THE TEA PARTY - THE EDGES OF TWILIGHT
"Jeff Martin lived in a spooky old house in Montreal, grew too fond of mind-altering drugs and claimed that supernatural forces were at work on his mind. He even experienced “yogic flying.”
"The Edges Of Twilight" gilt bis heute unter Fans wie Kritikern gleichermaßen als unumstrittenes Highlight der Band - und das aus durchaus nachvollziehbaren Gründen. Zum einen löste man sich, trotz eindeutiger Bluestracks wie "Drawing Down The Moon", im Allgemeinen etwas von den allzu gegenwärtigen Einflüssen des Blues, was automatisch in eine grundlegende Verjüngung des kompletten Sounds mündete. Zum anderen weitete Songschreiber Jeff Martin die orientalischen und indischen Elemente seiner Musik aus, was dem Trio eine noch mystischere, fast schon esoterische Aura verlieh. Die Hinzunahme exotischer, vornehmlich in Indien verwendeter Instrumente wie Sarod, Santoor, Sitar und Tambura sowie afrikanischer Percussions, insgesamt kamen auf "The Edges Of Twilight" 31 Instrumente zum Einsatz, ergab eine spirituelle, tiefgehende, komplexe und einzigartige Mixtur aus dunklem, riffbasiertem Rock'n'Roll mit weiterhin existenter Led Zeppelin-Klangfarbe und perfekt arrangierter und inszenierter fernöstlicher und afrikanischer Musik, die niemals aufgesetzt wirkte, und die Kritiker außerdem dazu motivierte, die neue Schublade "Moroccan Roll" aufzumachen. Auf dieser Basis zeigten die drei Musiker auch völlig unprätentiös ihre exzellenten musikalischen Fähigkeiten - weniger in der Demonstration filigraner Spieltechnik, sondern im Zusammenspiel, in den feinen Nuancen: Drummer Jeff Burrows und sein monströser Groove und sein kraftstrotzendes, dabei gleichzeitig sehr subtiles Spiel, Bassist und Elektronikfachmann Stuart Chatwood mit Bassläufen, die Mammutbäume zum Zittern bringen würden, Jeff Martin mit den virtuosesten und auf mehreren Ebenen, sorgsam aufgefächerten Soli und Riffkaskaden - "The Edges Of Twilight" darf sich mit Recht den "Klassiker"-Button an die Les Paul pappen lassen.
Martin experimentierte während der Sessions zu diesem, nach einem Kapital in Tom Cowans Roman "Fire in the Head" betitelten Album mit LSD, um zu sehen, wie weit ihn sein Verstand bringen würde und bezeichnet heute das zweite Album als seinen persönlichen Favoriten:“You think about how old we were then, we were 25 years old, and we came up with that record." Und selbst Ed Stasium, der die Platte mit Jeff Martin gemeinsam produzierte - übrigens bis zum späteren "Seven Circles" auch ein Ausnahmefall für die Band, da Martin ansonsten die Zügel immer alleine in der Hand hielt -, malte einen Heiligenschein um das Album:"Ich glaube, daß ich das Album aufgenommen habe, auf das ich gewartet habe, seitdem mir klar wurde, daß man Sounds und Visionen mittels Aufnahmetechnik auf Tonträgern umsetzen kann. Mit THE TEA PARTY zu arbeiten, hat mir neue Einblicke und Hoffnungen gegeben."
"The Edges Of Twilight" erreichte in Australien und im Heimatland Kanada Platinstatus - der Rest der Welt hörte mal wieder nicht so richtig hin.
Erschienen auf Chrysalis, 1995.
P.S.: Wie begehrt die 1995 in Mini-Auflage erschienene Vinylversion dieser Platte auch bei Sammlern ist, ließ sich vor etwa einem halben Jahr gut erkennen, als wie aus dem Nichts Vinyl-Bootlegs von "The Edges Of Twilight" auf Ebay auftauchten und, zumindest in den ersten Auktionen, zu absoluten Mondpreisen über den virtuellen Kassentisch wanderten. Genauer gesagt zu exakt den Preisen, zu denen die Originalversion käuflich zu erwerben ist: ab stolzen 180 bis 200 Euro geht's los, nach oben sind dabei nur wenige Grenzen gesetzt. Dabei ist der Bootleg rein visuell überraschend sauber gearbeitet, wenngleich das (sogar auf Hochglanzpapier gedruckte) Inlay mit Texten und Fotos nur als Einleger fungiert, was gleichzeitig das Erkennungsmerkmal der Fälschung ist. Hinsichtlich des Sounds wird die Luft hingegen sehr schnell sehr dünn, und "dünn" ist hier das Wort der Wahl. Das ist vermutlich das leiseste und fisseligste Mastering aller Zeiten. Wenn man sich an dem wunderbaren Artwork nicht sattsehen will oder kann und darüber hinaus 20 Euro zuviel in der Tasche hat, ist der Kauf durchaus eine Option, wenn man mich fragt. Aber wer fragt mich schon?!