The laughter's all gone
but the memories are mine
Die Stone Temple Pilots hatten besonders zu Beginn ihrer Karriere keinen leichten Stand. Peal Jam, Nirvana, Soundgarden und Alice In Chains hatten das große Mainstreamfeld des Grunge bestellt, auf dem sich goldene Schallplatten im saloppen Vorbeigehen pflücken ließen, und als das Quartett aus San Diego 1992 mit ihrem Debut "Core" praktisch umgehenden großen Erfolg hatte, war die Angriffsfläche der Journaille riesig: eine Imitation des Grunge, Epigonen, Trittbrettfahrer, substanzlose Kopisten. Die Fans ließen sich davon nicht abhalten, die Kapelle bis an die Spitze zu spülen - "Core" ist alleine in den USA über 8 Millionen Mal verkauft worden, der Nachfolger "Purple" schaffte es bis auf die Nummer 1 der US-amerikanischen Billboardcharts, die Singles "Plush" und "Creep" sind in jeder Lebensdiskografie der damaligen Generation einbetoniert. Insgesamt stehen über vierzig Millionen verkaufte Tonträger auf dem Deckel - und Erfolg begünstigt eben Neid. Vor allem in Deutschland waren viele Schreiber, gerade aus der traditionell bestens unsortierten metallischen Ecke, besonders schlau und attackierten die Band wo sie nur konnten. Was die Truppe natürlich gerechtermaßen einen feuchten Dreck interessierte, zumal in Amerika die größten Konzerthallen ausverkauft waren und die Kassen über mehrere Jahre hinweg sehr konstant und in süßesten Tönen klingelten. Ebenfalls gerechtermaßen.
Mich hat die Kritik gleichfalls nie interessiert - es war MEINE Zeit und die Stone Temple Piots begleiteten mich durch die erste Liebe, durch die daraus entstehenden großen Enttäuschungen, durch die Pubertät, in der das Chaos im Schädel regiert, durch die vermeintliche Rebellion. Durch durchgequatschte Nächte mit Freunden, die einem wichtig waren, die Discoabende in der Frankfurter Batschkapp, den ersten Rauchrausch. Die Besetzung des elterlichen Wohnzimmers, das Verschütten eines eigenhändig zusammen gemischten schwarzen Cocktails auf dem cremefarbenen Perserteppich von Mutti, der anschließende Lachkrampf von 12 Freunden. Die Stone Temple Pilots gehörten zu meinem Leben in den neunziger Jahren, in denen im Rückblick alles noch einfacher, unverbrauchter, naiver und unbeschwerter war. Wie eben praktisch alles im Rückblick immer einfacher, unverbrauchter, naiver und unbeschwerter erscheint - nur dass die gelebte und damit vergangene Realität immer eine andere war: gar nicht so hell und fröhlich, nur manchmal bis sogar überaus selten unbeschwert.
Dass es Musik über 20 Jahre nach dieser so bemerkenswerten und prägenden Zeit gelingt, mir das Gefühl einer Unbeschwertheit zurück in die 90qm Businesskasperhausen zurückzuballern, bekommt heute Abend einen bitteren Beigeschmack.
Scott Weiland, Sänger der Stone Temple Pilots und später der Frontmann von Velvet Revolver, ist am vergangenen Donnerstag gestorben. Und wie es schon bei den Heimgängen von Kurt und Layne war, geht damit auch ein Teil meiner Erinnerungen.
Die Helden sterben aus.