PSYCHOTIC WALTZ - MOSQUITO
Mit ihrem dritten Album nahmen Waltz eine musikalische Kurskorrektur vor, und die fiel nicht zu knapp aus. Ich weiß nicht, was zwischen "Into The Everflow" und "Mosquito" passiert ist, aber der Schalter, den die Band ab hier umlegte, war riesig; ich glaube bis heute nicht daran, dass man diese Veränderung noch so mir nichts, dir nichts im Rundordner "Weiterentwicklung" abheften kann. Der Fünfer hatte nunmehr mit der Komplexität seines Debuts und der Tiefe des Nachfolgers nichts mehr am Hut, stattdessen beschränkte er sich auf drei- bis vierminütige ultrakompakte Metalsongs, die weniger progressiv als viel eher psychedelisch und durch die explizit dickflüssige und brutal tiefliegende Produktion des ehemaligen Death und Thrash Metal Produzenten Scott Burns sehr, sehr heavy klangen. Im Rückblick muss "Mosquito" als Übergangsalbum bewertet werden, denn auch wenn die Band mit dem Titeltrack, "Haze One", "Shattered Sky" und "Mindsong" erneut einige Klassiker geschrieben hat, wirken Songs wie "All The Voices", "Only Time" und "Locked Down" unausgereift und orientierungslos. Man hört der Band zwar an, dass sie eine Idee davon hatte, wie ihr künftiger Sound aussehen soll, mit der Umsetzung war sie zu diesem Zeitpunkt offensichtlich noch überfordert.
Stilistisch platzierten sie sich im neuen Soundgewand jedenfalls zielsicher zwischen alle Stühle, was aus diesem Blickwinkel betrachtet für die nächsten Jahre durchaus als Fehlentscheidung betrachtet werden darf. Die Proggies waren angesichts vierminütiger Songs zumindest skeptisch, der Ottonormalmetaller bekam bei mehr als drei Riffs und zwei Breaks pro Song Migräne und die sich 1994 schon längst abschließend formierte Grunge- und Crossovergemeinde rümpfte die Nase und holte das große Schild mit dem damals verbotenen Wort "Metal!" heraus.
Es erscheint vor diesem Hintergrund wenig entgeisternd, dass die Band nach "Mosquito" nicht nur Bassmonster Ward Evans, sondern mit Brian McAlpin auch den so wichtigen Partner an der Seite von Gitarrist Dan Rock verlor. Die jahrelangen, zermürbenden Tourneen, die nicht nur dreistündige Shows, sondern auch keine Day-Offs ausweisen konnten (was die Band bei vollem Bewusstsein zu solch grotesken Himmelfahrtskommandos wie die Strecke Mailand - Hamburg im Klappervan innerhalb eines Tages zwang), waren für den querschnittsgelähmten Gitarristen am Ende einfach zuviel.
Erschienen auf Bullet Proof, 1994.