18.01.2012

2011 #11 - Kangding Ray °° Or


Das verbotene Wort gleich zu Beginn, dann haben wir es hinter uns: monolithisch.

Kangding Ray ist der Architekt, ein Puppenspieler der Statik. Einer, der einen Koloss aus Stahl und Beton über die Idee stellt, mit der im normalen Leben alles beginnt. Die Welt steht Kopf und es wird Zeit, dass der Soundtrack ihr folgt - es ist unwirklich, karg, ätzend. Wir verlieren alles. Die Kommunikation liegt am Boden.

"Or" erhebt sich.

Es scheint, als erschaffe Kangding Ray diese Musik jedes Mal aufs Neue, sobald sie zum Leben erweckt wird, und die Überraschung darüber, dass "Or" bei jedem Abtasten eine andere Richtung einschlägt, wird nicht kleiner. Man ist einfach nie darauf vorbereitet, selbst wenn die Intuition zart die Hand zur Verbrüderung ausstreckt. "Or" zementiert Gebirgsmassive in ein von Kratzern und Splittern unterfüttertes Bild. In der Mitte hohl. Oben und unten Leere. Kein Flackern, keine Verwirbelung. Abstraktion. Sand im Getriebe. Marmelade auf Brot.

Die Beats prasseln in Kaskaden in Richtung unendlicher Horizonte; man spürt förmlich, dass sie ein System entdeckt haben, mit dem sie sich nicht nur eigenständig am Leben halten können, sondern sich zeitgleich  weiterentwickeln und eine geradewegs unheimliche Intelligenz kreieren, unkontrollierbar werden. Ein Trugschluss, denn auch wenn Kangding Ray seine Musik an der langen Leine lässt: er ist die Autorität. Er bestimmt Farbe, Charakter und Struktur, er malt die Risse und Falten, er poliert und modelliert. Alles geschieht am lebenden Objekt. Für den Puls und für die Dunkelheit.

Erschienen auf Raster Noton, 2011.

2011 #12 - Sharon Jones & The Dap-Kings °° Soul Time!


Das Jahr 2011 schrieb so manche Musikergeschichte, die so beeindruckend schön und märchenhaft war, dass es den eher zynischen Zeitgenossen so ganz und gar ausgedacht und unmöglich erscheinen mag. Zumal es gerade beim US-amerikanischen Daptone-Label gleich zwei Mal geschah: nicht nur der großartige Charles Bradley, der es vom James Brown-Double auf die großen Bühnen der bekanntesten Jazzfestivals geschafft hat, auch die 55-jährige Sängerin Sharon Jones erlebt nach Jahrzehnten der Zurückweisung und der Erfolglosigkeit endlich die Sonnenseite des Musikgeschäfts. Mit dabei sind die Dap-Kings, eine bestens geölte und fantastisch aufspielende Band, die bereits Großteile des Amy Winehouse-Albums "Back To Black" einspielte.

Ihr "I Learned The Hard Way"-Album aus dem Jahr 2010 begann plötzlich kommerziell erfolgreich zu sein und, selbst wenn noch nicht durch, dann aber wenigstens an die Decke zu gehen. Wozu der Vorgänger "100 Days, 100 Nights" noch über drei Jahre benötigte, schaffte "I Learned The Hard Way" in glatten vier Monaten: die 100.000 verkauften Einheiten waren geknackt. Die Erfolgsgeschichte in den kommenden Monaten, unter anderem gab es den Ritterschlag von Prince, der die Band zu mehreren Shows als Supportband einlud (und darauf bestand, mit Jones ein Duett zu singen), führte dazu, dass Daptone eilig eine Veröffentlichung nachschieben musste, um das Feuer am Köcheln zu halten. "Soul Time!" ist folglich kein neues Studioalbum mit neuen Songs, sondern eine Zusammenstellung aus Klassikern der furiosen Livesets der Band. 12 Songs, die entweder noch nie auf einem Tonträger oder lediglich auf mittlerweile ausverkauften 7-inch Singles erschienen.

Man kann über das Daptone-Prinzip, wenn's denn überhaupt eines ist, sicherlich das ein oder andere unschöne Wort verlieren: warum man sich in der bloßen Reproduktion eines Sounds oder meinetwegen eines Gefühls suhlt und warum man immer irgendwelche singenden Rentner vor einer Soulband aufstellt, um sich vollends in die musikalische Steinzeit katapultieren zu lassen. Bon. Nun ist "Soul Time!" in diesen berüchtigten Jahrescharts auf Platz 12 gelandet, will sagen: 's is' mir g'rad egal, wie es der Hesse an sich formuliert. Genauso egal übrigens, wie die Tatsache, dass ausgerechnet ein Compilation-Album in meiner Top 20 auftaucht.

