01.01.2021
Die besten Vinyl-Reissues 2020 (4): Jackie McLean - It's Time
Die besten Vinyl-Reissues 2020 (3): Fates Warning - Inside Out
31.12.2020
Die besten Vinyl-Reissues 2020 (2): Trouble - Manic Frustration
Erschienen auf Def American Recordings/Hammerheart Records, 1992/2020.
30.12.2020
Die besten Vinyl-Reissues 2020 (1): June Of 44 - Tropics & Meridians
27.12.2020
"Ich möchte dieses Jahr umtauschen, es ist kaputt.", oder: Fick Dich Weg, 2020!
11.10.2020
Rehab (6): Holy Terror - Guardians Of The Netherworld: A Tribute To Keith Deen
04.10.2020
Rehab (5): Holy Terror - Live Terror
26.09.2020
Rehab (4): Holy Terror - El Revengo
19.09.2020
Rehab (3): Holy Terror - Mind Wars
12.09.2020
Rehab (2): Holy Terror - Terror And Submission
05.09.2020
Rehab (1): Holy Fucking Terror
Wirklich unüberwindbare Momente der Reue habe ich mit den veröffentlichten Beiträgen auf diesem Blog eigentlich nicht. Einerseits gibt's weiß Gott Wichtigeres, mit dem es die Auseinandersetzung lohnt, die innere zumal, zum anderen kann ich inhaltliche, stilistische und sprachliche Defizite auch halbwegs richtig einsortieren und mit einer Wagenladung Feigenblätter auf jugendliche Verbretterung hinweisen - ich war beim Start von 3,40qm immerhin schon 30 Jahre alt und damit praktisch noch mitten in der Pubertät. Wer ohne Blödheit ist, werfe das erste Jamba-Klingelton-Abo, jedenfalls: "It is what it is." (Trump). Und irgendwie stimmt das ja auch. Und ganz nebenbei bin ich wirklich froh über die Editierfunktion.
Ich habe in den vergangenen 13 Jahren oft über Thrash Metal geschrieben, zwei Mal gab es sogar Serien über das in meinen Ohren faszinierendste Subgenre des Heavy Metal: die "Verstaubt & Liegengelassen"-Rubrik etwa beschäftigte sich im Jahr 2009 mit den obskuren und selbst in den Heydays des Thrash unter dem Radar gebliebenen Alben, während "Thrash'n'Spekulatius" meine 20 Lieblingsplatten des Genres auflistete. Beides machte großen Spaß - und wo das gesagt ist, wäre es wirklich mal an der Zeit, die zweite Staffel von "Verstaubt & Liegengelassen" zu planen. Nun ist es jedoch zunächst mal an der Zeit, den ersten Absatz dieses Texts mit dem zweiten zu verknüpfen. Da gibt es nämlich Rede- und Schreibbedarf.
"Hast Du die "Time Does Not Heal" von Dark Angel auf CD?"
und umgehend die Standardantwort erhielt:
"HAHAHAHAHA!"
Es war zu jener Zeit einfach völlig aussichtslos, den Schwanengesang der besten Thrash Metal Band aller Zeiten im Kleinformat zu bekommen (und wer mehr darüber wissen möchte, wird hier versorgt). Weil der Verkäufer offenbar die mir ins Gesicht gestanzte Enttäuschung so mitleiderregend fand und außerdem noch 20 Mark oder wieviel für den Standgebühr-Break Even fällig waren, hielt er mir schnell "Terror & Submission" von Holy Terror unter die Nase, weil es eben genau so laufen muss: die Verzweiflung über den ausgefallenen Konsum muss sofort mit einer neuen Konsummöglichkeit geheilt werden, fight fire with fire, alle fühlen sich gut, Kapitalismus 1, Leben 0, "schöne" Scheiße.
"Wenn du Dark Angel magst, dann musst Du die Platte hier haben. Holy Terror. Die klingen genau so. Kannste blind kaufen. Glaub' mir!"
