PLATZ 27 ° DESOLATE - LUNAR GLYPHS
Das dritte Album des Produzenten Sven Weisemann unter dem Desolate-Moniker könnte das "Dark Side Of The Moon" der Millenials werden, wenn die sich noch ein bisschen um Musik und weniger um "urbane Styles" (Mutter Beimer) und also Kopfbedeckungen kümmern würden: "Lunar Glyphs" ist experimentell, aber nicht abgehoben. Progressiv, aber nicht verkopft. Atmosphärisch, aber nicht cheesy. An den richtigen Stellen eingängig und mitreißend, ohne banal zu werden. Außerdem: Deep wie Fick. Elektronische Musik hatte es abseits der meiner bekannten Obsession für (dubby) Ambientsounds 2017 schwer im Hause Dreikommaviernull, weil mir oft genau jener Ansatz fehlte, den Sven auf "Lunar Glyphs" über einen Zeitraum von fünf Jahren erarbeitet hat: die vernebelte und regennasse Großstadtstraße nebst vergilbter Straßenlaternenbeleuchtung auf meine Wohnzimmercouch zu beamen.
Erschienen auf Fauxpas Records, 2017.
PLATZ 26 ° EARTHEN SEA - AN ACT OF LOVE
Das erste von zwei fast zeitgleich veröffentlichten Earthen Sea Alben des New Yorkers Jacob Long steht auch stellvertretend für sein Pendant "A Serious Thing", hat aber für meinen Geschmack vor allem im Nahkampf die schmissigeren Kicks am Stizzle: "An Act Of Love" bekam ein, zwei Ecken mehr Konturen angetackert, nicht zuletzt durch Tracks wie die schön durch die Wolkendecke pumpenden "About That Time" und "The Flats 1975" bestimmt, und dadurch auch eine titelgerecht weniger deprimierende Aura als das, ebenfalls titelgerechte, ernster erscheinende "A Serious Thing". Dass ich ein Fan von Jacobs Arbeiten bin, steht hier schon seit ein paar Jahren geschrieben - seine Klangreisen durch den Dubtechno und Ambientkosmos sind immer bewegend und inspirierend. Lief vor allem über den Sommer in Dauerrotation.
Erschienen auf Kranky, 2017.
PLATZ 25 ° HALFTRIBE - DAYDREAMS IN LOW FIDELITY
Irgendwie uncool, den im vergangenen Jahr mit dem Album "Luxia" noch auf Rang 9 ins Ziel geschwebten Ryan Bissett dieses Jahr auf Platz 25 zu schieben, und so richtig d'accord bin ich mit der Entscheidung immer noch nicht. "Daydreams In Low Fidelity" war ein Dauergast in meinem CD-Player, tatsächlich hat er seinen Platz seit Februar nicht mehr verlassen - und was ich im letzten März über "Luxia" schrieb, wird hier noch stärker herausgearbeitet: Bissetts Musik ist bei aller Weichheit überraschend crisp, fast intellektuell heruntergekühlt und ein bisschen rough around the edges. Das gibt mehr Raum für Experimentelles und witzige Ideen, gleichzeitig verlässt er die Ambient-Kuscheldecke und sucht die Herausforderung für anspruchsvolleres Storytelling, ohne dabei den Fluss der Kompositionen zu gefährden. Wer seine Stimmung gerne von äußeren Einflüssen manipulieren lässt, freut sich über die Endlosschelife von "Daydreams In Low Fidelity" besonders an regnerischen Frühlingstagen, wenn das Draußenleben aufs Neue wachgeküsst wird.
Erschienen auf Archives, 2017.
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