In diesen Songs steckt soviel Energie, Musikalität, Tiefe, Liebe, Charme, Kraft und Euphorie, dass es mir die obligatorische Dose Red Bull ersetzt (oder erspart). Außerdem muss ich mir um die Reproduktion des Lebensgefühls der sechziger Jahre keine Gedanken machen: die Sechziger sind mir höchstens durch die auf Fotos dokumentierten Wasserturmfrisuren meiner Mutter ein Begriff. Und was Prince sagt, ist zumindest bei mir und spätestens seit vergangenem Jahr sowieso Gesetz.

Erschienen auf Daptone Records, 2011.

16.01.2012

2011 #13 - Shabazz Palaces °° Black Up


Da draußen fällt uns gerade der Himmel auf den Kopf. Ich habe schon lange nicht mehr gesehen, dass sich die Welt um die Mittagszeit so bedrohlich dunkel und atmosphärisch gedrückt zeigte. Die Depression ist an solchen Tagen ganz bestimmt einen Schritt näher als üblich an mir dran, und ich muss gegensteuern: Räucherstäbchen, Kerze, eine große Tasse Tee. Wohlfühlstimmung. Ein paar Meter neben mir leuchtet noch der Weihnachtsbaum. Ja. okay - so kann ich es aushalten. Vorhänge noch vorziehen, ich will das Elend da draußen nicht sehen. Die Musikwahl ist in der Hinsicht etwas zwischen den Welten - und das überrascht deshalb, weil "Black Up" das windschiefste und undurchdringlichste Album des Jahres ist.

Shabazz Palaces ist in erster Linie die Austobwiese des Rappers Ishmael "Butterfly" Butler, der erstmals 1993 mit einem Album der Digable Planets und einer Fusion aus Jazz und Hip Hop in der Szene landete. Das Trio verschwand mit einem veritablen Flop im Rücken wieder von der Bildfläche. Butterfly tauchte in den letzten Jahren immer wieder mit mehr oder minder kurzlebigen Projekten auf, mit Shabazz Palaces dürfte er sich gemeinsam mit dem Perkussionisten Tendai Maraire und mit Hilfe des aufsehenerregenden "Black Up" etwas länger festbeißen können. Und aufsehenerregend ist das Album nicht nur deshalb, weil sich tatsächlich die alte Grunge- und Fuzzrockschmiede SubPop "Black Up" gekrallt hat, auch die monumental langen Songtitel sind's nicht - es ist das zusammengeprügelte Konstrukt des Hip Hop as you know it, das sich in zerfetzten Beats und ausgefransten Arrangements durch zehn Tracks schleppt. Es ist weniger die Mixtur aus Jazz, Soul, Funk und Hip Hop, die "Black Up" so fremdartig erscheinen lässt; zu einer solcher Melange dürfte so mancher eine Vorstellung haben, wie das wohl klingen mag, und keine Bange, die Abrissbirne ist bereits bestellt. Hier ist kein Stein auf dem anderen.

"Black Up" ist vor allem zu Beginn beinahe unerträglich düster und kaputt. "An Echo From The Hosts That Profess Infinitum" mit seinem furchteinflößenden Chor, der aus den Untiefen verlassener Waldhöhlen wie eine Horde Geister um die Köpfe flitzt und das Blut in den Adern gefrieren lässt. Der Opener "Free Press And Curl" lässt mich auch nach mindestens dreißig Durchläufen noch ratlos dampfend in der Ecke liegen, bevor der erste Sonnenstrahl mit "Are You...Can You...Were You? (Felt) und "A Treatease Dedicated To The Avian Airess From North East Nubis (1000 Questions, 1 Answer)" durch den Vorhang schlüpft. Es gelingt erstmals, die Elemente des Sounds zu deuten, aber die Interpretation ist mir nicht geheuer: "Black Up" bewegt sich auch im weiteren Verlauf vollständig zwischen den Welten. Nahezu zeitgleich lässt sich die Musik einerseits als romantisch, warm, und deep, andererseits als kühl glänzend, futuristisch und bis an die Schmerzgrenze distanziert abbilden. Selbst wenn die B-Seite mit dem Einsatz von lasziven Vocals von Cat Satisfaction und Thee Stasia vom Duo THEESatisfaction etwas an Wärme und Licht gewinnt und auch afrikanische Musik Einzug in das große Genreregister von Butler und Maraire erhält, bleibt sie gleichzeitig abstrakt und dunkel.

Ich behaupte nicht, dass ich "Black Up" verstanden habe, aber mein nickender und manchmal nachdenklicher Kopf entscheiden heute mal für mich. Ausnahmsweise.

Erschienen auf SubPop, 2011

04.01.2012

2011 #14 - Frank Bretschneider - Komet


Nach Bretschneiders einschneidendem "Rhythm"-Album aus dem Jahr 2007 hatte ich den Mitgründer des Raster-Noton Labels ordentlich aus den Augen verloren und ich kann nicht sagen, dass das vollkommen unabsichtlich geschehen ist. Da zeigt sich wieder mein verknotetes Hirn: wenn mich ein Werk so fasziniert, wie es "Rhythm" seinerzeit getan hat (und de facto sogar mit jedem neuen Durchlauf weiterhin tut), dann erwarte ich mittlerweile und folgerichtig einen Abstieg beim Nachfolger. Eine Enttäuschung also, die ich mir ersparen will. Wird man so komisch, wenn man älter wird? Ich kann mich nicht daran erinnern, vor 15 Jahren bereits so gedacht zu haben.

Ich muss in diesem Zusammenhang ebenfalls zugeben, dass ich Bretschneiders neuen Kometen nur deshalb auf die Schliche kam, weil ich etwa zur Jahresmitte 2011 unsagbar große Lust auf frische und coole Technoalben hatte, aber bei meiner Suche nur wenig (=gar nichts) Passendes finden konnte. Das Albumformat im Techno ist ja auch so eine Sache für sich - seitdem sich dieser halbgare Autorentechno ("Ein angesagter Technoproduzent vermeint angesichts seines ersten Albums, Vielseitigkeit demonstrieren zu müssen." - Spex) so windelweich in die Raveköpfe gespielt hat, ist so manch hippe Mogelpackung kaum noch zu ertragen. In meiner Verzweiflung ob der garstigen Suchergebnisse gab ich dem aktuellen "Komet"-Album also seine Chance und war erstaunt: Bretschneiders berüchtigter Pixelsound wurde nicht eingemottet, aber er wurde gepimpt - und zwar ausgehfertig für den Club. Damit hat der Berliner den fragmentarischen Weg seines "EXP"-Projekts aus dem Jahr 2010 zugunsten des Breitbandgrooves verlassen und dickt die skelettartigen Funkblitze mit einem tief pumpenden Rauschebass ein, was Tracks wie "Flutter Flitter" oder "Twisted In The Wind" einen unwiderstehlichen Rhythmus entwickeln lässt - meilenweit vom Minimal-Allerlei seiner Kollegen entfernt. Eine Beobachtung, die von einem Magazin wie dem unsäglichen Musikexpress auch mal ganz lässig erwartbar gewesen wäre, stattdessen erwähnen sie's gleich im berüchtigten Einleitungssatz. Warum besprechen die eigentlich elektronische Musik? Ich schreibe doch auch nichts über usbekischen Gangsta-Folk-Pop.

Frank Bretschneider geht immer noch so brilliant und verschachtelt wie eh und je vor, was es nachwievor höchstinteressant macht, seinen Tunes durch die Nacht zu folgen - auch wenn ich das Erweckungserlebnis von "Rhythm" schon hinter mir habe. "Komet" ist sexy und modern, dabei frei von Kompromissen und ohne jedes Anzeichen eines Ausfallschritts in Richtung des Schlafzimmertechnos. Ich bin wieder - und immer noch: begeistert.

Erschienen auf Shitkatapult, 2011.

02.01.2012

2011 #15 - Tropics - Parodia Flare


Mein mehr oder minder guter Riecher hat mich auch im Jahr 2011 nicht verlassen und das Debut des britischen Multiinstrumentalisten Chris Ward ist ein passendes Beispiel dafür - auch wenn meine Auswahlzeremonie zugegebenermaßen immer mit den Restrisiko spielt, dass ich mir Blödsinn in die Höhle hole. Alleine das Coverartwork von "Parodia Flare" machte mich derart wuschig, dass nur wenige Sekunden des Quasi-Openers "Mouves" ausreichten, um in Richtung der virtuellen Ladentheke zu laufen.

Nach den ersten Umdrehungen auf dem Plattenteller kann ich nur anerkennend die Augenbrauen Limbo tanzen lassen, denn ich bin schwer verknallt: der Tropics Sound ist schwül und extrem relaxed, sehnsüchtig und melancholisch. Ward fokussiert sich auf das gute Leben, auf Schönheit und Licht und auf dieses Reibegefühl, das leichte Wehmut plötzlich ganz nah an die gute Tante Euphorie heranspülen lässt. Die Welt beobachtet durch zusammengekniffene Augen, weil die Sonne so arg blendet. Also bleiben die Augen einfach geschlossen, während uns Tropics mit jeder Sekunde ein Stückchen weiter in die Zwischenwelt gleiten lässt, wo Milch und Honig fließen. Mmmhhmmm, Honig...

"Parodia Flare" flirrt und schwackelt, die stark weichgezeichneten Harmonien und flauschigen Beats schweben fast unbemerkt und regungslos durch die heiße Luft. Beim abschließenden "On The Move" lässt Ward endgültig alle Hüllen fallen: über den dichten Beatteppich tupft nicht nur der Synthie kleine Zwitschertöne in den Wüstensand, hier flickert uns plötzlich auch eine Harfe wie ein bunter Schmetterling um den Kopf. Wird's hier gerade sogar ein bisschen jazzig?

Ein Album, direkt aus einer Traumsequenz geschnippelt, in der Sam Prekop, Brazzavilles David Brown und Kevin Shields die fiepig-qualmende Zeitmaschine ausprobieren und im Jahr 1985 an einem abgelegenen Strand auf Maui landen und gemeinsam ein Gläschen Mineralwasser mit Zitronenfizzelchen einnehmen, bevor sie rosafarbene und fliegende Elefanten zählen. Danach lockt ein Bad in wohltemperiertem Brennesseltee. The good life.


Außerdem beantrage ich hiermit Copyright für das Verb "schwackeln".

Erschienen auf Planet Mu, 2011.

01.01.2012

2011 #16 - Nostalgia 77 °° The Sleepwalking Society



Das vierte Album des Produzenten Benedic Lamdin unter dem Nostalgia 77-Banner ist die diesjährige, eingeköchelte Entsprechung zu Bonobos immer noch faszinierenden "Black Sands"-Outputs aus dem vergangenen Jahr. Darüber hinaus ist es die einzige Scheibe aus dem stilistisch vagen Downbeatnebel, die im Jahr 2011 qualitativ wenigstens im Ansatz "Black Sands" mal kurz "Hallo!" sagen durfte. Jetzt habe ich hiermit einen Vergleich gezogen, der sich eigentlich verbietet, weil Lamdin, betrachtet man "The Sleepwalking Society" etwas genauer, letztlich doch ein jazzigeres und noch zurückgezogeneres, intimeres Feld beackert. Aber, und das hat er mit dem Briten Simon Green gemeinsam, hier sind keine Drumcomputer und Samples am Werk, hier spielen großartige Musiker einen dichten und behaglichen Sound aus Jazz, Funk Soul, Blues und Folk.

Lamdin hat sich für "The Sleepwalking Society" erstmals die Stimme der deutschen Sängerin Josa Peit gesichert, die dem gemächlich schnarrenden Soundtrack die richtige Dosis Eleganz auf der einen und Sexyness auf der anderen Seite hinzufügt. Ihre Stimme hinterlässt bleibenden Eindruck auf den luftigen und beinahe an Kammermusik erinnernden Kompositionen; Peit klingt ausgesprochen selbstbewusst und zieht das Album damit auf eine höhere Ebene. Es ist nicht leicht, solchen Songs den so oft zitierten prägenden Stempel aufzudrücken, Peit meistert diese Aufgabe mit hoch erhobenem Kopf und verblüffender Souveränität. Ihr souliges, ausdrucksstarkes Timbre, das entfernt an ihre Kollegin Bajka erinnert, veredelt  sowohl schleichenden Unterwasserfolk wie "Cherry" oder das unheilvoll schwankende "Sleepwalking", als auch das etwas lebhaftere "Blue Shadows".

Der Höhepunkt von "The Sleepwalking Society" aber ist das knapp neunminütige, instrumentale
"Hush", das gleichfalls auf einer frühen Bohren & Der Club Of Gore-Scheibe gut ausgesehen hätte. Ein sanftes und doch tonnenschweres Samtvorhang-Jazzstück mit einer Melancholie, so tief wie der Mariannengraben. Das klappt sowohl am wochenendlichen Frühstückstisch, als auch zur letzten Tasse Kaffee nachts um 2 Uhr. Zusätzliches Kaufargument: Approved by Herzallerliebste! Spätestens jetzt sollte also alles klar sein.

Erschienen auf Truthoughts, 2011.

31.12.2011

Top Of The Blogs 2011


Wir kommen zum letzten Blogpost des Jahres 2011. Bevor ich mich mit den besten Wünschen in die Feuerzangebowle lege, möchte ich noch auf die diesjährigen Top Of The Blog-Ergebnisse verweisen, die Martin freundlicherweise aus insgesamt 42 Einreichungen zusammengeschraubt hat.

Und äääh, ich lasse die Ergebnisse einfach mal so stehen.

Kommt gut rein, ihr wunderbaren Menschen.

Der Flo

2011 #17 - Ricardo Donoso °° Progress Chance


Verschwommeness is the new Jean Michel Jarre. Und alles, was wir jetzt hier noch brauchen, ist der Mahagoni-Raumteiler (Gewicht: 13 Tonnen), Metaxa in der versteckten Schnapshöhle und Karin-Tietze Ludwig als Fernsehprogrammansagerin für einen Dokumentarfilm in der ARD. Es ist Sonntag der 27.April im Jahr 1986. Irgendwas mit Raumschiffen in Supermärkten oder rote Blutkörperchen in bayrischen Trachtenkostümen, die Kir Royal saufen. Also, die Trachtenkostüme jetzt.

Der gebürtige Brasilianer Ricardo Donoso, mittlerweile fester und wichtiger Bestandteil der Elektronikszene Bostons, hat auf "Progress Chance", trotz seiner Ausbildung als Jazz-Schlagzeuger, nicht nur die Techno-Bassdrum entfernt, er hat auch den Techno entfernt. Dafür nutzt er seinen Synthie heute als Erinnerung an Goa und Trance-Parties aus seiner Jugend und an die "Morning Dance Music", mit der er als Teil der brasilianischen Raveszene in Kontakt kam.

