21.03.2021
Best of 2020 ° Platz 7 ° D.K. - Live At The Edge
17.03.2021
Best of 2020 ° Platz 8 ° Hum - Inlet
13.03.2021
Best of 2020 ° Platz 9 ° Purl - Renovatio
Im vergangenen Jahr beendete ich mein Review zu Purl's "Violante (Lost In A Dream)" mit der an den Erschaffer gerichteten und explizit anerkennenden Botschaft, er, Ludvig Cimbrelius (nebst seiner neun Aliasse, sind wir heute mal verschwenderisch), sei ein "fucking wizard". Seit 2015 kenne ich nun seine Musik, wenn auch nicht allumfassend, dafür ist das Volumen seines Oevres meinen Hör-Realitäten schlicht nicht angepasst, aber sie gehört mittlerweile sicherlich zu jener Musik, die aus meinem Leben nicht mehr wegzudenken ist.
Niemand klingt so wie Purl. Niemand malt solche Bilder aus Klang. Niemand sonst kann mit Tönen Deine Haut streicheln; so als wehe eine warme Brise über den Körper hinweg und verstrubbelt Haare, Herz und Seele. Niemand sonst kann so viele Türen öffnen, so viele lichtdurchflutete Räume schaffen.
"Renovatio" schwebt wie eine weiße Feder in Richtung Sonne und man weiß nie so recht, ob sie angetrieben oder angezogen wird, von Licht, von Liebe, von Freiheit, einer Art Entgrenzung? Oder gar - vom Mangel von all dem? Wenn es ganz besonders dunkel wird, ist schließlich selbst der kleinste Funken, das kaum wahrnehmbare Flackern einer Reflektion, wortwörtlich jetzt: ein Hoffnungsschimmer. Das mag nun selbst für einen wie mich erschütternd trivial sein, aber die bloße Anerkennung eines Mangels, einer Lücke, setzt Mechanismen in Gang, damit diese Lücke geschlossen werden kann. Dafür (und daraus) ist "Renovatio" gemacht: für Einkehr, Entdeckung, Offenbarung, Nacktheit, Fülle, Schönheit, Schutzlosigkeit, Offenheit. Wer sich nicht nur mit dieser Platte, sondern im Grunde mit Ludvigs Gesamtwerk auseinandersetzt, findet all das im transzendentalen Bewusstsein seiner Musik, das so expansiv und verschwenderisch wie demütig und unschuldig ist.
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Dunkelheit ist einfach. Zynismus ist einfach. Profanität ist einfach. Sich aus diesem Kokon des Untergangs zu befreien und seinen stets so verlockenden Rufen zu widerstehen, die Fläche zu verlassen und stattdessen tiefer, in die Vertikalität zu gehen, zu suchen, die Introspektion umzukehren und sie expressiv ins Draußen zu tragen, ist eine Herkulesaufgabe. Ich kann nur erahnen, wie viel Kraft notwendig ist, um diesen süßen Duft dieser ultimativen Freiheit in Tönen zu manifestieren - die Glücksgefühle beim Hören sind dagegen äußerst gegenwärtig.
Erschienen auf Archives, 2020.
09.03.2021
Best of 2020 ° Platz 10 ° Bob Mould - Blue Hearts
06.03.2021
Best of 2020 ° Platz 11 ° Downscope - Nature's Canvas III
27.02.2021
Best of 2020 ° Platz 12 ° Quiet Places - Volume 1
25.02.2021
Best of 2020 ° Platz 13 ° 36 & zakè - Stasis Sounds For Long-Distance Space Travel
Covid-Lockdown-Soundtrack, Teil 1: als im März des letzten Jahres die Situation erstmals so richtig ungemütlich wurde, die Angst das Zepter in die Hand nahm und plötzlich alles aus den Fugen zu laufen schien, war ich emotional in keinem guten Zustand. An meiner eigenen, konkreten Lebensrealität gab es nur wenige wirklich spürbare Veränderungen, aber es machte den Eindruck, als würden die Ängste und Sorgen eines ganzen Landes sich mit den meinen verbinden - und alles wurde gleichzeitig größer und dunkler und unberechenbarer. Die Dynamik aus den Anfangstagen dessen, was gemeinhin unter dem Begriff "Lockdown" bezeichnet wurde, zusammen mit den minütlich auf allen Kanälen abgefeuerten Informationen, sowie die daraus stets wahrnehmbare Verunsicherung, empfand ich als äußerst unangenehm. Mich beeindruckte das sehr, seelisch wie körperlich.
"Stasis Sounds For Long-Distance Space Travel" war (und ist) Klang gewordener Balsam in jener Zeit und es hat den Anschein, als sei diese Musik für genau solche Situationen gemacht worden. Der ursprüngliche Gedanke des Albums, "intended for the listener to embrace moments of stillness, quietude and reflection", neben einem Sci-Fi-Plot mit der Idee der künstlichen Stase, einem Schlafzustand, in dem man sich durch Raum und Zeit bewegt, ohne Raum und Zeit wahrzunehmen, morphte mit der Angst, sich künftig mit den guten Gästehandtüchern den Hintern abzuwischen, denn die kapitalistische Entsolidarisierung macht eben auch vor Scheißhauspapier nicht Halt, in ein kosmisches Hintergrundrauschen, das beruhigte und die Reise ins Innere, "die Reise ans Ende des Verstandes - für viele von uns nur ein Kurzausflug" (Schmidt) tatsächlich mit Zuversicht und Trost untermalen konnte. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis ich das verstand - die kaum wahrnehmbare Schwingung, die minimalistische Dehnung in dieser Musik erscheinen zunächst blass, geglättet, sie fordern prima vista auch keine Emotionalität heraus. Erst über die Zeit erkannte ich die Tiefe in der Repetition, die Zuflucht in der Dürre, die Innigkeit des Nichts.
Es ist überaus bemerkenswert, wie viel Macht Musik haben kann.
Erschienen auf Past Inside The Present, 2020.
21.02.2021
Best of 2020 ° Platz 14 ° GOLD - Recession
15.02.2021
Best of 2020 ° Platz 15 ° bvdub - Ten Times The World Lied
13.02.2021
Best of 2020 ° Platz 16 ° Ignacio Tardieu - Shadow Dancer
Dieser aurale Zaubertrank führt Dich in ein unterirdisches Labyrinth mit 52°C Kerntemperatur und einer Luftfeuchtigkeit von 340%. Hypnose. Dunst. Freiheit. Sex. Der Bass schon beim ersten Schritt so tief, das Zwerchfell wird zum Trampolin. Die Orientierung ist außer Funktion. Roter Alarm.
"Shadow Dancer" ist ein geheimnisvoller Ort. Ebene um Ebene verschluckt es jeden in dieser kilometertief in die Erde gebauten Welt, saugt alles ein, lässt nichts mehr los. Freaks huschen durch schmale, nur von einzelnen Fackeln schwach illuminierten Gänge, es riecht nach verbranntem Holz. An den aufgerauten, porösen Steinwänden flackern tanzende Schatten. Vielleicht schanzen auch tackernde Flatten. Ihre Körper sind unsichtbar, nur ihre Silhouetten bewegen sich zu den tribal-artigen, nie enden wollenden Schlägen und Rhythmen. Sie rufen Dich. Sie rufen Dich. Sie rufen Dich...
...die Welt ist weit weg. Tageslicht hat hier unten niemand gesehen. Schon seit Wochen nicht. Oder waren es Jahre?
Erschienen auf Odrex Music, 2020.