JOSÉ JAMES - NO BEGINNING NO END
Die Welt scheint gerade ein bisschen wegen des kleinen Kuschelsängers José James auszuflippen, und so gerne ich dabei mitmachen würde: ich kann es nicht. Wirklich nicht. Ich habe es jetzt sechs Wochen versucht, aber "No Beginning No End" ist eine Enttäuschung, gegen die sogar das letzte, selbst nicht ganz fehlerfreie Album "Blackmagic" dasteht wie in Grammy-Gold gegossen.
"No Beginning No End" fehlt das, was es per Genredefinition eigentlich haben sollte: Seele und Tiefgang. Erstens mag ich Josés Stimme wirklich gerne, sie ist smooth wie ein Mango-Lassi, der optimal temperiert durch dein Schallgesims tröpfelt. Aber eines ist sie nicht: variabel. James flüsternölt sich fast gänzlich ohne Abwechslung durch die quälend langen 65 Minuten seines dritten Albums, und dass einer wie sein Entdecker Gilles Peterson den Vergleich mit Gil Scott-Heron heranzieht, und die New York fucking Times dasselbe dann gleich nochmal vom Sticker, der links oben auf dem Album klebt, abschreibt, ist selbst diplomatisch am besten mit "bizarr" beschrieben. Von den Unterschieden in der textlichen Ausrichtung, hier Kuschelfummelbungabunga, da "The first time I heard them talking about trouble in the middle east, I thought they were talking about Pittsburgh.", mal ganz (GANZ!) abgesehen. Zweitens fehlt ebenjene Abwechslung in den Kompositionen, die "Blackmagic" dank Produzenten wie Flying Lotus oder Moodyman liefern konnte. Was auf "No Beginning No End" regiert ist der saloppe Laissez-Faire Schunkelschmuser für eine Nescafe-Latte to go (ganz weit weg) und das macht er gut und richtig und angenehm und säuselnd und wer schnellstmöglich zum Beischlaf mit irgendwem kommen möchte, der legt am besten diese Platte auf. Aber er regiert mit durchgelegenen Betten, verwelkten Rosensträußen und einem Karamell-Knoblauch-Tee, dieser Schunkelschmuser. Und ja, es ist wirklich genau die Soße, nach der es sich wegen meines Geschreibsels gerade anfühlt. Drittens: José ist jetzt bei Blue Note. Und wer auch immer dieses Album produziert hat, es ist so glatt wie eine Bowlingbahn. Vielleicht müssen Platten auf Blue Note glatt wie eine Bowlingbahn klingen, aber ich bekomme auf Bowlingbahnen immer Fußpilz. Also, nicht direkt. Aber dann später.
Vielleicht wird es ja in den hoffentlich sehr bald anstehenden lauen Sommernächten noch etwas mit mir und "No Beginning No End", ich will's nicht ausschließen, denn ich bin José James eigentlich sehr wohlgesonnen und ich mochte seine Platten. Bis dahin bleibt sein Debut "The Dreamer" aus dem Jahr 2008 nachwievor sein tiefstes und damit auch sein bestes Album.
Erschienen auf Blue Note, 2013.
P.S.: Hallo crazy-abgespacete Blue Note-Mitarbeiter: 2013, Downloadcode, anyone? Das ist nun wirklich keine Raketentechnik; das kann man doch mal in Betracht ziehen, kann man nicht? Oder sind die 20 Cent pro Scheibe, die es bei diesen Auflagenzahlen dann erwartbar kosten wird, wirklich und einfach: zuviel? Weil der Shareholdervalue so drückt? Weil es sonst einen Monat keinen Kaffee im Büro gibt? Weil der Chef sonst seine Frau verkaufen muss? Reißt Euch doch mal zusammen.
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