23.10.2011

Sperrfeuer am Kaffeekränzchen


edIT - CRYING OVER PROS FOR NO REASON

"N'aaaaach, das ist mir jetzt zu zerrissen."

Es war während einer letztjährigen Busfahrt durch das indische Hinterland, auf der Fahrt von Bangalore ins 200 Kilometer entfernte Mysore, als ich meinem britischen Arbeitskollegen zunächst meinen selbstfabrizierten Krach und vor allem die großfantastischen Propagandhi via MP3-Abspielgerät näher brachte, bevor er mir zwei Alben empfahl, die zu wenigstens seinen Lieblingsscheiben gehören. Beide stammen aus ein und demselben Elektrofuddelhirn, jenem des US-amerikanischen Produzenten und DJs Edward Ma, besser bekannt unter seinem Künstlernamen edIT. "Certified Air Raid Material" erschien im Jahr 2007 und hatte einige echte Wahnsinnsmomente zur Folge, als ich bei 30°C, etwa 1300% Luftfeutigkeit und in einem Gefährt, in dem man hierzlande nicht mal einen Sack Kartoffeln spazieren fahren würde, aus Angst, die ein oder andere Knolle könnte auf problematische Weise zu unschönen Druckstellen kommen, durch die dunkle Nacht kutschiert wurde. Ich erinnere mich heute nicht mehr vollständig daran, was letzten Endes blieb war ob der Texte und der leichten, versteckten Macho-Attitüde ein fader Beigeschmack. Zumal "Certified Air Raid Material" schon im Ansatz deutlich mehr im Hip Hop steckt, als der Vorgänger. Was grundlegend nichts Schlechtes sein muss, aber ich bin gegenüber Hip Hop etwas etepetete.

Aber dann kam "Crying Over Pros For No Reason" und hier erledigte sich zunächst mal das Problem hinsichtlich der Texte. Es gibt schlicht keine. edITs Debutalbum erschien im Jahr 2004 und ist bis auf vereinzelte, dubiose Sprachsamples komplett frei von mutmaßlichem Unsinn. Letzteres gilt für mehr als nur eine Ebene. Der Engländer (an sich) würde wohl "This is serious shit!" dazu sagen und ich antwortete mit einem saftigen "Hell Yeah". Mir fiel es just in den letzten Tagen wie Schuppen von den Boxershorts: sie kratzen vielleicht am Anfang ein bisschen, "aber später will man gar nicht mehr raus."(Garth Algar). Die Platte mag auf den ersten Blick nicht das sein, was gemeinhin unter "leichtverdaulich" oder "komplikationslos" verstanden werden dürfte. Die Lücke zwischen ihren zwei zentralen Elementen, anschmiegsame, flächige und melodisch sorgsam ausgearbeitete Wohlklänge zum einen und harte Beats, alles zerschneidende Clicks und die Harmonie durchschneidende Brüche auf der anderen Seite sind zunächst zu groß und wer den Song hinter den ganzen Cuts nicht sieht, wird eh auf dem falschen Fuß erwischt. Ähnlich erging es mir zu Beginn. Ich war eingenommen von der Zartheit und Zerbrechlichkeit der Soundscapes, aber ich war gleichzeitig irritiert von dieser mutwilligen Zerstörung.

Und nun hat es endlich "Bim-Bam" gemacht. edIT, unter anderem auch Mitglied der in Los Angeles-beheimateten Band The Glitch Mob, hat mit Elementen des Hip Hop, aus Teilen des Ambients und der elektronischen Musik ein Album zusammengepuzzelt, das in Sachen Perfektion fast an die Irren von Autechre heranreicht, dabei aber deutlich beatlastiger und schmutziger, aber gleichzeitig auch aufgräumter und fokussierter erscheint.

Ich finde es immer noch schwierig, in der richtigen Stimmung zu sein, um "Crying Over Pros For No Reason" wirklich genießen zu können, aber wenn's denn mal soweit ist, trifft es mich wie ein Blitz und ich erkenne: das ist fantastischer Kram.

Noch ein Wort zur Verbreitung, weil's dann doch überrascht: die CDs (!) der "Crying Over Pros For No Reason" und "Certified Air Raid Material"-Alben gibt's entweder gar nicht mehr (!!), oder für einen schlappen dreistelligen (!!!) Eurobetrag. Irgendwas läuft hier echt ziemlich schief. Wie dem auch sei, dann kauf' halt die doofen MP3s...

Erschienen auf Planet-Mu, 2004.

03.10.2011

Fast richtige Wikipedia-Artikel (2)

"Michelle Bachmann besitzt ein zentrales Nervensystem bzw. ein diffuses Nervennetz, jedoch konnte noch kein Organ identifiziert werden, das man als Gehirn bezeichnen könnte."

