MY MORNING JACKET - Z
Sie würde nun vehement protestieren, säße sie denn neben mir, aber dass die Herzallerliebste neuer Musik des Herrn Florian im besten Fall eher ambivalent gegenübersteht und sie in aller Regel stillschweigend erträgt, beziehungsweise sie im weniger guten Fall mit einigen Unmutsbekundungen überzieht – die Band, die sich diesbezüglich die meisten Ohrlaschen abholen darf heißt übrigens Leatherface; ich darf zitieren:“Da bekomm‘ ICH Halsschmerzen, wenn ich den Typen singen höre!“ – ist meinetwegen ganz dezent übertrieben, in der Sache aber auch nicht so irre falsch. Weit liegen wir in unseren musikalischen Vorlieben gar nicht auseinander, ich glaube aber, dass ich einfach ein gutes Schippchen weniger wählerisch bin. Eine Einlassung, zu der mir auch wieder eine Handvoll Menschen einfielen, die jetzt ihrerseits vehement protestieren würden. Beim vierten Album dieses Quintetts aus Kentucky um Sänger und Mastermind Jim James indes sind sich Frau P und meine Wenigkeit einig: das ist eine tolle Platte.
Die Band , die in den Vereinigten Staaten sogar den Madison Square Garden in New York mit 18000 Menschen locker ausverkauft bekommt, pendelt auf „Z“ zwischen Folkrock und leisem, aber vor allem sehr sphärischem und psychedelischem Indiegewürmel umher, manchmal zaghaft von Reggae-beeinflusstem Geschunkel wie in „Off The Record“ oder, wie im vergleichsweise fast schon stürmischen „What A Wonderful Man“ mit soulig angehauchter rockiger Strohballennote unterbrochen. Highlight von „Z“ ist ganz bestimmt der Rausschmeißer „Dondante“, ein sich bis zur Extase hochschraubender Siebenminüter mit ausuferndem Gesang und peitschendem Crescendo, der auf dem Höhepunkt abbricht und sich dann mittels ungewöhnlich langer Ausblendphase ins Nirwana kreiselt. Danach kommt Stille.
„Z“ ist sicher ein leicht kauziges, aber überaus charmantes Werk, auch weil es, im Wortsinn, mitfühlt. Die Band ist immer ganz nah an mir dran, als könnten diese Songs mein Innenleben mit all den Zweifeln und all der Lebenslust lesen und sich zu einem Zuhörer und Begleiter entlang amorpheln. Verwurzelt in den siebziger Jahren, mit erstaunlicher Tiefe und brillianten Melodien ausgestattet. Dafür zu keiner Sekunde kitschig oder ironisch. Kein Indiegezappel, kein Clubgehopse. Nur Musik von einer Band, die es mit dieser Platte unbedingt wissen wollte. Und die über sich selbst hinausgewachsen ist.
Musik, die in den besten Momenten zu Tränen rühren kann, weil man erkennt, dass das Leben so schlecht gar nicht ist.
Erschienen auf ATO, 2006.