Erstens gilt die "linke Reihe anstellen, jeder nur ein Kreuz"-Regel. Das heißt: von jeder Band findet nur eine ihrer Platten den Weg in die Top 20. Andernfalls könnte ich hier komplette Diskografien unterbringen - und glaubt mir, ich würde es tun. Will ja aber keiner lesen. Was uns zu zwotestens führt. Was nämlich ebenfalls keiner lesen will, sind Reviews über Megadeth. Nachdem Dave Mustaine die Ausfahrt zur Intelligenz, Weitsicht, Empathie und mentaler Gesundheit nicht genommen hat und stattdessen mit Karacho in Richtung Religion, Patriotismus, vielleicht sogar Faschismus und grundlegender bodenloser, strunzdummer Quadratblödheit unterwegs ist, und darüber hinaus seit eh fast 20 Jahren nur noch Scheißplatten macht, gibt's auch von ihm nix weiter zu lesen. "Rust In Peace" hin, "Peace Sells..." her. Ende.
Und jetzt viel Spatz!
Platz 20:
CYCLONE TEMPLE - I HATE THEREFORE I AM
Aus der Asche der Speed Metaller Znöwhite (hervorragendes Album: "Act Of God") erhoben sich Ende der 80er Jahre Cyclone Temple, die gleich mit dem Debut "I Hate Therefore I Am" einen feinen Underground-Klassiker erschufen. Herausragend: das Gitarrenspiel von Greg Fulton, einem überaus talentierten Gitarristen mit der vielleicht akzentuiertesten Anschlagtechnik der gesamten Szene, sowie der Drang der Band, in das komplexe Geschreddere Melodien und Hooklines einzuhäkeln. Cyclone Temple waren weder die härteste noch schnellste Band der Welt, aber sie waren zumindest auf ihrem Debut sehr virtuos - und sehr eigenständig. Der Nachfolger "My Friend Lonely" (1994) ist dagegen mit den hilflosen, aber damals typischen Verweisen in Richtung Pantera ein ziemlich unguter Witz.
Erschienen auf Combat Records, 1991.
Platz 19:
FLOTSAM AND JETSAM - NO PLACE FOR DISGRACE
Diese Platte hatte ich bereits an anderer Stelle lobend erwähnt und ich kann es drehen und wenden, wie ich will: auch wenn Flotsam And Jetsam in ihrer Sturm & Drang-Phase Mitte/Ende der 80er Jahre immer eher dem Speed Metal zuzurechnen waren, müssen die Buben alleine wegen der Qualität ihrer beiden Erstlingswerke hier genannt werden. "No Place For Disgrace" klingt dabei ausgereifter und strukturierter als das forsche Debut und weist trotz des kurz vor den Aufnahmen zu Metallica gewechselten und damit abhanden gekommenen Hauptsongwriters Jason Newsted keinerlei Schwächen im Songwriting auf. Dafür bringen mich Granaten wie "Hard On You", "I Live, You Die" oder der Titelsong auch 25 Jahre nach Veröffentlichung immer noch zur Raserei. Menschen mit einer Allergie für hohe Metalstimmen sollten allerdings Turnschuhe anziehen, in denen sie schnell laufen können.
Erschienen auf Elektra, 1988.
Platz 18:
VIO-LENCE - ETERNAL NIGHTMARE
"Eternal Nightmare" ist eine oftmals übersehene Perle des Genres, gleichzeitig aber auch eine der energiereichsten Aufnahmen aus der Blütezeit des Thrash Metal. Vio-Lence wurden, vor allem in Europa, in erster Linie mit dem zweiten, immerhin auf dem Major Megaforce erschienenen Album "Oppressing The Masses" für einen Sommer bekannt - das Debut ging im direkten Verlgeich stets etwas unter. Die Problemzone der Band ist vor allem Sänger Sean Kilian, der auf "Eternal Nightmare" zwar noch einen guten und originellen Eindruck hinterlässt, auf späteren Alben aber wirklich kaum zu ertragen ist. Die Band haut auf "Eternal Nightmare" jedenfalls ein Wahnsinnsriff nach dem anderen raus und die physisch spürbare Energie der fünf Chaoten (einer von ihnen heißt übrigens Robb Flynn) überträgt sich automatisch auf den Hörer. Und wo die großen Vorbilder Exodus "Good, Friendly, Violent Fun" propagierten, ließen Vio-Lence davon nur "Violent" übrig.
Erschienen auf Megaforce, 1988.
Platz 17:
HEATHEN - VICTIMS OF DECEPTION
Als das zweite Heathen-Album "Victims Of Deception" 1991 erschien, hatte sich der Thrash Metal aus den ruppigen, schnellen, naiven Anfangstagen schon längst zu einem komplexen Groove- und Riffmonstrum wentwickelt - nicht zuletzt beeinflusst durch eine Platte wie Metallicas "...And Justice For All". "Victims Of Deception" ist eine dieser Platten, die jene Entwicklung mit hochverdichteten, überlangen Kompositionen und großen, ausladenden Riffschlachten aufgriff und sogar einen Schritt weiterführte. Alleine die ersten drei Songs rechtfertigen alle Huldigungen, die über diese Scheibe kursieren. "Hypnotized", "Opiate Of The Masses" und "Heathen's Song", jeweils zwischen knappen acht und neuneinhalb Minuten lang, gehören zum Besten, was dieses Genre bislang produziert hat. Schade, dass die 2010 erschienene Comebackscheibe mit patriotischem US-Bullshit kokettiert und darüber hinaus auch klanglich ein aufgeblasener, kaputtkomprimierter, phantasieloser Haufen Mist ist.
Erschienen auf Roadrunner, 1991.
Platz 16:
MORBID SAINT - SPECTRUM OF DEATH
32 Minuten Tod, Hass, Zerstörung und "wahnsinnige Geschwindigkeit" (Lord Helmchen) - "Spectrum Of Death" ist eine der extremsten Thrashplatten aller Zeiten. Ungeheuer roh und wild jagt das Quintett durch sieben SOngs und ein kurzes Intro, als sei Markus Lanz persönlich hinter ihnen her. In so manchem Moment bleibt einem angesichts der schieren Gewalt der Songs nicht mehr viel anders übrig, als laut loszulachen, beispielsweise bei "Scars", der mit über sieben Minuten längste Track der Platte. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: das ist kein lächerliches und kopfloses Gerumpel, die Jungs wussten im Gegensatz zum Produzenten (Eric Greif, Manager von Death) sehr genau, was sie hier tun. Aber die Intensität ihrer Attacken ist so glühend, so verzehrend...da muss man sich ab und zu nochmal daran erinnern, dass das alles nur Musik ist. Eine Platte, vor der man weniger aufgrund kompositorischer Leckerbissen, als vor ihrer Leidenschaft den Hut ziehen muss, und die außerdem wohl 98% der heutigen Plastikmetallerszene heillos überfordert.
Erschienen auf Avanzada Metallica, 1989.