02.10.2011

Newermind

VARIOUS ARTISTS - NEWERMIND

Es ist nicht so, dass ich keinen Grund hätte, über Nirvanas "Nevermind" zu schreiben. Nachdem die Elogen zum zwanzigjährigen Jubiläum im Spiegel, in der TAZ, in der Süddeutschen sowie im Metzgerfachblatt "Tanz, Du Sau!" an uns vorbeigezogen sind, natürlich immer mit einer kaum bis extrem stark auffälligen Vermischung von redaktionellem Inhalt ("Sprachrohr einer Generation", "Verzweiflung", "So jung kommen wir nicht mehr zusammen!") mit plump und clever platzierter Werbung ("DIE DICKE JUBILÄUMSBOX ZUM JUBILÄUM! JUBILÄUM! JUBILÄUM! NUR 800 EURO! JUBILÄUM!"), könnte ich ja mal so tun, als ob sich irgendeine alte Sau noch dafür interessiert, was ich über "Nevermind" zu sagen hätte. Das Problem ist jedoch, dass ich mich nach zwanzig Jahren selbst nicht mehr dafür interessiere, wie ich über "Nevermind" denke.

"Nevermind" ist längst in meinen Knochen verbaut. Ich muss das nicht mehr mit allen verfügbaren Floskeln analysieren, zumal niemand, der die Explosion (zuerst) und die Implosion (später) live und in Farbe miterlebte, es jemals analysieren wollte. Es war einfach da, und es war überwältigend. Und das war mehr als ausreichend. Wir wären vermutlich alle wahnsinnig geworden, hätten wir wie vom Teufel getrieben unsere Gedanken und Gefühle reflektieren und erklären müssen. Es fühlt sich falsch an, über "Nevermind" heute noch mehr Worte zu verlieren.

Was allerdings durchaus klappt: ein Song-für-Song Live-Review des "Newermind" Tributalbums vom SPIN-Magazin.

Den Download findet ihr HIER


MEAT PUPPETS
"Smells Like Teen Spirit"


Der halbwegs erfahrene 90er Jahre Alternative-Fan könnte hinter eine Nirvana-Coverversion der Meat Puppets wohl einen Haken setzen, ohne auch nur einen Ton davon gehört zu haben. Und so kann man sich täuschen: die Kirkwood-Brüder igeln sich unter dem Druck der zugegebenermaßen schwierigen Songauswahl ein und brechen saft- und kraftlos zusammen. Ratlosigkeit schon nach knappen fünf Minuten. Das geht ja gut los.

BUTCH WALKER & THE BLACK WIDOWS
"In Bloom"


Die hauen tatsächlich eine knallbunte, beschwingte und sonnige Indiepop-Version raus. Einfach so. Tsehe! Der Mann von heute trägt dazu einen 50-Tage-Bart, eine Latzhose und einen Strohhut. Als Duft wählt er "Harte Arbeit auf dem Feld und Wasser ist mir fremd", dazu gibt's einen Löwenzahn-Knoblauch-Tee. Das ist super, ich bin Fan.


MIDNIGHT JUGGERNAUTS
"Come As You Are"


Die Chipmunks lassen sich neuerdings auch ein Holzfällerhemd stehen. Und ich meine nicht Scott Stapp. Diese Elektronikfummler aus Melbourne setzen sich mit einem Space Shuttle ins Weltall ab und schweben an funkelnden Sternen (Zimt, Kokos) vorbei. Problem: die Reise dauert mir definitiv zu lange und ich habe außerdem Höhenangst. Grundsätzlich schöne Idee, aber ich beginne mich zu langweilen. Jetzt schon.


TITUS ANDRONICUS
"Breed"


Huppsi! Die Quasi-Punkrock-Stylos halten sich sehr eng an das Original - und fahren damit gar nicht so schlecht. Eine ordentliche Wand aus Bass, Bass und einem Spritzer Bass, dazu noch etwas Muskeln aus und auf dem Gesangschor ans kreisrunde Riffing genagelt - fertig ist die Kopie. Nicht besonders kreativ, aber hey - funktioniert! "No small mercies these days."(L.Turin)


THE VASELINES
"Lithium"


Kurt hätte sich vielleicht bis über alle Maßen geehrt gefühlt, dass die Vaselines einen seiner Songs covern - etwas, das die beiden Schotten jahrelang kategorisch ausschlossen. Jetzt spielten sie schlussendlich doch mit - und hätten es von mir aus auch lassen können. Ein sakraler Orgel-Fistelvoice-Langweiler, so spannend wie tiefgefrorene Dosenravioli. Warum macht man sowas?