"Progress Chance" ist dunkel und mysteriös. Die Musik atmet leise und langsam, unterirdisch. Sie ist feingliedrig, doch massiv in ihrer Wurzel, sie pulsiert wie eine Herzkammer und pumpt fortwährend neue Bilder und Ideen in die Köpfe. Und sie könnte locker für mehrere Tage in Endlosschleife laufen.

Als ich vor einigen Wochen, nach den ersten Durchläufen, via Twitter darauf aufmerksam machte, dass vor allem die fantastische B-Seite, und dort speziell der Opener "Morning Criminal" klinge, als hätte man Jean Michel Jarre unter Valium gesetzt und an einen Synthie von immensen Ausmaßen gerollt, folgte nur wenige Minuten später die Weiterverbreitung der Mitteilung von Donosos Twitteraccount - offenbar gefiel ihm die Einschätzung. Karin Tietze Ludwig tanzt dazu nackt den Fruchtbarkeitstanz um die Lottokugel, Dieter Thomas Heck badet in Aquavit und wir gucken gemeinsam "Die Phantastische Reise" von 1966. Dazu gibt's Auberginenchips.

Erschienen auf Digitalis, 2011.

30.12.2011

2011 #18 - Jon Porras °° Undercurrent



Der Einstieg mit dem zehnminütigen "Grey Dunes" ist kolossal. Beinahe körperlich spürbar, türmen sich gewaltige Gitarrengebirge über dem Ozean auf, kreiseln kurz vor der Ionosphäre, bevor der Selbstzerstörungsknopf gedrückt wird, auf dass ein reinigender Sturm aus glühendem Gestein und eines verzehrenden Feuers uns beglücken mag. Danach können wir unser kümmerliches Selbst in einem grau-rostigen Kehrblech auflesen - und überraschenderweise liefert der zweite Teil des Openers auch diesen Soundtrack passgenau und frei Haus.

Jon Porras ist eine Hälfte des gleichfalls in diesem Jahr etwas mehr in den Fokus der Noiseszene gerückten Duos Barn Owl, das beim renommierten Thrill Jockey Label unter Vertrag steht. "Undercurrent" ist ein Denkmal für die US-amerikanische Pazifikküste im Nordwesten des Landes, eine Ode an den Nebel und den Dunst. Eine Reihe von unergründlichen, teils gar surrealen Eskapaden einer verzerrten, im Abschlusstrack "Gaze" einer akustischen Gitarre, die manchmal klingen, als kämen sie direkt von einem anderen Stern. Fremdartig, wie "For ARH" eine silber glänzende Fläche ausbreitet, auf der demnächst auch das Raumschiff Galaktika landen kann (und wird!) und wie wahrhaftig "Peering" und "Land's End" ihre Verbundenheit mit dem Meer und der Erde darstellen. Zwischen diesen Gegensätzen, dem Unwirklichen, Fantastischen auf der einen und der Schlichtheit auf der anderen Seite, hat Porras subtile Harmonien der reinsten Schönheit vergraben, die sich unter glitzernder Gischt emporwürmeln.

Es sind die unterschiedlichen Gesichter von "Undercurrent", die mir im Laufe der letzten sieben Monate ans Herz gewachsen sind. Die ausladende, teils gar stürmische A-Seite und die einen Hauch strukturiertere und nachdenklichere B-Seite dieser auf 500 Stück limitierten LP-Pressung zeichnen die Entwicklung der Musik von Jon Porras nach: "Undercurrent" geht von Außen nach Innen. Lässt den Sturm verklingen. Lässt das Meer schlafen. Und kommt an.

Erschienen auf Root Strata, 2011

26.12.2011

2011 #19 - Moholy-Nagy °° Like Mirage



Hauptbahnhof Stuttgart, 22 Uhr. Es ist ziemlich schattig in der Landeshauptstadt, nass noch dazu. Ich habe außer drei oder acht Tassen Kaffee über den ganzen Tag nichts gegessen, dazu kamen stundenlange Telefonate und der ein oder andere Gang aufs Klo war auch noch mit von der Partie. Kurz: ein Tag, um sich mit einer Nagelfeile das linke Bein abzutrennen. Vor mir liegt jetzt noch eine gut zweistündige Zugfahrt mit unserem allerliebsten Reiseunternehmen, das mir in der Nähe von Mannheim tatsächlich noch einen ihrer Kaffeeersatzimitate für vierachtzig oder wieviel anbieten sollte. Großer Gott. Ich kann nicht mehr. Ich will nicht mehr. Ich verbrenne beim Gedanken an ein heißes Bad.

