28.02.2018

Best of 2017 ° Platz 8: Broken Social Scene - Hug Of Thunder



BROKEN SOCIAL SCENE - HUG OF THUNDER


Es folgt: Jammerlappenprosa. 

Eine jener Platten, für die man traurig darüber ist, nicht mehr in seinen Zwanzigern zu sein. Als ich im herbstigen Teil des Jahres 2004 zum ersten Mal "You Forgot It In People" hörte, hatte es signifikanten Einfluss auf mein Lebensgefühl, dort in der urbanen Stadtmitte Wiesbadens und in den Wochenendparties im Club. Als alles Wattemusik, Streifenlabbershirt und ja auch nach all den enttäuschenden Jahren in Blut, Tod und Teufel irgendwie Aufbruch war, mit England und Kanada sowieso. Da gingen Broken Social Scene offensichtlich tiefer, als ich es damals hätte glauben können. Aus der Entfernung von 14 Jahren erscheint das beinahe unwirklich, weil seitdem so viel passiert ist. Manchmal erkenne ich schließlich mein vor drei Monaten gelebtes Leben kaum mehr wieder - und was da gerade nach Koketterie klingt, ist leider viel näher an der Wahrheit, als es mir selbst lieb ist, es zuzugeben. 

Aber ist denn wirklich immer alles nur Romantik? Immer alles nur öde Nostalgie? Die man bei genauerem Hinsehen dann meistens doch als ziemlich traurige Realität eines weniger guten, dafür aber früheren Daseins enttarnen muss? "Hug Of Thunder" ist ein waschechtes Comebackalbum nach sechs Jahren Pause und holt mir satte 14 Jahre Lebenserinnerung in die Gegenwart zurück. Es kribbelt. Fuck it, das ist nicht alles Romantik - das war doch echt! Was auch sonst, wie kann ein Leben nicht echt sein? Keine Traurigkeit, weil man keine 20 mehr ist. Viel mehr Freude darüber, selbst mit den mittlerweile 40 Jahren auf dem rostigen Buckel und darüber hinaus zwischen gefräßiger Lohnarbeit, Leasingfahrzeug und Low-Carb-Diät und im Strudel des Irrsinns liebevoll um sich schlagend, von Musik immer noch derart berührt zu werden. Das sind diese strahlenden Momente, in denen mir klar wird: Zyniker haben so ganz allmählich keine Freude mehr mit mir.




Erschienen auf City Slang, 2017.

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