07.04.2019
Best Of 2018 ° Platz 3 ° The Sea And Cake - Any Day
10.02.2013
2012 ° Platz 7 ° The Sea And Cake - Runner
Als ich 2005 zum ersten Mal "All The Photos" vom fantastischen "Oui"-Album hörte, war es um mich geschehen. Seitdem versuche ich mir selbst zu erklären, was mich an der Musik des Quartetts aus Chicago so sehr fasziniert, und ich kann nicht sagen, dass ich in den letzten acht Jahren bedeutend weiter gekommen bin. Natürlich ist der reflexartige Kniefall bei bloßer Namenserwähnung dank der Leichtfüßigkeit, der Souveränität, der feingliedrigen Arrangements und der schüchtern-naiven Aura ihrer Kompositionen jederzeit problemlos darstellbar, aber da brodelt noch irgendetwas tiefer in mir als die genannten und offensichtlichen Merkmale. Ihre Musik zieht mich, oft nur für wenige Sekunden, in meine Jugend zurück und ich assoziiere nicht selten komplette, erlebte Bilder mit einzelnen Songs; manchmal ist es gar nur eine Betonung, ein Gitarrenanschlag oder eine gehauchte Wortsilbe, die mich aus dem Hier und Jetzt in das Damals und Gestern katapultiert. "All The Photos" ist beispielsweise ab dem Break bei Minute 1:25 seit jeher mit einem Sommertag im Juli 1995 verknüpft, an dem ich am Schreibtisch meines Zimmers in der elterlichen Wohnung saß, Guinness aus Dosen trank und für die theoretische Führerscheinprüfung lernte. Bei "Window Sills" vom 2008er "Car Alarm"-Meisterwerk sitze ich ab der ersten Note ebenfalls im spätpubertären Kinderzimmer, habe eine Tasse Kaffee neben mir stehen, schaue melancholisch aus dem Fenster und den Schneeflocken beim Sterben zu. "Runner" fügt diesen Beispielen mit "A Mere" gleichfalls winterliche Nachmittage mit der tonlosen Bill Cosby Fernsehserie hinzu. Und manchmal ist es nicht mehr als ein Gefühl, vielleicht ein Geruch oder ein Geschmack in der Luft, den ich auf dem Fußweg vom Abitur-Gymnasium in die Wunderbar in Frankfurt-Höchst wahrgenommen habe, um eine selbstentschuldigte Freistunde bei einem Kaffee und unter Freunden zu verbringen. Vielleicht komme ich nochmal dahinter, warum das alles so ist, wie es ist. Vielleicht kann ich The Sea And Cake aber auch weiterhin einfach als eine der schönsten, ergreifendsten Bands aller Zeiten betrachten, an der ich mich nicht satthören kann.
"Runner" ist im Vergleich mit der "The Moonlight Butterfly" EP aus dem Jahr 2011 etwas vielschichtiger in der stilistischen Ausprägung und gleichzeitig kompakter in Stimmung und Ton, wofür vor allem die B-Seite verantwortlich ist, die vom reinen Akustiksong "Harbor Bridges" über das sehnsüchtig flackernde "New Patterns" (schon wieder: ein Gitarrensolo!), dem ungewohnt rockigen "Neighbors And Township", dem Hit "Pacific" bis zum an ihre 90er Alben wie "The Biz" und "Nassau" erinnernden Titeltrack neue Maßstäbe im Band-Kosmos setzt. Abgesehen vom unangenehm übersteuert und verzerrt klingenden "Skyscraper", einem Song, der in allen Formaten, sei es Vinyl, CD oder MP3, klingt, als sei ein Lautsprecherkabel kaputt, ist "Runner", und jetzt kann ich es wieder sagen: schon wieder das nächste beste The Sea And Cake Album der Welt.
Erschienen auf Thrill Jockey, 2012.