Und was aus heutiger Sicht völlig absurd erscheint: ich glaubte ihm. Und nahm die Platte mit. Und fand zu Hause heraus, dass Holy Terror so gar nicht nach Dark Angel klangen. Und bis heute nicht klingen.
Und vielleicht war's dieser herbeihalluzinierte Makel, der mich Holy Terror auch in den folgenden Jahren übergehen, wo nicht ignorieren ließ. Denn auch beim wenig später der Sammlung hinzugefügten zweiten Album "Mind Wars" regte sich über das anerkennende Nicken hinaus nur wenig im Frontallappen, der vermutlich noch immer von Dark Angel träumte. Heute weiß ich: Holy Terror sind etwas für Kenner, und ich war "young, dumb and full of cum" (Maher). Es gibt einfach Bands, die begreift man nicht. Sie sind zu seltsam, kratzbürstig, ungewohnt, einzigartig, und selbst, wenn man kulturell Seltsames, Kratzbürstiges, Ungewohntes und Einzigartiges einigermaßen zu schätzen weiß, ist da eine scheinbar undurchdringliche Mauer zwischen Plattenspieler und dem eigenen Kopf, Herz und Bauch - eine Mauer, die durch die ubiquitäre Mittelmäßigkeit und zum Himmel stinkende Normalität der Genrekonkurrenz nicht kleiner, sondern mit jedem redundanten und bis zur Verwahrlosung ausgewalzten Gitarrenriff, mit jeder aus dem Pleistozän gemopsten Gesangslinie, jedem auf rebellisch getrimmten Spießertext aus dem Darkroom der Jungen Liberalen und jedem lustlos hingewichsten Kitschcover und jeder pappigen Kleberesteproduktion aus Donzdorf immer mächtiger und beengender und luftraubender wird.
Ich hielt vor ein paar Jahren zum ersten Mal den "Mottek" (Werner Chibulsky) in der Hand, als ich "Mind Wars" mal wieder auf den Plattenteller legte und ich mich plötzlich Luftgitarre spielend und alle fists raisend auf dem Wohnzimmertisch wiederfand.
Darüber wird nun also zu sprechen sein. Und zu schreiben. Es ist Zeit für eine Rehabilitierung.
"Bleiben sie dran, ich zähl auf sie."
16.08.2020
Das Beste des (eigenen) Jahrzehnts, Teil 2: Blank When Zero - Taped!
BLANK WHEN ZERO - TAPED!
...und damit kommen wir nun tatsächlich zum Ende meiner kleinen Serie über das vergangene Jahrzehnt. Wo Sun Never Sets in tiefer Stasis liegen, ist in der Hütte meiner Band Blank When Zero seit nunmehr elf Jahren das Licht angeknipst, und auch wenn wir ab und zu mal am Dimmer drehen mussten, schaut es nicht so aus, als würde jemand so schnell zum letzten Mal auf den Schalter drücken, der es so richtig dunkel werden lässt.
Ich lernte Simon und Marek zwischen 2007 und 2008 kennen. Zu diesem Zeitpunkt war ich musikalisch auf dem Trockendock; Ende 2005 sah mich ein Proberaum zuletzt von innen - sieht man mal von meinem Gastarrangement bei einer damals sehr gut gebuchten Coverband aus Wiesbaden ab, bei der ich für ein halbes Jahr den mit Stimmbandknoten kämpfenden Sänger ersetzte und jedes Wochenende damit verbrachte, besoffenen Partypiepels die letzten kreativen Zuckungen der Red Hot Chili Peppers unter das Ed Hardy-Shirt zu schummeln. Nun ist es so, dass ich grundlegend versuche, ein freundlicher und offenherziger Mensch zu sein, und ich glaube sogar, dass es mir in den allermeisten Fällen auch gelingt. Allerdings sorgte die Aussicht, mich durch Hunderte von Musikeranzeigen zu wühlen, um sich mit, Pardon: absoluten Vollidioten austauschen zu müssen, für eine bis in tiefste Tiefen reichende zerebrale Verkrampfung mit sehr lebhaft ausgestalteten Gewaltphantasien - und bevor das passiert, macht man doch am liebsten gar nix, lässt sich in die eigene Couch laminieren und hängt das Musikerdasein final an den berühmten Nagel. Ich kann das nicht. Ich will das nicht. Rolläden runter, Vorhänge zuziehen, auf den Boden legen, langsam atmen, sich still vollpissen, wegdämmern.
