FELIX LABAND - DEAF SAFARI
Gewöhnlicherweise haben die Herzallerliebste und meine Wenigkeit nur selten ernsthaftere Auseinandersetzungen über die getroffene Musikwahl. Selbst wenn Herr Dreikommaviernull einen seiner zwar seltenen, aber dafür eben nicht gerade leisen Thrash Metal-Anfälle bekommt, herrscht, sieht man von vereinzelten Giftpfeilen ab, wenn es ganz arg doll schlimm wird, meistens durchaus Verständnis im Wohnzimmer. Bei Felix Labands "Deaf Safari"-Album sieht die Sache überraschenderweise ganz anders aus, und dabei sind wir von Thrash Metal gleich ganze Universen entfernt. Bei Laband zeigten sich die Giftpfeile eher als die berüchtigten 16t Gewichte Monty Pythons.
Ich halte das für eine durchaus gesunde Reaktion auf Musik, jedenfalls ist mir kulturelle Reibung lieber als aalglattes Abnicken und windelweicher Konsum. Für beide letztgenannten Punkte ist der Südafrikaner Felix Laband zumindest auf "Deaf Safari" der falsche Ansprechpartner, aber das liegt weniger an seiner Musik, denn die ist so bunt, künstlerisch, melodisch, blumig und sogar sensibel wie auf dem mittlerweile zehn Jahre alten Vorgänger "Dark Days Exit". Vielleicht sind seine Tracks dieses Mal wegen der satten 4/4 Bassdrum tanzbarer und weniger ätherisch, wofür in erster Linie die verarbeiteten Einflüsse aus dem Kwaito-House verantwortlich sind, einem Musikstil, der sich in den 1990er Jahren entwickelte und zum Symbol für die Veränderungen zwischen den Apartheid- und Post-Apartheid-Generationen wurde. Vielleicht schlägt das die inhaltliche Brücke zu den Vocalloops, die "Deaf Safari" zum Leidwesen der Herzallerliebsten so dominieren und die der Platte soviel Kraft und Energie in die Plattenrillen ritzen: aggressives, schamanisches Gebrabbel und Geschrei, Gebete, Voodoo, Zauberei, Beschwörungen, Verfluchungen bis hin zum Vergewaltigungsbericht aus einer Nachrichtensendung. Es sind diese Gegensätze zwischen einer weitgehend entspannten Musik einerseits und provokanten Stimmen und Texten andererseits, die "Deaf Safari" zu einem inspirierenden und sehr intensiven, manchmal ziemlich unangenehm berührenden Album machen.
In diesem Zusammenhang empfehle ich den Griff zur im Vergleich mit der digitalen Ausgabe etwas gekürzten Vinylversion, die kompakter und ausgewogener erscheint und damit gegebenenfalls die Nerven etwas entlastet. Der Downloadcode liegt bei, daher geht auch nichts verloren.
Erschienen auf Compost Records, 2015.
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