01.08.2021
Blast From The Past: The Sea And Cake (2007)
Viel ist aus meiner aktiven Zeit als Textidiot Redakteur beim Hamburger Tinnitus-Magazin nicht übrig geblieben, wenigstens nicht in der virtuell erreichbaren Welt: Chef Haiko hatte den Laden irgendwann zu Beginn der zehner Jahre dichtgemacht und alle Inhalte ratzeputz und hottehü vom Netz genommen, bevor er sich von Rockmusik im weiteren Sinne verabschiedete und Techno-DJ wurde. Ich selbst habe im Rahmen von mehreren Laptopwechseln seit meinem Ausscheiden 2007 sicherlich den ein oder anderen Text ans Daten-Nirwana verloren, was mir normalerweise keine schlaflosen Nächte bereitet. Aber es ist ein bisschen vergleichbar mit meinen regelmäßigen CD- und Plattenverkäufen. Man vermisst eigentlich nichts - bis zu dem Moment, an dem man etwas vermisst. "Wo habe ich denn nur...?!"
In einigen Fällen finde ich es aber tatsächlich etwas schade, die Texte nicht mehr zur Verfügung zu haben. Das betrifft meistens jene, die ich im Rahmen von geführten Interviews zusammenstellte, was auch immer ein ganz besonderer Aufwand war - mal ganz davon abgesehen, dass ich mit Personen sprechen durfte, deren Musik mir außerordentlich viel bedeutete (und in vielen Fällen gilt das sogar bis heute).
Ich kam kürzlich mit einem weiteren Freund von The Sea And Cake ins virtuelle Gespräch, und nachdem ein Wort das andere ergab, war irgendwann offensichtlich, dass wir beide an diesem kühlen und regnerischen Juniabend des Jahres 2007 nicht nur dasselbe Konzert sahen und uns also beide in den Räumlichkeiten der Frankfurter Brotfabrik aufhielten, sondern auch noch beide ein Interview mit der Band führten: er mit Sänger/Gitarrist Sam Prekop, ich mit Gitarrist Archer Prewitt. Potztausend! Dass ich mich angesichts der journalistischen Qualität des Textes des Kollegen tatsächlich noch auf die Suche nach meinem eigenen holzigen Textgestümper machte, sagt einiges über die eigene Hybris aus, die ich immer so gerne ins Tal der Mythen schicken will, lol, ja, am Arsch; aber es gab "Hoffnung": eine fix durchgeführte Recherche auf den noch im Zugriff befindlichen Geräten ergab: et perdidisti. Die Datei ist weg, verschluckt, weggeflogen, vor Scham selbst in Flammen aufgegangen, was weiß ich.
Es war daher hocherfreulich schockierend, dass eine Suche auf den Seiten des Internet Archives nach dem Prinzip "Topfschlagen unter 13 Promille" tatsächlich einen Treffer ergab - unter den über 150 Milliarden gespeicherten Webseiten befindet sich doch wirklich diese eine aus dem Juni 2007, es ist geradezu verrückt. Und da kann man auch mal sehen, mit welchem Schrott hier wertvoller Cloudspace verrammelt wird, das ist ja absurd.
Nun ist es außerdem ja so: wen interessiert denn im Sommer 2021 wirklich noch ein vierzehn Jahre altes Interview mit Archer Prewitt?
Und Hurra, ich habe die Antwort: es ist mir scheißegal!
Hier ist es, enjoy!
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26.06.2020
2010 - 2019: Das Beste Des Jahrzehnts: The Sea And Cake - Any Day
21.01.2012
2011 #10 - The Sea And Cake °° The Moonlight Butterfly
Meine in früheren Einlassungen zur Karriere von The Sea And Cake geäußerte Ansicht, dass jedes neue Album des Quartetts aus Chicago auch automatisch den nächsten künstlerischen Zenith ihres Schaffens darstellt, erfährt mit "The Moonlight Butterfly" einen kleinen Dämpfer. Was allerdings eher an der Qualität des Vorgängers "Car Alarm" liegt. Also nicht traurig sein, es ist alles gut.
"The Moonlight Butterfly", ihre neunte Veröffentlichung, ist kein vollständiges Album - die Band benötigt für sechs Songs gute 33 Minuten - jedoch das erste Lebenszeichen seit "Car Alarm" aus dem Jahr 2008, sofern man von der Split 7" mit dem kanadischen Kollektiv Broken Social Scene absieht, die im Jahr 2010 in einer kleinen Auflage und im Rahmen einer gemeinsamen US-Tour erschien.