AMANDA PALMER
"Polly"


Palmers Amanda besuchte den VHS-Kurs "Wie soll man "Polly" covern, ohne dabei zu verlieren (Würde, Ehre, Klingelbeutel)?" und hat nicht schlecht aufgepasst: Ihre Version hat etwas geheimnisvolles und furchteinflößendes, was ja zum Text so schlecht nicht passt. Ich werde das vermutlich nie wieder hören, aber das hat sie gut gemacht. Wenn ich es mir recht überlege, hat sie es sogar sehr gut gemacht.


SURFER BLOOD
"Territorial Pissings"


Originalversion, Teil 2: die Blutsurfer (aus dramaturgischen Gründen frei übersetzt) spielen "Territorial Pissings" nach, die Aufnahme kostete etwa soviel wie ein ÖPNV-Fahrkarte von Stuttgart HBF nach Bietigheim-Bissingen. Kann man machen, man kann sich aber auch was Schönes einfallen lassen. So was anderes. Was anderes Schönes.


FOXY SHAZAM
"Drain You"


Spätestens jetzt beginnt auf "Nevermind" der wenig abgenudelte Teil der Platte, mit also Songs, die man nicht blind und betrunken auf einem Xylophon nachspielen könnte (First Take!). Foxy Shazam machen aus "Drain You" eine durchgeknallte "Bohemian Rhapsody"-trifft-auf-die-Tequila-Blasehasen"-Version. Das war beim ersten Durchgang, äh...nennen wir es gewöhnungsbedürftig. Also ganz schön kacke. Mittlerweile ist es zu einem prächtigen Pimmelwurz gewachsen. Wenn der Yeti onaniert hört er diesen Track.


JESSICA LEA MAYFIELD
"Lounge Act"


Das Original ist mein heimlicher Lieblingssong auf "Nevermind" und da spitze ich mal extra streng die Ohren. Jessicas "Lounge Act" schlurft müde durch eine verlassene Stadt, es ist dunkel, und eine leicht neben der Spur liegende Stimme aus Monthy Pythons Mäuseorgel durchschneidet sanft Stromkabel am Aquädukt. Wenn Scarlett Johannson wenigstens ansatzweise so singen könnte - ich würde mir ihr Tom Waits-Coveralbum sogar ohne die sonst üblichen schweren neurologischen Ausfälle anhören können.


CHARLES BRADLEY & THE MENAHAN STREET BAND
"Stay Away"


Krass. Und das auf vielen Ebenen. Erstens: die Version des wiedergeborenen James Brown ist das beste Cover dieser Compilation. Zwotens: es verwundert nicht, sein "No Time For Dreaming"-Album ist schon eine Wucht in Soul-Tüten. Das geht einfach in einer Linie so weiter, ein glatter Durchschuss. Drittens: ich habe den Song nicht erkannt. Ich musste mir tatsächlich nochmal "Nevermind" auflegen und hören, wie "Stay Away" klingt. So kirre hat mich der Scheiß gemacht. Groß!


TELEKINESIS
"On a Plain"


Originalversion, Teil 3. Sind wir nicht alle Schwiegermütter? Michael Benjamin Lerner wäre unser aller Liebling. Guter, sauberer Spaß. Fühle mich gerade wie 1994. Verfluchte Axt. Ach, stimmt gar nicht, eher wie 1990. Lemonheads, Weltmeister, Pickel im Schritt. Und sowas halt.

JEFF THE BROTHERHOOD
"Something in the Way"


Erinnert entfernt an die legendären Nirvana-Liveversionen, ist aber am Ende nur eine ziemlich ungut klingende Studioaufnahme fast komplett ohne einen Funken Intensität. Dass die angeblichen Doomjünger am Ende ein verschwirbeltes Gitarrengebratze anhängen ist zwar charmant, aber mir fällt gerade kein Grund an, warum ich das nochmal hören sollte. Vielleicht beim Staubsaugen.


EMA
"Endless Nameless"


EMA bekommt die gelbgetönte Butch Vig-Sonnenbrille für den engagierten Zweitplatzierten überreicht. Ich bin ja grundlegend großer Freund der beiden Nirvana Reprise-Songs - "Endless Nameless" auf "Nevermind", sowie "Gallons Of Rubbing Alcohol Flow Through The Strip" auf "In Utero". Dieser Krach, dieser Lärm. Diese Freiheit. Diese Kraft. Viel davon erkenne ich in dieser Version wieder. Bratziger Feedback-Schnarz mit Chaos, Wut und Rebellion in jeder Note. Ich kenne EMAs sonstige Werke nicht, aber ich könnte wetten, dass er eigentlich so rebellisch wie 'ne Fußmatte ist. Was er dann immerhin mit mir gemeinsam hätte, und ich stehe auf Gemeinsamkeiten.


Famous last words: Ich weiß nicht, wem es nützt. Aber wer vielleicht ein letztes Mal hinter seine Songs und diese Wand aus Gitarren und einem donnernden Schlagzeug blicken will, der kann selbst in schwachen Momenten dieser Zusammenstellung viele beeindruckende und verbindende Elemente in "Nevermind" finden, die jede Veränderung und jede Lage aushalten. Eine Art universeller Aura, die in jedem Song mit glühender Leidenschaft erstrahlt.

Ich schalte die Floskelmaschine jetzt auch aus, is' ja schon gut.

01.10.2011

"God damn, we stole PUNK from black people, too?!"

DEATH - ...FOR THE WHOLE WORLD TO SEE

Schon der Einstieg, die ersten Sekunden des Openers "Keep On Knocking", eignet sich für das erste zaghafte Ausflippen: Jimi Hendrix hat bei den Stooges gespielt. Jetzt ist's raus. Und King's X-Sänger und Bassist Doug Pinnick hat schon 1974 in einer afro-amerikanischen Punkband gespielt. Tjaha! Wenigstens macht sein Alter jetzt Sinn, aber...warum weiß ich davon nichts?
Und noch schlimmer: warum wisst ihr nichts davon?

Wir reden bei Death selbstredend nicht von der gleichnamigen und mittlerweile nicht mehr existenten Death Metal Band aus Florida, sondern von den drei Brüdern Bobby Hackney (Bass, Gesang), Dannis Hackney (Schlagzeug) und David Hackney (Gitarre), die 1974 in ein Studio in Detroit spazierten, um unter der Leitung von Jim Vitti insgesamt zwölf Songs für ihr Debutalbum auf dem Label Groovesville Productions einzuspielen. Dessen Inhaber, Don Davis, reichte zu jener Zeit ein paar Demotracks an befreundete Labelmanager herum, und Clive Davis von Columbia Records hatte kurz darauf angebissen. Da war sie also, die Chance auf einen großen Deal. Der Haken: Davis wollte, dass sich die Hackneys einen anderen Namen für ihre Band aussuchten, Death sei nun wirklich nicht so irrsinnig verkaufsfördernd. Gitarrist David stellte sich stur, sah sich in seiner künstlerischen Freiheit eingeschränkt und lehnte vehement ab. Death würden ihren Namen auf keinen Fall ändern. Als Ergebnis nahm man statt der geplanten 12 Tracks nur 7 auf - und jene wanderten umgehend in einen Labeltresor. In dem sie die nächsten 35 Jahre herumlagen. Death verschwanden von der Bildfläche und gingen durch die Mitte der siebziger Jahre einsetzende Disco-Welle unter. Und alles, was sie hatten, war eine auf 500 Stück limitierte Single mit den beiden Tracks "Politician In My Eyes" und "Keep On Knocking". Dass die Bad Brains übrigens diese Single solange auf ihrem Plattenteller rotieren ließen, bis sie jede Note in ihre DNA aufgenommen hatten, ist hierbei übrigens bloß ein Gerücht.

2009 veröffentlichte das Drag City Label die sieben aufgenommenen Songs unter dem Titel "For The Whole World To See" erstmalig auf LP und CD. Das weiter oben erwähnte "Keep On Knocking" wurde mir einige Tage vor der offiziellen Veröffentlichung als erster Song unter die Nase gerieben, und ich wurde tatsächlich recht umgehend ziemlich wuschig: eine rauhe, krachige, laute Produktion, ein durch Funk- und Soul-Elemente zersägter Protopunk mit tadelloser Energie. Kein außer Kontrolle geratener, schmutziger Garagenrock der MC5 oder gar der Stooges - Death waren äußerst akurat, dabei völlig uneingebildet lässig und cool. Und auch wenn nicht jeder der sieben Songs auf meinen Lieblingslisten landen wird, das zähe und leicht psychedelische "Let The World Turn" fällt mit seinen sehr ruhigen Parts ziemlich aus der Reihe: "For The Whole World To See" hat mindestens vier todsichere Klassiker im Köcher. Und einen dieser Klassiker möchte ich besonders herausstellen: "Politicians In My Eyes" ist der goße Moment dieser Platte. Hymnisch, mit toller Schlagzeug- und Gitarrenarbeit, treibend, gefährlich - für knapp sechs Minuten jammt sich das Trio in einen wahren Rausch.

In einem launigen und tragisch-glücklichen Interview mit dem Nackedei-Magazin Suicide Girls erzählen Bobby und Dannis (Gitarrist David starb im Jahr 2000 an Lungenkrebs) von dem Erlebnis als ihre eigenen Kinder die vermeintlich vergessen Musik ihrer Eltern auf einer Party in Kalifornien hörten und das möchte ich Euch nicht vorenthalten:

"Well, he [Bobbys Sohn] called me up and he said, "Hey Dad, did you know these people are groovin' to your music at these underground parties? Every time they play you, the crowd goes wild, and people just rush the dance floor." I'm like, "What are you talking about? Lambsbread?[die später gegründete Reggaeband der Brüder]" I thought he was talking about our reggae band, you know? He was like, "No, Dad, you were in a band in the '70's called Death." And then I got a little quiet ... [laughs] It was just kind of a shock for us to find this out."

