30.01.2009

Platz 8




Matana Roberts - The Chicago Project

Charme. Charisma. Tiefe. Soul. Matana Roberts' drittes Soloalbum ist ihrer Heimatstadt gewidmet, der "root inspiration for this record".

Es ist eine einzige geerdete, melancholische Stimme, die sich aus vielen Stimmen zusammen setzt: Roberts am Altsaxofon, Jeff Parker an der Gitarre, Josh Abrams am Bass und Drummer Frank Rosaly. In den wunderbaren Saxofon-Improvisationen "Birdhouse 1", "Birdhouse 2" und "Birdhouse 3" kommt als Counterpart Fred Anderson am Tenor hinzu. Egal, wer gerade am Geschehen teilnimmt: es ist Roberts' integrierendes Talent, das die Stimmen bündelt. Ihr Ton ist warm und klar, ihre Kompositionen erinnern bisweilen gar an die spirituelle Königsklasse eines John Coltrane ("South By West"). Die variantenreichen Stücke sind dabei in ihrer Wirkung ein nahezu perfekter Brückenschlag aus Tradition und Moderne, aus den wärmenden Umarmungen der großen, alten Meister und der Distanz, des Designs der windigen Großstadt. Die Band wird dafür zum großen Farbkasten des Jazz geführt und erhält genau die Inspirationen, die sie für das Jetzt brauchen. Der Grundton schimmert allgegenwärtig durch die vielen Pinselstriche, es ist der Blues und der Soul. Ein abstrakter Free Jazz setzt sich auch immer wieder durch, gewinnt aber nie die Oberhand. Vor allem, wenn Parkers Gitarrenspiel einsetzt, balancieren die Stücke immer am Rand des Abdriftens in freie Gefilde, bevor sie vom eingewurzelten Ton der Bandleaderin wieder eingefangen werden.

Hervor zu heben ist auch unbedingt die sensationelle Produktion (aufgenommen von John McEntire in - na klar - Chicago, gemixt von Scotty Hard und Vijay Iyer in Roberts' Arbeitsstätte in New York) des Albums. Sie unterstützt die Musiker bei ihrer Stimmfindung, obgleich sie alles andere als 'perfekt' oder gar 'modern' ist. Insgesamt erscheint das Klangbild gar zart dumpf, ist aber in der Lage, jedes einzelne Instrument glasklar auf die Leinwand zu bringen.

"The Chicago Project" ist dank seines unaufgeregten und gleichzeitig mitreißenden Charmes eines der unwiderstehlichsten und verführerischsten Jazzalben des abgelaufenen Jahres.

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