Eine kleine Beichtstunde: ich habe mit jeder neuen The Sea And Cake-Platte zu Beginn meine kleinen Probleme und paradoxerweise resultiert der Grund dafür in die spätere Zuneigung. Hinter dem offenkundig luftigen Bandsound, der selbst die zarte Brise in einem Haus am Strand wie einen Orkan dastehen lässt, stecken subtile Details und verzwickte, dicht geknüpfte Arrangements, durch die man sich erstmal durchhangeln muss. Wenn die Enden dann in der eigenen Hand liegen und man verfolgt, wohin die Pfade führen, lichtet sich der Dunst. Was man dann vor sich hat, ist die entblößte Schönheit einer feingesponnenen, perfekt ausbalancierten Kunst im Breitbandformat. Eine niemals verwelkende Blüte vom besten, was Musik werden kann. "The Moonlight Butterfly" macht in dieser Hinsicht keine Ausnahme.
The Sea And Cake haben auch bei dieser Platte versucht, ihren Sound weiter zu entwickeln. Die Kompositionen sind ausufernder geworden, vielleicht könnte man es es sogar psychedelischer nennen. Die Beweisführung tritt das fast zehnminütige Herzstück "Inn Keeping" an - nicht nur der vielleicht beste Song, den die Band jemals geschrieben hat, er hebt sich in Sachen Aufbau und Struktur von ihrem übrigen Oevre ab und nimmt sich in jeder Phase seines Lebenszyklus viel Zeit und Raum. Dabei blieben die eigentlichen Zutaten des Sounds unverändert: es ist immer noch diese betörende Mischung aus Indie-Pop und Jazz, die mir so unverwechselbar wie nobel den Kopf verdreht und stets die richtigen Knöpfe drückt.
In manchen Situationen ist das schlicht die beste Band der Welt.
Erschienen auf Thrill Jockey, 2011.
28.03.2009
Platz 1
The Sea And Cake - Car Alarm
Es muss Sommer werden, ganz dringend. Meinetwegen tut's auch erstmal der Frühling, aber bitte: dieser Scheißwinter soll sich bitte mal ver....abschieden. Ich muss endlich wieder auf meinem Mikrobalkon sitzen/liegen/stehen/frühstücken/herumnachten und mir dabei zur wärmenden Sonne und zur lauen Sommernacht die schönste Musik um die Ohren wehen lassen, die es für solche Momente zu geben scheint.
Ich hörte mich in den letzten Tagen durch so manches früheres The Sea And Cake-Album und musste in der näheren Auseinandersetzung das ein oder andere zu schroffe Urteil meinerseits revidieren, beispielsweise zur mittlerweile genügend rehabilitierten "One Bedroom" aus dem Jahre 2003, die selbst das graueste Grau eines Montags im März in ein perfektes Kaffeekränzchen an einem Sonntagnachmittag im August verwandeln konnte. Auch in anderer Hinsicht war es gut, sich nochmal eingehender mit der Band zu befassen; die Beobachtung der Weiterentwicklung des Bandsounds und der Arrangements über all die Jahre geriet recht eindrucksvoll und half dabei, das aktuelle, nunmehr achte Studioalbum der Band, entsprechend ein zu sortieren. Und man tut gut daran, "Car Alarm" zunächst etwas losgelöst vom sonstigen Oevre zu betrachten. Wenn Sänger/Gitarrist Sam Prekop schon über den letzten Geniestreich "Everybody" sagte "It's a rock album", dann ist "Car Alarm" zumindest streckenweise mindestens Hardcore. Enorm flüssiger The Sea And Cake-Hardcore, der einem zu Beginn fast unbemerkt durch die Finger rieselt.
Nach Beendigung der letzten Tournee begab sich die Band umgehend an die Arbeiten zu "Car Alarm", und das aus gutem Grund: der Schwung aus den vergangenen Monaten auf der Bühne und die damit bestens geölte Bandmaschinerie sollten unbedingt auf dem folgenden Album im Vordergrund stehen. Man experimentierte mit dieser Kraft und diesem Fluss und hatte in nur drei Monaten ein komplettes Album im Kasten, und der Einfluss dieser Arbeitsweise ist deutlich zu hören. Wenn ich schon über den Vorgänger schrieb, dass "ihr Anspruch, in dem zugegebenermaßen begrenzten stilistischen Rahmen um die Fixpunkte Jazz, Indie und Pop, immer wieder die besten Songs aufzunehmen, die sie zur Zeit in der Lage sind zu schreiben, hier seine Vollendung findet", dann müsste ich mich nicht sonderlich schämen, purzelten mir ein Jahr später diese Worte nochmals aus dem Handgelenk. Auch wenn es diesmal etwas länger als gewohnt dauerte.
