Platz 15:
VOIVOD - KILLING TECHNOLOGY
Wer mich und meine leuchtenden Augen kennt, die immer dann heller strahlen als gewöhnlich, wenn ich über Voivod spreche, der könnte jetzt ungläubig wenigstens eine Augenbraue lüften - nur Platz 15? Und wenn ich jetzt noch sage, dass auch "Killing Technology" ein Wackelkandidat war, ist der Ofen wohl völlig aus. Dabei ist das genau die Platte, die ich im Ohr hatte, als ich vor ein paar Tagen über Schubladen und über "abgefahrenen Scheiß, der nirgendwo reinpasst" schrieb. "Killing Technology" ist wie fast jedes ihrer Alben bis 1997 ein Übergangswerk, das im konkreten Fall aber einer "Art" Thrash Metal definitiv am nächsten kommt. Aber ganz ehrlich: man greift sich schon an die hohle Rübe, wenn man sich diesen offensichtlich wirklich von Außerirdischen ausgedachten chaotischen, funkensprühenden Klangbatzen anhört. Die verarbeiteten Ideen des Vierers alleine im Titelsong reichen für mindestens hundert Indieschnarchkacksackbands, und Piggy...mein Gott, was soll ich noch über Piggy schreiben?! Ich könnte Tage und Wochen damit verbringen, nur seine Gitarrenriffs anzuhören. Was der Junge gespielt hat und wie er die Musik Voivods prägte...er war einfach der Größte.
Erschienen auf Noise Records, 1987.
Platz 14:
TESTAMENT - THE LEGACY
Mir würde heute viel Schlechtes zu Testament einfallen. Die eklige Anbiederung an das unkritische und konservative Metalpublikum, das damit einhergehende Nuclear Blast-Geschwerrl oder die unerträglichen Plastikproduktionen ihrer neueren Studioalben. Aber eine Runde "The Legacy" ist das Gegengift, um all die bösen Gedanken aus dem Fenster zu jagen. Das Debut aus dem Jahr 1987 ist bis heute unangefochten die Nummer 1 ihres Katalogs, denn sie waren nie besser als hier. Die Band aus der berüchtigten Bay Area in San Francisco fuhr schon ab der ersten gespielten Note einen im Grunde bis heute komplett einzigartigen Sound auf, und Leadgitarrist Alex Skolnick blies nicht nur aus technischer Sicht schon im Alter von nur 19 Jahren die gesamte Konkurrenz an die Wand. Er komponierte auch bis heute tadellose Genreklassiker, die mit solch grandiosen Hooklines wie in "Burnt Offerings" oder "Alone In The Dark" gespickt waren. Ich werde nie die Worte meines Bruders vergessen, der sich irgendwann Ende der 80er Jahre angesichts der genialen Twin-Guitar-Strophen von "Burnt Offerings" zu einem "Das geilste Lied der Welt." hinreißen ließ. "The Legacy" ist eine beeindruckende Ansammlung von klassischen, virtuosen Thrash-Ohrwürmern.
Erschienen auf Atlantic, 1987.
Platz 13:
SEPULTURA - ARISE
"Arise" ist das Magnum Opus Sepulturas, und selbst wenn die beiden Nachfolger "Chaos A.D." und "Roots" kommerziell erfolgreicher und vor allem einflussreicher waren als dieser 1991er Abschluss ihrer Thrash-Ära, bleibt "Arise" qualitativ unerreicht. Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens kann eine Thrash-Platte praktisch nicht besser klingen (es gibt eine Ausnahme, aber über die sprechen wir zu einem späteren Zeitpunkt), der Sound von "Arise" ist auch nach 22 Jahren keinen Tag gealtert. Brutzelnd, kraftvoll, ultratransparent und für das Produktionsjahr 1991 mehr als nur eine kleine Sensation. Ein Name: Scott Burns. Wer sonst? Überraschend indes: Andy Wallace besorgte den Mix für "Arise" und setzte zwei Jahre später den Sound von "Chaos A.D." in den Sand. Kann man ja auch mal drüber nachdenken. Zweitens und wenig überraschend sind es die Songs, die als eine Art Blaupause für straffen, kompakten Thrash Metal der zweiten Generation durchgehen könnten. Nicht über Gebühr komplex oder technisch, durch die sich zaghaft zeigenden Elemente des Punk und des Hardcore ist sogar eher das Gegenteil der Fall, aber dafür irrsinnig fokussiert. Auf "Arise" stehen neun todsichere Hits. Und ich erinnere mich auch nach jahrelanger Abstinenz noch an jede einzelne Note, an jedes Break und an (fast) jede Textzeile. Fast. Ich werde ja auch nicht jünger.
