16.11.2014

Der Weg ist das Ziel - und er liegt voller Rosenblüten



MARK BANNING - JOURNEY TO THE LIGHT


"One of the most beautiful new age records ever recorded. One of the most beautiful instrumental records ever recorded. One of the most beautiful records ever recorded, period."

Vor einigen Tagen, tief in der Nacht, die Kirchturmuhr muss schon drei oder sogar vier Mal geschlagen haben, zappten sich Frau und Herr Dreikommaviernull noch durch das Nachtprogramm und blieben auf dem Raumschiff Enterprise hängen. Auf der Originalserie wohlgemerkt, die zwischen 1966 und 1969 produziert und nach drei Staffeln wegen geringer Zuschauerquoten (!) eingestellt wurde. Ich bin eher der wortwörtlichen "Next Generation" zuzuordnen und konnte mich für die erste Inkarnation der Sternfahrer nie so recht erwärmen. Dass die Crew mit einem winzigen Budget zu kämpfen hatte, ist natürlich an allen Ecken und Enden zu sehen; der ganze Salat ist irrsinnig langsam und hölzern inszeniert, wenngleich es natürlich schon spannend zu beobachten ist, wie man sich in den sechziger Jahren die Zukunft vorgestellt hat. Aber diese Requisiten! Die, äh, Möbel. Die Tische und Stühle. Selbst die verfluchten Wände. Die Farben. Die Kostüme. So modern darf man selbst 2014 gar nicht mehr sein, sonst geht's ruckzuck aufs Designerschafott. Manchmal scheint's, wir entwickeln uns zwischen all dem in den Hals gedrückten Krempel von Apple und Primark und der Rügenwalder Mühlenwurst viel weiter zurück, als es uns lieb sein kann. 

Mir ist dieses nächtliche Erlebnis eingefallen, als ich Mark Bannings "Journey To The Light" gehört habe. Auch hier kann man ganz wunderbar weit in die Vergangenheit blicken, ohne sich allzu weit aus der Gegenwart herauszulehnen - und gleichzeitig darf man sich fragen, ob wohl so die Zukunft klingen mag. 

Nach diesem Worthirnsalat braucht's zwei, drei geradeaus formulierte Sätze: "Journey To The Light" ist topmodern. Es ist völlig faszinierend, dass diese 1984 aufgenommene und 1985 veröffentlichte, nun 30 Jahre alte Schwebewolke aus New Age Gitarrengeflirre klingt, als sei sie vorgestern komponiert und noch vor dem Abendessen aufgenommen worden. Und gleichzeitig bietet das vom rührigen Students Of Decay-Label ausgegrabene Album einen Einblick in das Selbstverständnis einer Generation in den achtziger Jahren zwischen Poststrukturalismus und damit einhergehender Realitätskritik. "Journey To The Light" lebt und atment in diesen letzten dreißig Jahren und scheint bis heute Geschichte und Moderne gleichermaßen aufgesaugt und in das von ihm entworfene Bild eingebaut zu haben; es pendelt zwischen Dekonstruktion und Assimilierung, zwischen postmoderner Freiheit und romantischer Verlustemotion. Das ist spannend zu hören und zu entdecken. Bannings spiritueller Eskapismus bringt aber gleichzeitig Frieden, innere Einkehr und Reflektion - und das völlig ohne verkopfte Theoriemodelle. 




Original erschienen auf Creative Sound, 1985.
Re-Issue erschienen auf Students of Decay, 2014.

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