"Car Alarm" benötigte tatsächlich mehr Eingewöhnungszeit. Es gab gar Momente, in denen ich Songs wie dem furios lospreschenden Titeltrack ziemlich ratlos gegenüberstand. Oder das synthiepiepsige "Weekend", das mit seiner aufgedrehten Jungbrunnen-Art so gar nicht in den Kontext passen wollte. Erst nach einigen Wochen (und mehrfachen Kopfhörer-Sessions) wuchs "Car Alarm" nicht nur zusammen, sondern auch über sich hinaus: diese Gitarren! Diese unglaublich schönen Gitarren! Dieses Flirren! Dieses traumhaft sichere und souveräne Umschalten in andere Songdimensionen! Diese perlenden Melodietupfer von Archer Prewitt! Und vor allem: dieser Sound! Wie geil kann man klingen? Und wie geil kann man eigentlich zusammen spielen? Das Rhythmus-Duo mit Drummer John McEntire und Bassist Eric Claridge groovt, jazzt und filigranisiert sich durch luftige, federleichte Songnetze, die Gitarren von Prekop und Prewitt setzen darauf in Milimeterarbeit Melodien und Akkorde, die Prekop mit gewohnt leise hauchender Stimme gefühlvoll links oben unter die Latte nagelt.
Es passt: alles. Und wer den immer wiederkehrenden Spruch, dass das gerade aktuelle The Sea And Cake-Album auch automatisch ihr bis dato bestes Werk sei nicht mehr hören kann/will, der höre stattdessen bitteschön "On A Letter", "New Schools" (inklusive Gitarrensolo!), "Window Sills" und "Pages" (!!!!!!!!). Danach dürften sich diesbezügliche Zweifel in Luft aufgelöst haben.
18.02.2008
Platz 2
The Sea And Cake - Everybody
Ich könnte The Sea And Cake gar nicht genug in den Himmel loben. Seitdem ich vor fünf Jahren zum ersten Mal Bekanntschaft mit der Musik des Quartetts machte, sind sie mir mehr als nur ans Herz gewachsen. Meine Einstiegsplatte hieß "Oui" und hatte mit "All The Photos" einen Song an Bord, der künftig stellvertretend für meine Verehrung stand. Nach vier langen Jahren Pause kehrte die Band aus Chicago im Mai dieses Jahres mit einem neuen Album zurück ins Rampenlicht. "Everybody" entpuppte sich nach der üblichen, kurzen Eingewöhnungszeit nicht nur als ungewöhnlich rockige Platte, sie stellt auch nahezu alles in den Schatten, was die Musiker in ihrer an Höhepunken sicher nicht armen Karriere veröffentlichten. Ihr Anspruch, in dem zugegebenermaßen begrenzten stilistischen Rahmen um die Fixpunkte Jazz, Indie und Pop, immer wieder die besten Songs aufzunehmen, die sie zur Zeit in der Lage sind zu schreiben, findet hier seine Vollendung. "Everybody" ist atmosphärisch geradezu beängstigend stimmig und bekam tatsächlich die schönsten, wärmsten, straightesten und zeitgleich vielschichtigsten Songs geschenkt, die je auf einer Sea And Cake Platte zu finden waren. Sänger Sam Prekop, der erneut mit seiner halb-lasziven, halb-schüchternen, gehauchten Stimme zu jeder Sekunde die passenden Worte und Melodien findet, betonte in Interviews zu "Everybody";"It's a rock album.". Was man eben in Sachen Rock von dieser Band erwarten kann.
Als ich kürzlich im Rahmen dieses Countdowns die Scheibe nochmal in den Player schob, um sicher zu gehen, dass ich hier auch bloß keinen Blödmist erzähle, waren Songs wie "Exact to Me" mit seinen perkussiven, afrikanisch-angehauchten Gitarrenfiguren, die laue Sommerabend-Hymne "Middlenight" und der unbeschwerte, lebensfrohe Opener "Up On Crutches" um ein Haar dafür verantwortlich, dass "Everybody" mit meiner eigentlich gesetzten Nummer eins die Plätze tauschte. Mir geht immer das Herz auf, wenn ich diese durch und durch fantastische Platte höre.
Hört mehr The Sea And Cake!
