Platz 15 - TORNADO WALLACE - LONELY PLANET
Knappe 40 Minuten pure Schönheit, Eleganz und Lushness: "Lonely Planet" ist ein mystisch-vernebelter Soundtrack für die Entdeckungsreise auf einer unbewohnten und halb versunkenen Insel im Indischen Ozean. Ich kam im vergangenen Jahr zu keiner anderen Platte so oft zurück wie zu dieser und hörte sie regelmäßig über volle zehn Monate immer und immer wieder. Musikalisch ist das mit so unterschiedlichen Fluchtpunkten aus Synthiepop der 1980er Jahre, bekifften Mittelmeersounds und Einflüssen aus frühen Arbeiten von Grace Jones (mit Sly & Robbie) und sogar den verdammten Dire Straits ein starkes Stück (höre: "Voices"), das sich außer auf der aus 10.000 Fuß wahrnehmbaren Hanfplantage nebst aller erwünschten Nebenwirkungen auf nichts so wirklich festnageln lässt. Alles was zählt ist der filmische Fluss dieser Kompositionen nebst ihren Bildern und ihren Farben. Könnte bald zu einem kleinen Klassiker im Elektro-Underground werden. Ist es am End' ja eh schon.
Erschienen auf Running Back, 2017.
Platz 14 - DEATH MACHINE - COCOON
Der Bandname ist völlig debil und hätte mich Freund Jens nicht auf "Cocoon" aufmerksam gemacht, wäre ich alleine deshalb nicht mal im Traum darauf gekommen, meine schrumpeligen Finger nach dieser Platte auszustrecken. Und sie mussten sich schon ziemlich arg strecken, um in den Besitz der Vinylversion zu kommen; das Heimatland der Death Machine, Dänemark, sollte es schließlich richten. Death Machine haben mir in den zurückliegenden Herbst - und Wintermonaten gerade noch gefehlt, und das meine ich ausnahmsweise völlig unironisch. Ihre im weitesten Sinne dem zurückgezogenen Indiepop zugeneigten Songs sind bittersüß-verstrubbelte Himmelsstürmer zwischen resignierender Verzweiflung und kurzen Blitzen aus Kraft und Stärke, verbinden sich mit anämischem Folk und einem Road Movie Soundtrack vom Wochenendausflug auf der Venus. Ein auf vielen Ebenen außergewöhnliches Werk.
Erschienen auf Gateway Music, 2017.
Platz 13 - THE WAR ON DRUGS - A DEEPER UNDERSTANDING
Ich komme etwa drei Jahre zur spät zur Party, aber das liegt an meiner in Teilen bestens ausgeprägten Soziopathie, denn wo viele Menschen dasselbe Lied singen, springen bei mir für gewöhnlich alle Alarmglocken an. Bei The War On Drugs sangen (und singen) verdammt viele Menschen dasselbe Lied und es brauchte einige Überzeugungsarbeit aus dem Schwäbischen, um mir die Vorurteile zu nehmen. Belohnt wurde die "Arbeit an mir selbst" (Jürgen Fliege) mit einem Album, das mir bis heute einige Rätsel aufgibt: warum sitzt da schon wieder Angelo Sasso am Schlagzeug? Und warum spielt Angelo Sasso keine Becken? Warum hackt Angelo Sasso denn wirklich jeden Uptempo-Song ohne jedes Feeling durch wie ein frisch aus dem Hungerstreik gepellter Mähdrescher? Warum wühlt diese aus einem Haufen Schulterpolster der US-amerikanischen 1980er Jahre zusammengenähte Rockmusik mit dem Bruce Springsteen-Gedächtnisstirnband im schlimm müffelnden Zahnzwischenraum von Bob Dylan herum? Ein Wahnsinn, dass der "jungen Generation" (Peter Altmeier) hier nicht der 3-Liter Kanister Mountain Dew durch die Nase hochkommt. Und warum hat "A Deeper Understanding" trotzdem eine derart überwältigende Anziehungskraft auf mich? Ich weiß es bis heute nicht. Nur eines: hier versammeln sich einige der zweifellos besten und gefühlvollsten Momente des Jahres 2017.
Erschienen auf Atlantic, 2017.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen