NICE NICE - EXTRA WOW
Astrein auf das falsche Pferd gesetzt. Nach der großartigen Vorabsingle "Sea Waves", die ich kürzlich auf dem Seziertisch hatte, konnte man davon ausgehen, dass sich das Duo Jason Buehler und Mark Shirazi auch auf Albumdistanz etwas handzahmer und poppiger geben würden, aber nix da: schon der Eröffnungstrack "Set And Setting" nagt an den Nervensträngen, ist laut, fauchig und kratzig. Das scheppert wie Hölle und ist fast ein bisschen unangenehm - also schlicht fantastisch.
Darüber hinaus sind auch die übrigen Tracks von "Extra Wow" nicht das, was man gemeinhin als massenkompatibel bezeichnen könnte, genau genommen nicht mal im Ansatz, dafür sorgt alleine der blecherne, unkontrolliert wirkende Sound, der alles dafür tut, dich bloß nicht zu dolle in Sicherheit zu wiegen. Und trotzdem: die Grundsubstanz ihrer Songs ist gar nicht mal so kantig , wie sich das auf das erste Hören anfühlen mag. Der große rote Faden innerhalb ihrer Kompositionen ist allgegenwärtig, er wird nur durch gefühlt hunderte von Layern, Beeps und Glitches ziemlich in Mitleidenschaft gezogen. Selbst wenn sie wie ihn "A Little Love" das Schweben anfangen und auf einem Berg aus mit Metallsplittern verfeinerter rosa Zuckerwatte Tele Tubbies niedermetzeln, achten sie fast überpenibel darauf, bloß nicht zu anschmiegsam zu werden. Nichts von all dem erscheint real, es sind Andeutungen und Reflexe, die das Bild von "Extra Wow" prägen. Kaum greifbar, sind sie im nächsten Augenblick im Off verschwunden, um im selben Moment von neuen Schattierungen und Blitzen ersetzt zu werden. Es ist das unendliche Rad des Wahnsinns, das die beiden mit großer Wucht immer wieder neu anschieben.
Nice Nice sind rast- und ruhelos. Getrieben von der eigenen Kratzbürste, verschwommen dank der eigenen Nebelbank. Hitzig, hektisch, hormonell unausgelastet? Mit diesem Album gehst Du durch Butter wie mit einer Wand, quatsch, "durch einen Elefanten wie durch Marmelade" (G.Polt), jedenfalls: soweit mich die Beruhigsmittel, die Schulterpolster und der Irrsinn obenrum tragen, solange kann ich mit Nice Nice im Fegefeuer tanzen. Super-Sci-Fi-Post-Wave Rabimmel Rabammel Rabumm von zwei offensichtlich Bekloppten.
Es ist prima, aber es strengt an.
Erschienen auf Warp, 2010.
21.09.2010
I'm fucking staaaarving!
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