05.04.2010
2000-2009 #17: The Sea And Cake - Car Alarm
Wenn ich meiner in früheren Besprechungen geäußerten Beobachtung folgen will, muss "Car Alarm", das immer noch aktuelle Album von The Sea And Cake aus dem Jahr 2008 in dieser Bestenliste auftauchen - und nicht wie ursprünglich geplant "Everybody" aus dem Jahr 2007. Wann immer eine neue Scheibe der Postrock-Institution aus Chicago erscheint, ist es für mich auch gleichzeitig ihr bis dato bestes Werk, demnach wäre es inkonsequent, nun den Vorgänger zu erwähnen. Aber ich muss schon zugeben: ich habe innerlich den ein oder anderen Ringkampf gerungen.
Trotzdem ist es am Ende eine gute und stimmige Entscheidung, denn das Quartett klingt auf "Car Alarm" so perfekt wie noch nie - und das will was heißen. Natürlich sind auch überragende Songs wie "On A Letter" oder "Pages" gute Argumente für eine entsprechende Auswahl, aber im Grunde hatte auch "Everybody" brilliante Stücke im Gepäck, ich denke da nur an den Opener "Up On Crutches" oder das weich-schummrige "Coconut". Die Nasenlänge, die "Car Alarm" in Sachen Songwriting vorne liegt ist geschenkt, wir sprechen hier von winzigen Nuancen und die Bewertung derselben sind nicht selten tagesformabhängig. Was mich jedoch an "Car Alarm" nach diesmal etwas länger andauernden Eingewöhnungszeit so faszinierte (und mich außerdem bis heute fasziniert) ist wie es ihnen gelang, ihren unverwechselbaren Klang derart tadellos ein zu fangen. Aus produktionstechnischer Sicht ist "Car Alarm" eine Meisterleistung. Die Band schwebt selbst in den etwas ruppigeren Momenten nur so dahin, ist immer bei sich, megakompakt, kommuniziert ohne Unterbrechung miteinander, spielt sich die Bälle zu, nimmt andere auf, immer souverän aber nie abgeklärt, immer präsent aber nie aufdringlich. Ganz wie es ihrer Natur entspricht, vollzieht sich die Weiterentwicklung immer auf subtilstem Niveau, die harten Brüche und naiven Interpretationen überlassen sie anderen. Im Rückblick muss vermutlich die lange Pause zwischen "One Bedroom" (2003) und "Everybody" (2007) als Meilenstein der Sinn- und Soundsuche gefeiert werden. Wo die Frühwerke wie das selbstbetitelte Debut, "Nassau" oder das ebenfalls großartige "Oui" noch von einem spröden Selbstvernachlässiger-Charme getragen wurden, wo nicht selten eine immer leicht scheppernde, verzerrte Indie-Ästhetik im Vordergrund stand, konnte der auf "One Bedroom" geschärfte, aber weitaus elektronischere Ansatz in den vier Jahren bis zum Comeback auf ein Gitarrenkonzept umgesetzt werden. Gitarrist Archer Prewitt gab im Interview, das ich vor drei Jahren mit ihm führen konnte, auch folgerichtig zu, dass er mit der elektronischen Ausrichtung von "One Bedroom" nicht hunderprozentig einverstanden war - aus der Sicht eines Gitarristen, wie er schnell anfügte, weil er eben viel weniger zu spielen hatte als zuvor.
Irgendetwas muss also in diesen vier Jahren geschehen sein. The Sea And Cake klingen seit "Everybody" anders - nennen wir es professioneller, runder, stimmiger. Und die Entwicklung ist für "Car Alarm" nicht abgebrochen, ganz im Gegenteil. Sie schafften den größten Sprung auf den denkbar sublimsten und feinsten Pfaden. "Car Alarm" erstrahlt in Größe.
09.04.2011
The Sea And Cake - The Moonlight Butterfly
Das neue Album trägt den Titel "The Moonlight Butterfly" und enthält insgesamt sechs Stücke:
01 Covers
02 Lyric
03 The Moonlight Butterfly
04 Up on the North Shore
05 Inn Keeping
06 Monday
Und so schaut's aus:
Und so klingt's:
UP ON THE NORTH SHORE (Freier Download von Thrill Jockey)
Der Sommer dürfte alleine damit gerettet sein. Freut Euch - ich freu' mich schließlich auch!