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Es ist goldenes Licht, das durch die Schlitze des Fensterrollos gleitet und auf meine Augen tropft. Ich höre den Wind, es duftet nach blauem Meer, eine einsame Seemöwe kreischt beim Vorüberfliegen. Es ist warm und der Tag haucht mir eine Versprechung nach der anderen ins Ohr. Am Horizont ballt sich die heiße Kraft des Universums zu einem Bündel aus tanzendem Feuer zusammen, die sich langsam erwärmende Luft flirrt über dem dunklen Holzboden und malt sich windende Sinuskurven in ihre Zwischenwelt. Ich lehne mich an den Türrahmen und blinzle in Richtung des Ozeans. Das Schilf wiegt sich sanft in der salzigen Brise und es scheint, als spiegele sich jeder einzelne Sonnenstrahl auf der Wasseroberfläche.

Mein Verstand kapituliert vor dieser Perfektion. 


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"Sehr verehrte Fahrgäste, leider hat dieser Zug eine Verspätung von derzeit 25 Minuten. Wir informieren sie rechtzeitig über ihre Anschlusszüge. Vielen Dank für die Reise mit der deutschen Bahn."

Und draußen zieht Worms vorbei.

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Ich bemerke allmählich, dass ich Probleme habe, auf den Beinen zu bleiben. Es wabbelt auch etwas unter mir. Das ist so ein Moment, in dem man nach kurzer Zeit wahrnimmt, dass das eigene Hirn einen gerade verschaukelt. Ich hätte gestern Abend diese Tangerine Dream Platte nicht rauchen sollen, ich hab's befürchtet.

Dieser mächtige Pianoakkord trifft mich mit voller Wucht. Es fühlt sich an, als wäre mein Blut für 0,3 Nanosekunden, eine übersichtliche Zeitspanne, in ein kochendes Meer verwandelt worden; die Schwingung lässt den gesamten Körper bis in tiefste Auraschichten erzittern. Der Boden gibt nach und ich gleite auf dem Weg nach unten auf einer unsichtbaren Schicht aus Synthiewatte, schwarzen Pianotasten und einem Teppich aus an Gitarrensaiten aufgeknüpften Effektgeräten über das, was eben noch der Ozean war. Immer der Sonne entgegen. Der Raum wird dreidimensional, aber ich kann das Gras wachsen hören. Das Licht wird heller, es wird wärmer. Es wird friedlicher und plötzlich erkenne ich, warum wir hier sind. Wir sollten alle viel mehr...


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"ENDSTATION! AUFWACHEN! HEY! HEEEEY! RAUS JETZT! WIR WOLLEN JETZT ALLE INS BETT!"

Erschienen auf Temporary Residence, 2011.

25.12.2011

2011 #20 - Sleepingdog °° With Our Heads In The Clouds And Our Hearts In The Fields


Dass es das dritte Album der Kollaboration zwischen der belgischen Sängerin Chantal Acda und des Stars Of The Lid-Gitarristen Adam Wiltzie in meine Top 20 des Jahres 2011 geschafft hat, ist bemerkenswert. Für gewöhnlich halte ich mich von all zu süßen Klängen mit Säuselstimmchen und Akustikgitarre nämlich fern und sehe darüber hinaus in den meisten Fällen erst recht davon ab, sie in diesem Rahmen zu diskutieren. In diesem Fall ist alles anders und ich kann nur vermuten, woran es liegen mag.

Ich stieß während des monatlichen Abtastens der potentiellen neuen Mitbewohner in den Mailorders des noch immer unfassbar verrückten Internets eher zufällig auf "With Our Heads In The Clouds And Our Hearts In The Fields" und empfand zunächst das Artwork als sehr ansprechend. In der Folge hörte ich mich durch die kurzen 40-sekündigen Ausschnitte - und hing umgehend am Haken. In den nächsten Wochen und Monaten entwickelte sich gar eine große Sympathie zu diesem Sound, der, nähme man ihn auseinander, überraschend minimalistisch angelegt ist, in der Summe aber eine ganz erstaunliche Tiefe, Wärme und Intimität ausstrahlt. Chantal Acda möchte man instinktiv die Hand halten, wenn sie ihre traumhaften, sensiblen Melodien über das getupfte Piano und Wiltzies umschmeichelnden Gitarrendrones legt wie ein ein Löffel Orangenblütenhonig über ein frisch gebackenes Vanillekipferl fließt. Sie ist der Star dieser Aufnahme, und als solcher wurde sie auch in Position gebracht: es hat den Anschein, als flüstere sie mir direkt ins Ohr. Als halte sie meine Hand, als leite sie mich durch den Wahnsinn des Alltags, als würde sich auf mich achtgeben.

"With Our Heads In The Clouds And Our Hearts In The Fields" ist der Zufluchtsort, wenn die Welt mal wieder mit Untergang droht. Ein Ort der Besinnung, der Gelassenheit und des heilenden Lichts.

Erschienen auf Gizeh, 2011

24.12.2011

Zweitausendelf in Musik



Achtung, Allgemeinplatz: Wahnsinn, wie die Zeit rennt. Ich kann mittlerweile die Warnung älterer Menschen, dass sich nämlich die Wahrnehmung von Zeit im fortschreitenden Alter noch beschleunigt, wenig überraschend bestätigen.

