21.01.2009

Platz 11




M.B. +E.D.A. - Regolelettroniche

In neun von zehn Fällen sind Blindkäufe, die ich aufgrund der Geräuschmusik-Kolumne von Freund Kai tätige, schlicht ein großes und spannendes Lauschglück. Es fällt mir daher leicht, immer wieder ganz entspannt die auf den ersten Blick interessantesten Titel heraus zu picken. Im Falle von "Regolelettroniche", der Kollaboration des italienischen Avantgardisten Maurizio Bianchi mit der früheren Sängerin & Gitarristin von Joyce Whore Not, Emanuela De Angelis, lohnte sich fast schon traditionsgemäß das in seine Tipps gesetzte Vertrauen: bereits nach dem ersten Durchlauf war ich kneedeep in love.

Die Kenntniss über Bianchis bewegte Biografie (inklusive einer gänzlich unbeweglichen, weil schlicht stummen Phase von 1984 bis 1998) mag dabei helfen, eine vollständige Sicht auf dieses Album zu erhalten. Bianchi veröffentlichte zu Beginn der achtziger Jahre zum einen unzählige Tapes, zum anderen aber, mit Unterstützung von Whitehouse-Gründer William Bennett und dessen Come-Org-Label auch LPs mit solch malerischen Titeln wie "Symphony For A Genocide" und geriet durch die teils sehr kleinen Auflagen seiner Werke über die Jahre zum Kult in der Industrial-Szene. 1984 schloss er sich von Depressionen geplagt den Zeugen Jehovas an und seine Musik aus. Erst 1998 erschien er wieder auf der Bildfläche und veröffentlicht seine Musik seitdem mit einem beeindruckenden Tempo.

Auf "Regolelettroniche" wird man von Wellen und Vibrationen erfasst. Bianchi und De Angelis errichten mit schier niemals enden wollenden Drones und Layers eine nervöse Wall Of Sound, die trotz der vergleichsweisen stillen, fließenden Komponenten nicht so recht beruhigen will. Minimale Verschiebungen der Metrik und des Klangs reißen Mikrofrakturen auf und lassen immer wieder neue Melodiefetzen an die Oberfläche schnappen. Die darin zu beschreitenden Wege sind so diffus und verzerrt, dass es erst nach einiger Zeit gelingen mag, sich allein auf die Möglichkeiten ein zu lassen, die diese monotone und mystische Arbeit bietet. Vor allem die langgezogenen Ausläufer der vier Tracks öffnen den Blick auf den entfachten Strudel aus Melodien, Motiven und Labyrinten. Und es macht einfach einen Riesenspaß, auf die große Entdeckungsreise zu gehen.

Außerdem und nicht zu unterschätzen: "Regolelettroniche" hat das schönste Artwork dieses Jahres geschenkt bekommen.

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