Und als ich so dämmerte, klingelte das Telefon. Power-Pop, Garage, Indie, Punk - "Hast du Bock?"
Nun, ich hatte Bock und nachdem ein gutes Jahr ins Land zog und es personelle Turbulenzen notwendig machten, sich auch stilistisch neu auszurichten, hoben wir 2009 Blank When Zero aus der Taufe. Schnell, hart und melodisch sollte es sein, immer. Und wenn es das mal nicht mehr sein sollte, falls wir also unseren Drive verlören (sic!), "dann machen wir den Laden dicht", sagten wir damals. Und das sagen wir heute immer noch. Jahre später sollten wir es in einem Interview mit dem Mainzer Studentenmagazin davon sprechen, dass "sorgfältig ausgeschnarchtes Herumgerocke mit Irokesenfrise der Endgegner" sei und angesichts dessen, was nicht erst seit gestern so landläufig als Punk gilt und sich mit dieser handzahmen Komplettrotze plötzlich in riesigen Konzerthallen wiederfindet, müssen wir wohl anerkennen, dass der Endgegner Kapitalismus heißt und grundsätzlich sowohl übellaunig als auch unbesiegbar ist. Außerdem, und das ist das Allerschlimmste: er hat einen unfassbar beschissenen Musikgeschmack.
Über "die Band, die keiner kennt" (Selbstbeschreibung) habe ich auf diesem Blog tatsächlich mehr als nur ein Mal geschrieben, insofern ist die im vorangegangenen Beitrag postulierte Einlassung, nie allzu großen Wirbel ums eigene Kulturschaffen gemacht zu haben, mit einem Körnchen Salz zu bewerten.
In einem Beitrag aus dem Jahr 2016 schrub ich über unsere immer noch aktuelle Platte "Taped!":
"Wir machen seit sieben Jahren zusammen Musik, gehen uns immer noch nicht auf den Sack, sind alle drei gemeinsam der Meinung, dass es wichtig ist, auch weiterhin gemeinsam Musik zu machen, haben diese verführerische Mischung aus einer ruhigen Gelassenheit und einem immer noch durchaus hohen Anspruch an die eigene Musik, und gehen, ohne dass es uns glaube ich wirklich immer präsent und bewusst ist, immer einen kleinen Schritt weiter: hört man beispielsweise unsere ersten Aufnahmen aus dem Jahr 2010 und vergleicht sie mit dem, was wir nun mit "Taped!" aufgenommen haben, dann ist das ziemlich zweifelsfrei immer noch die gleiche Band, aber die Musik hat ebenso wie der Sound ein paar ganz ordentliche Entwicklungssprünge gemacht. Vor allem aber, und das freut mich ganz besonders, sind die Texte und ihre Aussage so eindeutig und klar wie vielleicht noch nie. "Endlosschleife", "Just A Ride" und "Herz & Gefühl" sprechen mir allesamt aus dem Herzen und als zusätzliches Glück tun sie das alle aus unterschiedlichen Blickwinkeln."
...und auch vier Jahre später ist das immer noch alles sehr wahr.
Ich möchte an dieser Stelle nochmals auf das wunderbare Videoreview von Meisterkoch Tillman hinweisen:
09.08.2020
Das Beste des (eigenen) Jahrzehnts: Sun Never Sets - The Absurd
"Ich nehme seit 1998 Platten auf und schreibe seitdem sowohl eigene Texte als auch eigene Musik und es gibt praktisch keine veröffentlichte Song- und Textsammlung, für die ich nicht ohne Zögern einen Atomkrieg anzetteln würde, auf dass dieser selbst ausgedachte Schmonz endlich vaporisiert und also vom Antlitz der Erde getilgt wird."