Erschienen auf Drag City, 2009


P.S.: Drag City veröffentlichten im Jahr 2011 mit "Spiritual • Mental • Physical" eine Compilation aus Demos und Session-Outtakes.

24.09.2011

In eigener Sache - Blank When Zero


Unser kleines Punkrocktrio plant für Ende Oktober/Anfang November eine kleine Release-Party-Tournee durch die Rattenlöcher der Republik - und sucht noch zwei Auftrittsmöglichkeiten für Samstag, 29.10. und Sonntag, 30.10.2011.

Alles, was wir brauchen: eine Bühne, eine halbe Stunde Zeit, eine Band, an die wir uns ranzecken können und eine Handvoll Spritgeld.

Wenn Euch etwas einfällt, wo und mit wem wir auf die Bretter steigen können, dann meldet euch bitte entweder in den Kommentaren, schickt eine Mail an dreikommaviernull[at]yahoo[dot]com, oder kontaktiert uns via Facebook.


Die bisherigen Termine:

28.10.2011 Frankfurt, tba.
29.10.2011 tba.
30.10.2011 tba.
31.10.2011 Köln, Sonic Ballroom

Was mich gleich zum zweiten Teil dieses Blogposts führt: unsere neue Homepage ist online.

BLANK WHEN ZERO

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

19.09.2011

Kellerleichen

GREAT WHITE - CAN'T GET THERE FROM HERE


Gäbe es regelmäßige Treffen der anonymen Great White-Fans – ich würde meinen Jahresbeitrag wohl für die nächsten 20 Jahre auf einen Schlag überweisen. Man verzeihe mir die reißerische Eröffnung, und bei Licht betrachtet, ist es ja auch totaler Kappes: ich habe aus meiner Verehrung gegenüber dem kalifornischen Bluesrock-Quintett niemals wirklich einen Hehl gemacht, ernte bei entsprechendem Bekenntnis dennoch immer wieder Reaktionen, die mit "verstörend " noch recht liebevoll umschrieben sind. 


 Great White starteten ihre äußerst wechselhafte Karriere Anfang/Mitte der achtziger Jahre mit dem selbstbetitelten Debut, auf das 1986 das zweite Album „Shot In The Dark“ folgte, und erreichten spätestens mit ihrem vierten Album „…Twice Shy“ (1989) ihren kommerziellen Höhepunkt. Schon der Vorgänger „Once Bitten…“ aus dem Jahr 1987 konnte in den knietief im Corporate Rock-versunkenen Vereinigten Staaten mindestens eine Platin-Auszeichnung einfahren, mit „…Twice Shy“ gingen die Verkäufe schlussendlich durch die Decke, nicht zuletzt durch die Coverversion des Ian Hunter-Songs "Once Bitten, Twice Shy", die bis auf Platz 6 der US-amerikanischen Singlecharts vorstoßen konnte. Bis heute stehen geschätzte drei Millionen verkaufte Exemplare alleine dieses Albums auf der Habenseite. Great White standen bis zu Beginn der Neunziger also auf der Sonnenseite des Musikgeschäfts und wenigstens aus meiner Sicht standen sie dort mit Recht. Ihr relaxter, kräftig mit Rhythm & Blues-getränkter Hardrock war sündhaft originell und verzichtete fast gänzlich auf die damals so heißen Klischees, wie sie Bands wie Mötley Crue, Poison, Warrant oder Ratt aus dem Eff-Eff beherrschten. Great White brauchten keine Skandale, sie brauchten keine Schminke, sie brauchten keine explodierenden und sich um 360° drehenden Bühnen. Sie hatten in erster Linie großartige Songs aus der Feder von einem der besten Songwriter der gesamten Hardrockszene, dem Multiinstrumentalisten Michael Lardie. Hinzu kamen mit Jack Russell ein charismatischer Frontmann und mit Mark Kendall ein großartiger Bluesgitarrist, der mehr Feeling im kleinen Fingernagel hat als meinereiner am ganzen Körper,. Musiker, die sich auch hinsichtlich ihrer Ausstrahlung wohltuend vom Rest der übrigen erfolgreichen Hair Metal Bands absetzten. 