16.09.2012
Meer und Kuchen, revisited
Bevor ich in den kommenden Tagen etwas weiter aushole und eine Handvoll Zeilen über das Werk fallen lasse, habe ich eben entdeckt, dass Drowned In Sound einen vollständigen Albumstream von "Runners" anbieten. Den gilt es nun mit Euch, meinen allerliebsten Lieblingslesern, zu Teilen.
Tasse Kaffee aufbrühen, Fenster auf, Liebe an.
ALBUMSTREAM // THE SEA AND CAKE - RUNNERS
24.02.2013
2012 ° Platz 2 ° The Life And Times - No One Loves You Like I Do
Veröffentlicht auf Hawthorne Street Records, 2012.
25.02.2023
Best Of 2022 ° Platz 19: marine eyes - chamomile
"Sounds as if the vibes from The Sea And Cake's music have an out of body experience under an almond tree in full blossom on the Samoan Islands, right after getting a serious dose of muscle relaxants (life goals, btw!). So peaceful and soothing, you can't help but get lost in it."
03.05.2016
Let's Do This!
"Mal imitiert der Sampler eine springende Schallplatte. Mal wirkt ein Stück allein durch umständliche Titel wie "Yinxianghechengqi". Über weite Strecken fehlen heute die verblüffenden Melodien, und wo früher Stille herrschte, hört man heute magenkrankes Blubbern."
12.11.2011
We Came As Lizards
Nach der Bandgründung im Jahr 2001 und zwei folgenden 7-Inch Singles veröffentlichten Antelope im Jahr 2007 ihr erstes und einziges Album - und konnten durchaus ein bisschen Staub aufwirbeln, im überschaubaren Rahmen zwar, aber man kann es schlechter treffen. "Reflector" ist die geordnete, nüchterne Version der Young Marble Giants und deren "Colossal Youth"-LP. Die Arrangements standen zweifellos monatelang auf dem Herd und sind am Ende des Tages fast bis zur Unkenntlichkeit eingekocht, geschrumpft und derart bröselig, dass ein einziger hinzugefügter Tropfen Wasser sie unweigerlich zum Einsturz bringen würde. Die Drums (HiHat, Snare, Bassdrum, ein Becken - fertig!) tackern den stoischsten Beat seit den frühen Trio und deren "dynamische Inkompetenzen" (Remmler) - sonst nichts. Der Bass ist der Baumeister für ein Haus ohne Wände, dafür sehen die nackten Stahlträger total prima aus. Und die Gitarre sucht händeringend nach Harmonien aus schwarzem Stoff, die die Stahlträger umhüllen können, und überraschenderweise findet sie sie auch. In weniger als 30 Minuten gibt es 10 kleine Songskizzen zu hören, die manchmal geradewegs verstörend spröde und kahl wirken, gleichzeitig aber auf eine ebenfalls verstörende Weise funky, tanzbar und beinahe euphorisch erscheinen. Bei den vollends durchlagenden Harmonien im Titelsong oder im Highlight "Flower", bei dem sogar ein bisschen der Post/Artrock aus Chicago durchschimmert (The Sea And Cake), fällt auf, wie diszipliniert die Band arbeitet. Wenn hier nur ein Ton nicht sitzt, kracht das ganze schöne Arrangement in sich zusammen.
"Reflector" klingt zunächst simpel und es ist eine wunderbare, ruhige Platte mit toller, positiver Ausstrahlung. Aber diese Architektur des Nichts ist alles andere als mal eben mit links auf die Festplatte genagelt. Der Gegensatz aus einer bis zur Komplettverweigerung getriebenen Lässigkeit oder gar Lethargie und der brettharten Aufgeräumtheit, die Konzentration und den Fokus einfordert - das macht "Reflector" zu einer selten schönen Eintagsfliege.
Erschienen auf Dischord, 2007.
27.04.2015
Tour De Vinyl - Köln - 8.4.2015 (II)
"Das was einen guten Händler auszeichnet, ist seine fachliche Kompetenz und sein ahnen von dem was ich mögen könnte. Beratung eben.
Genau das möchte ich wieder tun. Beraten. Das was in den letzten Jahren in meinen vorherigen Läden immer seltener wurde." (Facebook, 11.Januar 2015)
"Der Plattenladen ist nicht tot - er riecht nur etwas komisch." (Flo Zapfhahn)