18.10.2015

Skyclad - They Were Building A Ruin (Teil 2)




A well cultured vulture feathers his nest
It's a chalet near Aix-en-Provence
The Porche he drives has been paid for with lives


Sänger und Texter Walkyier, der seine Lyrics auf so vielen Ebenen mit Anspielungen, obskuren Verweisen und kunstvollen Wortakrobatiken vollstopfte, so dass sie für einen, der Englisch nicht als Muttersprache im Lebenslauf führt, kaum in Gänze und Wort für Wort zu verstehen sind, hatte als Handicap ein deutlich hörbares Lispeln in der Aussprache, das er später als Stilmittel einsetzte, war kaum 1,65m klein und pflegte vermutlich nicht nur auf der Bühne seine Aura des Underdogs mit einiger Sturheit. Es war eben immer die große, böse Welt gegen den armen, kleinen Martin, aber als Backfisch, der zu spät zu seiner eigenen Pubertät gekommen ist, war ich empfänglich für die sich zeitweise aus der Deckung trauende Opferrhetorik - immerhin war sie schlau, geistreich und mit Humor vorgetragen, und ich hatte außerdem keinen Funken eines Zweifels an Walkyiers Aufrichtigkeit und Ernsthaftigkeit. Die komplette Band war darüber hinaus fast schon schmerzhaft sympathisch und mischte sich nach ihren Auftritten regelmäßig unter die Besucher, hing an der Bar oder am Merchandise-Stand ab und plauderte mit den Fans. Herausragend natürlich Geigerin Georgina Biddle, die für die 1995er Platte "The Silent Whales Of Lunar Sea" zur Band stieß und deren Badewasser der oben genannte Backfisch aus Frankfurt ohne mit dem Herpesbläschen zu zucken glatt mit einem Strohhalm ausgetrunken hätte: eine humorvolle, intelligente, charmante Frau, die mit ihrer unter das Kinn geklemmten Geige und der Frisur von Tingeltangel Bob wie ein Derwisch über die Bühen tobte und dabei die schnellsten Läufe und wildesten Breaks mit links und mit einem großen Grinsen im Gesicht spielte.

Dass Skyclad nie der Durchbruch gelingen sollte, war im Prinzip von Anfang an klar, auch wenn sie mit ihrem Klassiker "Irrational Anthems" aus dem Jahr 1996 zumindest in Deutschland und vor allem in Griechenland zu einer etwas größeren Nummer wurden: mit derlei zu gleichen Teilen angriffslustigen und frustrierten Texten, die bei aller ebenfalls durchscheinenden Selbstironie immer mit dem Finger auf die zeigten, die es aus der Sicht Walkyiers für alle anderen und ihn selbst ruinierten, war kein Mainstream-Staat zu machen. Kory Clarke von Warrior Soul kann darüber auch das ein oder andere Liedchen singen. Es gehört allerdings zur Grundausstattung Walkyiers, dass er es erstens immer weiter versuchte und zweitens nicht müde wurde, das Musikbusiness als Grundübel dieser Welt zu bezeichnen - dass Noise-Labelchef Karl-Uwe Walterbach den kleinen Mann auf Platz 4 seiner "Die schwierigsten Musiker, mit denen ich je zusammenarbeitete"-Liste führt und mit dem Zusatz "Heulsuse" versieht, ist sicher nicht der Tatsache geschuldet, dass Walkyier immer so ein umgänglicher und einsichtiger Typ war.

"You better ask Andy Sneap (ex-Sabbat Gitarrist) here and he knows best what was wrong with Martin. The break-up of the very talented Sabbat with Andy Sneap as songwriter had to do with this unreliable character Martin Walkyier. And it continued later with Skyclad. I'm not a Psychiatrist, I can't explain mad people and their bizarre stories you journalists produce a forum for." (Walterbach)

Aber das sieht der Backfisch a.D. eben mit einer Verspätung von fast 20 Jahren so. Man wächst mental doch noch so ein kleines bisschen, wenn sich das Hirnklima von den allzu schlimmen Hormonverwüstungen erholt.

I'm so tired of living -
Too weary to cry,
Too stubborn to give in -
Curl up and die.
This whole situation has I must confess,
All the tell-tale signs of another fine mess.
(aus "Another Fine Mess", 1995)






....to be continued....

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