Der „Twice Shy“-Nachfolger „Hooked“ verkaufte sich, kurz vor der Grungewelle veröffentlicht, ebenfalls noch prächtig, beim Nachfolger „Psycho City“ indes wurde die Band erbarmungslos hinweggespült. Die logische Konsequenz: Great White verloren ihren Plattendeal mit dem Major Capitol Records. Die nächsten Jahre verliefen mehr schlecht als recht. Es gab einige Lineup-Wechsel, Platten, die keiner hören wollte, erschienen auf obskuren, kleinen Labels, die keiner kennen wollte, mit „Let It Rock“ wurde gar ein Album ausschließlich in Japan veröffentlicht, weil die Japaner 1996 das einzige Volk auf dieser Erde zu sein schien, das sich wenigstens noch ansatzweise für die Band interessierte, und zu schlechter Letzt erschien 1998 ein zwar gutes, aber trotzdem leicht verzweifelt wirkendes Led Zeppelin-Tributealbum unter dem Namen Great Zeppelin. 


 Bevor die Band im Jahr 2003 mit der Feuerkatastrophe in einem Club in Rhode Island, USA, für traurige Schlagzeilen sorgte, erschien 1999 mit „Can’t Get There From Here“ das vielleicht bis heute beste Album ihrer Karriere, und ich könnte es jetzt eigentlich fix durch- und euch einpauken, ohne auch nur ein Fragezeichen im Raum stehen zu lassen: 12 Songs - 12 Hits. Thank you, good night. Ich kann es drehen und wenden, wie ich will. Matthias "Der" Breusch schrieb in seiner damaligen Rezension, "Can't Get There From Here" sei "ein tiefer Blick in die Seele des melodischen Westcoast-Rock" und alles an diesem Satz ist korrekt. Eine ungeheure Souveränität und Lockerheit, ein durchgängiges Monstersongwriting auf Weltklasseniveau, große Gefühle, Sonnenschein. Ich stehe dem so oft kolportierten American Way Of Life nicht wirklich nahe, aber Verzeihung: dieses Album gehört auf Endlosschleife gehört! Bei Temperaturen von 600°C im Schatten. In einer großen Ami-Limousine. In 'nem Cabrio. Und wenn man im billigen Motel in der Wüste Arizonas angekommen ist, säuft man billigen Whiskey-Fusel und qualmt Zigarren. Mit Sonnenbrille auf der Nase. Nachts um 4. Und verbrüdert sich mit den Betonmischergroßen Kakerlaken auf dem fleckigen Bettlaken, das viele Geschichten aus längst vergangenen Tagen zu erzählen weiß. 


 Ohrwürmer! OHRWÜRMER! ALLES VOLLER OHRWÜRMER!!! 


Erschienen auf Portrait, 1999.

13.09.2011

Georg Schramm (3)

Wie mir ein Vögelchen eben zwitscherte, strahlt ZDF-Kultur am heutigen Dienstagabend um 20:15 Uhr einen Mitschnitt des aktuellen Soloprogramms "Meister Yodas Ende" von Georg Schramm aus.

Und das wollte ich mit Euch teilen.

Hach. So bin ich.


Update 15.9.2011:

Freundliche Youtube-Nutzer haben damit begonnen, den Mitschnitt in (bisher noch) kleinen Häppchen hoch zu laden. Hier ein schönes Sanftleben Best-Of:

12.09.2011

In eigener Sache - Sun Never Sets

Der ein oder andere wird es ja möglicherweise wissen: der Idiot, der diesen ganzen Kram hier - seit erschreckenden vier Jahren, wie mir heute aufgefallen ist - zusammenschreibt, spielt und singt außerdem in zwei Bands. So mit Gitarren und Kreischen und Trommeln und Bumsfallera.

Jedenfalls: die eine der beiden Bands nennt sich Sun Never Sets, die andere Blank When Zero. Letztere, ein kleines aber feines Punk- und Hardcore Trio, werden Ende Oktober ihr erstes quasi-Album veröffentlichen. Darüber gibt's hier an dieser Stelle mehr zu lesen, wenn es soweit ist. Bleibt gestimmt.

Sun Never Sets haben nun schon seit einiger Zeit ihren Krempel aufgenommen, und jetzt hätten wir ganz gerne, dass das Zeug auch mal jemand hört. Wenn's denn recht ist.

Unter folgendem Downloadlink könnt ihr das Album komplett und kostenlos als MP3 (320kbit) herunterladen. Das Frontcover gammelt ebenfalls im gezippten Ordner herum.


Sun Never Sets
"The Absurd"
September 2011

Tracklist:

01 As Below So Above
02 Gasoline
03 What They Need
04 Serenity
05 Gutting
06 The Absurd
07 Floodstream
08 Black Cocoons
09 Dissolute


DOWNLOAD

Homepage


Ich bedanke mich vielmals für die Aufmerksamkeit.

Und Rückmeldungen sind natürlich gerne gesehen und gelesen.

11.09.2011

Der Franzose kann's...