Jetzt sind wir also am Ende von 2011 angekommen und wenngleich es im beinahe abgelaufenen Jahr hier und da auch gesellschaftliches, politisches und frechdumm-polemisches auf diesem Blog zu lesen und hören gab, liegt der Schwerpunkt freilich immer noch auf der Musik. Ich will an dieser Stelle auch nur ungern über die aktuelle Nichtentwicklung in Schloss Bellevue oder Vergleichbares schreiben - ein bisschen Relevanz beanspruche ja selbst ich für 3,40qm. Außerdem ist praktisch Weihnachten und es ist spät und der White Russian schmeckt und ich habe jetzt keine Lust, sauer zu werden. Das endet sowieso alles nur wieder in akuter Schlaflosigkeit.

Wie war das also mit der Musik in 2011? Ich sagte es kürzlich zu einem Freund: ich führe ja immer noch sowas altmodisches wie eine Excelliste, um meine gehorteten Platten aufzulisten (und um mich im Zweifelsfall an die ein oder andere Perle wieder zu erinnern, die im Alltagsdunst zwischen Bürostuhl, Parfumsammlung und Katzenklo aus meinem Schädel geplumpst ist), und ich war wie von den Socken, als ich einen Blick in die Spalte mit den Genres warf. Unter den knapp 60 gekauften Platten, die in 2011 erschienen sind, fanden sich gerade mal vier, die sich im weiteren Sinne im Rock- oder Indie-Kanon einsortieren ließen. Mir ist dieses, nennen wir es mal: Ungleichgewicht im Laufe des Jahres gar nicht aufgefallen, jedenfalls nicht im größeren Rahmen. Aber es ist ein deutlicher Unterschied zu den vorangegangenen Jahren.

Ich weiß noch nicht, was mit dieser Entwicklung anzufangen ist, und vermutlich lautet die Antwort schlicht "Gar nix!", aber ich merke durchaus, dass es schwerer wird, die Neugier zu zügeln und dass es gleichzeitig leichter fällt, Altes hinter sich zu lassen. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: ich brauche nicht jeden Tag die brutalstmögliche Innovation, aber ich brauche genausowenig eine Rockband, die 30 Jahre alte Rockriffs spielt und die anhängenden Klischees bemüht. Und das schreibt einer, der vor gar nicht allzu langer Zeit der 30 oder 300 Jahre alten Rockband Great White einen Altar gebastelt hat. - "Seht nur, diese Stilbrüche!" - Vielleicht räuspert sich so auch nur um meine Angst, nicht zu einem verdammten Althippie zu "amorpheln" (G.Polt), der sich den Spruch "So geil wie früher wird's nie wieder." auf das Stirnband gestickt hat - der allerdings auch 1978 aufgehört hat, neue Musik zu suchen und zu hören. Oder überhaupt zu hören.

Am Ende ist's ja doch alles Kappes.

Beziehungsweise eben nicht: auch im Jahr 2011 gab es beeindruckende Musik von beeindruckenden Menschen zu entdecken und zu hören. Folglich stehen die nächsten Wochen in deren Zeichen: lasst uns sie feiern. Denn was würden wir bloß ohne sie machen?


Und, ganz wichtig, bevor es losgeht: ich wünsche Euch allen friedliche und besinnliche Weihnachtstage. Genießt ein wenig Ruhe, 2012 wird sich wieder bescheuert genug.

17.12.2011

Hybris + Nemesis


NOEL GALLAGHER'S HIGH FLYING BIRDS 

Die Tatsache, dass ich kurz vor dem Niederschreiben der besten Alben des Jahres 2011 über das Solodebut des ehemaligen Oasis-Gitarristen berichte, ist ein mehr oder minder großer Wink mit dem Zaunpfahl. "Nöhl" hat es mit seinen High Flying Birds nicht in meine Top 20 geschafft, trotzdem ist das Album viel wichtiger und vor allem überraschender, als ich es mir je zu Erträumen wagte. Und es hat außerdem in mir etwas ausgelöst, von dem ich dachte, ich würde es auf absehbare Zeit nicht mehr fühlen können. Und Überraschung: ich muss etwas ausholen, um es zu erklären.