Erschienen auf Roadrunner, 1991
Platz 12:
EXODUS - BONDED BY BLOOD
Es gibt nur einen Exodus-Sänger - und der heißt Paul Baloff. An der Stelle könnte ich eigentlich schon zur nächsten Platte springen, denn so irrsinnig viel mehr gibt's nicht zu sagen. Außer: ich bin grundlegend kein großer Freund von Exodus und im Prinzip brauche ich genau zwei ihrer Platten: das Debut "Bonded By Blood", weil es in all seinem naiven Wahnsinn, sowohl textlich als auch musikalisch, die charmanteste Darstellung der damaligen Szene ist, und das 1997er Livealbum "Another Lesson In Violence", weil es die alten, wilden Kracher der ersten beiden Platten in einem erstklassigen, wenn auch böse bearbeiteten Breitwandsound, sowie mit einer unbändigen Energie auffährt. Beide Platten haben eines gemeinsam: der Sänger heißt Paul Baloff. Ich kam nie mit seinen Nachfolgern zurecht, und wenn einer mit USA-Unterhose auf die Bühne geht, ist bei mir sowieso alles aus, aber ich finde das ganz und gar nicht traurig. "Bonded By Blood" und "Another Lesson In Violence" versorgen mich mit allem, was ich brauche. Dass die aktuellen Bandmitglieder zusätzlich unsympathische Sackgesichter sind, die sich auch mal in "Support Our Troops" Shirts ablichten lassen, macht's auch gleich einfacher, auf den aufgeblasenen neuen Kram zu verzichten.
"Heavy must stay together, all others must die." (Paul Baloff).
Erschienen auf Combat, 1985.
Platz 11:
INVOCATOR - WEAVE THE APOCALYPSE
Als das Genre im Grunde schon ziemlich streng müffelte und also seit einigen Jahren im ziemlich tiefen Koma lag, machten sich diese vier Dänen auf, nochmal einen richtigen Meilenstein rauszuhauen - zusammen mit Sacred Reichs "Heal" aus dem Jahr 1995 ist "Weave The Apocalypse" vielleicht das beste Thrash-Album nach 1993. Invocator orientierten sich zu meiner großen Freude an den Spätwerken ihrer großen Vorbilder von Dark Angel und spätestens jetzt dürfen Eingeweihte nervös den virtuellen Notizblock zücken: Riffs! Riffsriffsriffs! Riffs! Doppelriffs! Dreifachriffs! Es ist übrigens kein mentales Problem meinerseits, dass "Weave The Apocalypse" sehr hartnäckig an der Top 10 kratzt: das ist eine sagenhaft gute Platte mit einfallsreichen Songstrukturen ("Breed Of Sin"), Riffmassakern ("Condition Critical") und tonnenschweren Groovern ("Doomed To Be"). Dabei nahmen Invocator eine ähnliche Entwicklung wie viele Bands zu jener Zeit: sie drosselten das Tempo. Woran viele Combos scheiterten und sich mit lahmen und orientierungslosen Alben selbst den Stöpsel aus der Badewanne zogen. Invocator haben nicht vergessen, kompakte und sogar melodische Songs zu schreiben, die trotzdem so unfassabar heavy waren. Hab' ich eigentlich schon erwähnt, wie viele großartige Riffs auf dieser Platte sind?
Erschienen auf Black Mark, 1993.