Erfreulich oft fand in den letzten Tagen dieses ganz wunderbare Set des französischen DJs und Produzenten NHAR seinen Weg in mein Schallgesims - auch wenn der Auftritt im 200 Club/Studio 672 in Köln stattfand und meine Verbundenheit damit eigentlich auf der Roten Liste stehen müsste. In Teilen fühle ich mich an die Euphorie und diese wahnsinnig positive Ausstrahlung von Gui Borattos Meisterwerk "Chromophobia" von 2007 erinnert.

Nach der bereits fantastischen "Megumi/Bluedrop"-Single aus dem Mai dieses Jahres - folgerichtig auf dem Kölner 200 Records Label erschienen - ist die hier weiter unten zu hörende (und auch zu downloadende, by the way) Aufnahme ein weiteres sicheres Zeichen dafür, dass man den Mann künftig unbedingt auf dem Zettel haben sollte.

Nhar - Live @ Club 200 - Studio672 - Köln by Nhar

03.09.2011

Ihr könntet mich hören...


...denn ich beschalle gerade Wiesbaden, wenn nicht gar Deutschland oder das gesamte zugeschissene Universum, mit einer tatsächlich sensationellen Punkscheibe der aus dem polnischen Antifa-Umfeld stammenden Band EL BANDA. Womit wir auch gleichzeitig die Sommerpause von 3,40qm beenden.

EL BANDA - PRESEJDZIE CI EL BANDA

Es ist nicht leicht, Informationen über das Quintett zu finden - was man findet ist meist in polnischer Sprache gehalten und der Google-Übersetzer - nun, er tut sich nicht wirklich leicht. Was indes herauszufinden war: El Banda sind aus den Trümmern der gar nicht mal so unberühmten Post Regiment auferstanden, wurden im Jahr 2003 in Warschau gegründet und haben mit Sängerin Matki Zajdel praktisch ein Urgestein des polnischen Punkrocks am Mikro.

Die hier präsentierte Scheibe "Prezejdzie Ci El Banda" wurde im Jahr 2007 veröffentlicht und ist eine taufrische, bretthart und kristallklar inszenierte Punkrockabfahrt. Absolut melodiös und durchaus eingängig, drückt die Truppe aber fast durchgängig das Gaspedal bis zum Anschlag durch. Und selbst wenn das Midtempo hier und da verzückt herüberwinkt, gleitet die Musik niemals in den seichten und angepassten Dreck ab, den einige heute tatsächlich als Punkrock bezeichnen. Dafür sorgt alleine Matki mit ihrem herrlich rauhen Organ und den hart und kantig klingenden polnischen Worten. Sie steht offenkundig im Fokus der Scheibe, aber wer die Ohren ein wenig weiter aufsperrt und ein wenig tiefer gräbt, wird erkennen, dass die ungemein treibende Schlagzeug- und Gitarrenarbeit der heimliche Star von "Prezejdzie Ci El Banda" ist. Hinzu kommt die allgegenwärtige Dunkelheit, die Melancholie, der Zorn, der Wahnsinn aus denen sich eine in weiten Teilen des Albums geradewegs luftabschnürende Intensität entwickelt.

Wie ich kürzlich direkt vom Pasazer Label erfuhr, liegt die Band gegenwärtig auf Eis, nachdem im letzten Jahr das bisher letzte und immer noch aktuelle Album "Skutki uboczne" (engl. "Side Effects") erschien. Auf diesem Werk zieht die Band schlussendlich alle Register und weitet den Punkrock-Begriff in Teilen bis hin zum Freejazz aus. "Ein Konzeptalbum über Liebe, Unterdrückung und Sexualität." schreibt Plastic Bomb. Ein Werk für die nächste Entdeckungsreise.

Anbei eines der stärksten Stücke von "Prezejdzie Ci El Banda" via Youtube. Glasvitrinen vorher eventuell in Sicherheit bringen.



Erschienen auf Pasazer Records, 2007

31.07.2011

Bitte nicken Sie....JETZT!


PAUL WHITE - MY GUITAR WHALES

Das Classic Rock-Sample zu Beginn des Titeltracks verstört zunächst, und der Bruch in einen psychedelischen, schamanischen Kirmesschunkler mit stoischem Beat und vermeintlich afrikanischen Stimmsamples ist nicht unbedingt leichter zu verdauen. Wer es schafft, "My Guitar Whales" öfter auf den Teller zu wuchten, wird jedoch nach ein bisschen Eingewöhnungszeit mit dem etwas kruden Gebimmel-Gebammel-Rabumm recht flott warm. Auf der Flip geht es mit "The Bright Future" etwas straighter weiter, auch wenn hier wieder der Anfang verwirrt: drei Sekunden Synthie-Pop münden in fünf Sekunden Flying Lotus-Verschachtelung, bis ein feines Pianosample die beiden Enden zusammenführt und es mit Kaffee, Kuchen und einem Ausritt auf Englands grüne Wiesen endet. Das dazu passende Album heißt übrigens "Paul White & The Purple Brain" und basiert ausschließlich auf gesampelter Musik des nahezu unbekannten schwedischen Psychedelic-Gurus ST Mikael. Klarer Fall: hier wird dem Tablettenmissbrauch Tür und Tor geöffnet.