Ich war praktisch ab der ersten öffentlich gewordenen Oasis-Single "Live Forever" aus dem Jahr 1993 Oasis-Fan. Ich war damals 16 Jahre alt und ich konnte erst später, wahrscheinlich erst mit voranschreitender Pubertät, erfassen, was mir ihre Musik bedeutete. Gallaghers Kompositionen hatten von Beginn an etwas tragisch-verrücktes in ihrem Kern, eine Art hedonistische Resignation. Seine Melodien waren einerseits melancholisch und brachten die eigenen Selbstzweifel mit sich, andererseits standen sie immer auf dem Gipfel der Welt, sie plusterten sich auf, sie waren larger than life. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang, dass ich mich im Jahr 1995, während der Kursabschlussfahrt meines Abiturjahrgangs nach London, zum Britpop-Klischee auf zwei Beinen verwandelte. Ich war alleine am Picadilly Circus und genoss die Stimmung in der Stadt. Es war schon spät, ich war leicht angetrunken und setzte es mir in den Kopf, einfach Richtung Norden zu Fuß zum Hotel am Euston Square zurück zu laufen. Es war September und der britische Herbst kam täglich spätestens ab 16 Uhr zur Tür herein gestürmt und selbstverständlich begann nach wenigen Minuten Fußmarsch der typische Londoner Nieselregen einzusetzen. Es brauchte noch einige weitere Minuten, und ich hatte mich königlich bescheuert in Soho verlaufen. Und als ich da so leicht angetüdelt herumstand, mir das Wasser von der Nasenspitze tropfte und sich erstmals so ein kleiner Funken Verzweiflung im Hirn ausbreitete, ertönte auf den Kopfhörern meines Walkmans (!) "Slide Away" vom Oasis Debut "Definitely Maybe". Wie ein wärmender Mantel legte sich Noels Anfangsriff um mich, ich atmete tief durch, und obwohl ich mich wenige Sekunden vorher noch wie ein getretener und begossener Pudel fühlte, begann ich zu lachen. Und alles war gut. Ich fand den Weg wenig später wieder und kam zu den Klängen von "Rock'n'Roll Star" am Hotel an, was nach diesem Erlebnis mindestens genauso gut passte.

Um all das ein wenig abzukürzen: ich gehöre auch zu den Menschen, die bis heute der festen Überzeugung sind, dass Gallagher bis zum dritten, schwer verdrogten Oasis-Album "Be Here Now" keinen einzigen schlechten Song schrieb, so eine Art Neal Morse des Britpop. Das Urteil bezieht sich ausdrücklich auch auf die B-Seiten der Band, die seit Anbeginn ihrer Karriere zum Live-Set gehörten und sich qualitativ blind mit den Albumtracks verbrüderten. Das half außerdem dabei, diesen Larger-than-Life-Mythos zu verwurzeln - Gallagher dachte wirklich, er könne gar nicht scheitern. Einen Song wie "Acquiesce" so mir nix dir nix auf eine B-Seite zu packen, das war entweder größenwahnsinnig oder lediglich außerordentlich selbstbewusst. Oder halt beides.

Die folgenden Oasis-Alben, und damit kratzen wir langsam die Kurve zu den High Flying Birds, wenn's recht ist, waren in ihrer Qualität wie eine Buckelpiste, das letzte Werk "Dig Out Your Soul" in dieser Hinsicht die Sauf-Pistenbar ganz weit drunten im Tal. What a fucking shame! Nach dem Split der Band 2009 war ich folgerichtig alles andere als scharf darauf, mir nochmal ein Album von einem der beiden Knallköppe anzuhören, von Kaufen ganz zu schweigen. Und dann kam Noel. Dann kam "Everybody's On The Run", der Opener. Dann kam "Dream On" und die erste Single "If I Had A Gun". Und plötzlich glimmte da etwas in mir. Es fühlte sich verdammt nochmal wie 1995 an, aber es war keine Romantik im Spiel, auch kein wehmütiger Blick zurück.

Gallagher 2011 klingt nicht mehr wie die 1995er Version; vielleicht ist der Hunger über die Zeit der eintrudelnden Millionenschecks etwas auf der Strecke geblieben, vielleicht muss Noel nicht mehr in jedem Atemzug "Ich Boss - Du Nix" ausdampfen, ganz sicher hat er dem Größenwahn produzierenden weißen Pulver abgeschworen. Aber er kennt noch ganz genau die Linie, die das Reich der Hybris und der Nemesis voneinander trennt, er kennt die Ausschweifung und den Absturz. Und er weiß noch genau, wie man beide Welten nicht nur verbindet - sondern auch feiert. Mit viel Pathos. Und mit viel von dem, was Gallagher in einem Interview mal so umschrieb:"That's what pop music is all about: for a guy to look ridiculous and effortlessly cool at the same time, that's what it's all about." Da funktioniert auch sowas albernes wie "(I Wanna Live In A Dream In My) Record Machine" - wenn auch nicht ganz so gut wie das vielleicht vor 15 Jahren geklappt hätte.

Dass vor allem der B-Seite mit dem zu banalen und offensichtlichen "AKA...What A Life" und dem schlicht öden "(Stranded On) The Wrong Beach" etwas die Puste ausgeht, war zu erwarten, ist aber gleichzeitig auch zu verschmerzen, weil die High Flying Birds als Ganzes durchaus beweisen, dass da noch ein Feuer brennt - sowohl in Noel Gallagher, als auch in mir.

Und niemand war darüber mehr überrascht, als der Verfasser dieser paar Zeilen.

Erschienen auf Sour Mash, 2011.