12.09.2012

Henry and June



JUNE OF 44 - TROPICS AND MERIDIANS

Es ist wie fünfunddreißig Jahre altes Gebäck, wie von Würmern, Käfern und Raupen durchbohrtes Holz, wie frisch gefallener Schnee, wie naive Malerei in Grau. Wer die Schritte leise zelebriert und die Pinselstriche verfolgt, der hört das Knarzen und das Kratzen. Das tumbe Ächzen unter dem Druck der eigenen Existenz im Angesicht der öden Leere, zerfasert und spröde, brechend und spleißend. Ein Königreich für mehr Luft und mehr Raum.

Der Horizont ist einen ganzen Sommer entfernt, ein ganzes Leben gar, aber wenn das Selbst am Boden liegt und das dünn glimmende Feuer von Tristesse und Trauer ausgespuckt wird, schlüpfen wir lieber in die kugelsichere Seifenblase, die nie zerplatzen wird. Sie ist beinahe visionär, wie sie so im Zeitmaschinen-Ping-Pong hin- und hergeprügelt wird, zwischen der vergilbten Druckerschwärze geistiger Verunreinigung und der Lichtgeschwindigkeit vom kalten Rauch populärer Nebelkerzen. Wer hätte sich das je träumen lassen? Der Rückblick in das Chaos als Manifestation von Licht und Struktur. Und dann sieht man sich wieder unvermittelt im gleißenden Schein der Ultramoderne die eigenen, hilflosen Runden drehen. Alles vergessen, alles ersticken und alles begraben, bevor es wieder von vorne beginnen kann. Karma Extraordinaire.

Die freundlichen und sonnigen Zeiten, sie gibt es. Sie erscheinen wie Episoden, wie Kurzfilme: die Harmonie umspielt den Geist, die Augen sind halb geöffnet und eine sanfte Brise kühlt die sonnenwarme Haut. Es duftet nach nach Sonne und Frieden. Wir halten uns im Arm und sind eins. Am besten Tag unseres Lebens. Der Horizont ist ein ganzes Leben entfernt, einen ganzen Sommer, eine große Liebe.

Wir haben keine Chance. Es brodelt. Und es stürmt.



Erschienen auf Quarterstick Records, 1996.

Keine Kommentare: