Platz 5 - TARA JANE O'NEIL - TARA JANE O'NEIL
Im Dezember 2016 schrieb ich über das zwei Jahre zuvor erschienene Album der US-amerikanischen Multinstrumentalistin Tara Jane O'Neil, "Where Shine New Lights" sei "möglicherweise die vollkommenste Verbindung ihrer experimentellen, bisweilen launischen Kunst und ihrem klassischen, in Blues und Folk verwurzelten Singer/Songwriter-Ansatz." Auf ihrem aktuellen, selbstbetitelten Album hat O'Neil die offensichtlichsten Experimente im Gitarrenkoffer gelassen und dem Singer/Songwriter in ihr die Oberhand gewinnen lassen. Das Ergebnis ist von beinahe so blendender Schönheit wie die Sonnenreflektion auf dem wunderbaren Coverartwork; eine betörend warmherzige Musik, der es trotz der im Vergleich zu früheren Arbeiten deutlich abgerundeten Ecken und Kanten erstaunlicherweise nicht an Tiefgang fehlt. Das liegt zum einen an den subtil im Sound versteckten Details, die Dank der durchaus großformatig inszenierten Produktion durchgängig wahrnehmbar sind, ein tiefes, sonores Brummen als Mutterboden für ihre sowohl perlenden als auch dürren Haarliniengitarren, das Zischeln der Becken, ihre zu Liedtexten transformierten Gedichte und die im Vordergrund stehende, glasklare Stimme. Das Schnarren der Gitarrensaiten - man meint manchmal gar, die Innenseite der akustischen Gitarre spüren, sehen, hören zu können. Zum anderen ist O'Neils Ansatz, und darauf legt die Künstlerin wert, nicht besonders konventionell zu nennen. Ihr Ziel ist es nicht, everybody's darling zu sein, ihre Akkordfolgen und Arrangements sind ungewöhnlich und bisweilen spröde - und trotzdem spielt diese Musik nicht in der Liga von Lo-Fi-Schlafzimmerproduktionen. Es ist ein Album des Reichtums der kalifornischen Sonne und des dazu passenden Lebensgefühls, heruntergekocht auf die erste Tasse Kaffee des Tages an einem friedlichen Frühlingsmorgen.
Erschienen auf Gnomonsong, 2017.
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