Als Goodie könnt ihr euch HIER die neue Single aus dem am 21.8. erscheinenden Album "Rapping With Paul White" herunterladen. Mit dabei: Detroits Guilty Simpson.

30.07.2011

Omega


SOFA SURFERS - BLINDSIDE


Eine der rätselhaftesten Bands der letzten Jahre. Seitdem sich die Sofa Surfers mit ihrem selbstbetitelten Album im Jahr 2005 fast gänzlich vom Dub, Downbeat und Techno als ihr bisher bekanntes Terrain entfernten, kann ich sie weder musikalisch eindeutig verorten, noch kann ich mit Sicherheit sagen, ob ich Ihnen zu- oder abgeneigt bin. Und während ich diese letzten Wörter schrieb, schoss plötzlich ein Gedanke in den Kopf, den ich - ganz ehrlich! - bis dato noch nicht mal als weit entfernte Option auf dem Schirm hatte: ich könne die Musik der Österreicher ja auch ganz unaufgeregt mit einem Schulterzucken und einem "Is' ja ganz nett." abkanzeln. Und wenn alles geht, so geht das eben nicht.

Dafür beschäftigt mich die Band viel zu sehr, und diese Auseinandersetzung geht durchaus über die Frage nach Sympathie oder Antipathie hinaus. Ich bin außerdem auch nach einem (fantastischen) Livekonzert und dem letztjährig erschienenen "Blindside"-Album nicht wirklich weiter gekommen. Indes, "Blindside" ist deutlich gereifter als das auch "Das rote Album" genannte "Sofa Surfers"-Werk. Ich hatte schon vor sechs Jahren den Eindruck, dass die Band an mancher Stelle orientierungslos, fast ängstlich wirkt. Andererseits, wer will es Ihnen verdenken? In den Sound der Sofa Surfers hielten plötzlich ein echtes Schlagzeug und eine echte elektrische Gitarre Einzug, zudem kam mit Sänger Mani Obeya ein Mann in die Band, der mit einer umwerfenden, souligen und dunklen Stimme meine durchaus als "fixiert" zu bezeichnende sexuelle Orientierung nochmal in Frage stellen könnte. Das neue Klangbild hatte mit der Abstraktheit und Distanz der früheren Arbeiten nichts mehr zu tun, das Gegenteil war der Fall. Es hatte etwas von einer intimen Proberaumsession, an der man als Zuhörer teilnahm. Das deutliche Bekenntnis zur Rockmusik nicht zu vergessen. Und dann schaute hier und da auch mal der Trip Hop um die Ecke - ein Genre, das die neunziger Jahre ja niemals hätte überleben dürfen, wenn man mich fragt aber das ist wieder eine andere Diskussion. Und außerdem fragt mich auch nie jemand.

Auf "Blindside" macht vieles mehr Sinn als auf dem Vorgänger, die Songs sind spannender und mit größerer Raffinesse arrangiert. Sie haben mehr Luft zum Atmen, und vor allem Obeya scheint sich wohler in seiner Haut zu fühlen. Wo er auf "Sofa Surfers" mit dem Anspruch und der Vision einiger Songs noch überfordert schien, hat die Band offenbar genauer darauf geachtet, seine oftmals melancholische, gar manchmal an der Grenze zur Apokalypse entlangtänzelnden Stimme, angemessen in die Pinselstriche der Musiker zu vermischen und -wischen. Das Ergebnis ist paradoxerweise kristallklar, und ich glaube, wenn ich ein Problem mit der Musik des Quintetts habe, dann ist es am Ende des Tages tatsächlich die architektonische Reinheit, die auch vom Brodeln der Trip Hop-Elemente nicht besudelt werden kann.

Das hat zweifellos seine Momente - tatsächlich hörte und höre ich "Blindside" regelmäßiger als so manch andere Scheibe in der Sammlung, der ich ein eindeutigeres und in der Folge positiveres Urteil ausstelle - und es ist vor allem die ruhigere und nokturnere B-Seite, die ich angesichts so toller Songs wie "Sinus" oder "100 Days" gar als ausnahmslos gelungen bewerten würde. Und doch ist da dieser auf- und abspringende Gedanke, der mir beim Hören unentwegt "Die sind noch nicht fertig, die sind noch nicht angekommen, das wird alles noch besser, schöner und größer!" in die Synapsen triggert.

Ich bin sehr gespannt, wie das mit den Herren weitergeht. Und solange das so ist, kann ich die initiale Frage nach der Zu- und/oder Abneigung ja ganz klar positiv beantworten.

Erschienen auf Monoscope, 2010.