendung im Programm leistete und sich die deutsche Metalprominenz ins Studio holte. An diesem Abend war es der damalige ex-Destruction Bassist und Sänger Schmier, der sein erstes Headhunter-Album "Parody Of Life" vorstellen durfte und auch noch während der restlichen Musikauswahl von Moderator Till Hofmeister auf Sendung blieb. Hofmeister schob, nachdem eigentlich schon alles gesagt war, das Debut von dieser Combo aus Bremen in den CD-Schacht, ließ das epische "Last Of The Dynasty" über den Äther marschieren, und Schmier rumpelte nach diesen sieben Minuten "S...sehr gute Band. Sehr, sehr gute Band. Gute Band." ins Mikrofon. "Last Of The Dynasty" war vielleicht ein bisschen cheesy und die Stimme von Peter Dartin war durchaus gewöhnungsbedürftig, aber diese Melodien! Diese Breaks! Diese Komplexität! Ich kaufte die CD wenig später, und ich muss aus heutiger Sicht zugeben: ich war dafür noch eine Spur zu jung. Ich mochte "Art In Motion" und ich habe die Platte auch ausgiebig gehört, aber so richtig geschnallt habe ich sie nicht.
Was mir eigentlich erst vor drei Wochen aufgefallen ist, als ich das Vinyl im Plattenladen für lumpige acht Euro herumstehen sah und nicht widerstehen konnte. Die CD hatte ich beim Großreinemachen vor ein paar Jahren verkauft, aber ich hatte wieder Bock auf die Platte - und schon beim ersten Anhören hat sie mich förmlich weggeblasen. Buben, Mädels: das war 'ne deutsche Band, ne?! Im Jahr 1990! Da hatten die deutschen Fußballspieler und Weltmeister noch Oberlippenbärte und galten als sexy. Und die Jungs hier kamen noch dazu - no offense! - aus Bremen.
Über Karl-Uwe Walterbach und sein Noise-Label lässt sich zweifellos das ein oder andere Sujet diskutieren, auf sein überaus feinsensoriertes Näschen für geilen, neuen, frischen Stoff lasse ich hingegen nichts kommen. Secrecy bauten ihre Musik auf einem verproggten Speed/Power Metal Fundament auf, das völlig untypisch für die damalige Zeit weniger bis gar nicht an die anderen teutonischen Metalbands wie Helloween, Running Wild oder Grave Digger erinnerte, sondern tatsächlich an US-amerikanischen Power Metal von Sanctuary und Fates Warning einerseits und an der Sucht nach Melodien von Iron Maiden andererseits angelehnt war. Der wahre Clou dieser Band war aber der bereits erwähnte Mann am Mikrofon: Peter Dartins Gesangsstimme und seine Akzentuierung waren sehr ungewöhnlich, seine Melodien waren vom Naheliegenden auch ganze Universen entfernt, aber dass der Kerl überhaupt darauf kam, über dieses verworrenene, komplizierte Riffgewurschtel im Hintergrund diese großen, opulenten Melodiebögen zu singen und was diese dann mit dem Charakter der Musik anstellten: da ziehe ich meinen Hut, beziehungsweise die Hose beziehungsweise: aus. Ich erkenne das erst ächzend langsam, aber je öfter ich "Art In Motion" höre, desto deutlicher wird, wie großartig und ideenreich diese Musik war.
Achtung jetzt, Flo lehnt sich aus dem Fenster: eines der fünf besten deutschen Metalalben aller Zeiten.
Erschienen auf Noise Records, 1990.