Mein musikalisches 2016 war ein bemerkenswertes Jahr. Dass sich die virtuell mit mir herumgeschleppte Liste mit den besten Platten über das Jahr lässig und beinahe wie von selbst füllte, ist dabei nicht der außergewöhnlichste Punkt; dass sich indes unter den 20 Gewinnern des letzten Jahres eine gar nicht so kleine Anzahl von Alben tummeln, die einen so großen Eindruck auf mich und meinen Alltag der vergangenen Monate machten, die mir so ans Herz gewachsen sind, dass sie aus meinem Leben gar nicht mehr wirklich wegzudenken sind, ist hingegen beispiellos.
"The Oceans Of Ganymede" ist eines dieser Alben. Meinen Sommer 2016 erlebte ich vor allem mit dieser Musik, und es gibt so viele Bilder, die mit ihr verbunden sind: als ich wegen des plötzlich in den Song kriechenden Saxofons in "Fanny" in der heißen Badewanne lag und trotzdem Gänsehaut bekam. Der brütend warme und daher auf der faulen Haut und in eiskaltem Gin Tonic verbrachte Samstagnachmittag, an dem sich die Sonne zwischen den heruntergelassenen Jalousien (und Hosen) ins Wohnzimmer erbrach und der Reggaebeat und die frech geklimperten Klavierspitzen von "Rockaway Beach" das Fernweh an die Sonnenseite New Yorks beinahe unerträglich werden ließ - und dabei war ich weder jemals in New York, noch an der Rockaway Beach:
Tiny sand dunes
In the midday sun
Tattooed young Dominicans
A gentle breeze from New York City
Salt and diesel fumes
And life seemed not so out of reach
That day on Rockaway Beach
She seemed so serious
And so debonnaire
Salt water dryin' in her hair
Her eyes closed tight against the glare
Life's hard at 23
But life seemed not so out of reach
That day on Rockaway Beach
Candy wrappers
In the sand
Old men strollin' down the strand
Airplanes off to distant lands
Full of hopes and dreams
And life seemed not so out of reach
That day on Rockaway Beach
Oder die morgendlichen Fahrten ins Büro durch den Frankfurter Downtown-Sommer mit "Happy Man" und "Aurelia", die mit ihrem Drive gleichzeitig Sorgenglätter und aurale Vitamin-D-Spender waren.
Noch heute höre ich "The Oceans Of Ganymede" sehr regelmäßig. Und weil ich bei unseren Bandproben wohl derart blind und naiv ins grenzenlose Schwärmen geriet, und die beiden Blank When Zero-Jungs komplett wahnsinnig und außerdem komplett toll und großartig sind, kann ich jetzt sogar die komplette Brazzaville-Diskografie, erhältlich bei Bandcamp, ebenfalls sehr regelmäßig hören - was ich, nehme ich die Nerd-Statistiken meines Last.fm Kontos für bahre Münze, auch tatsächlich und immer noch tue.
Es gibt "keine Note auf dieser Platte, die nicht den Geist Barcelonas zwischen urbaner Freiheit, Ausgelassenheit und Melancholie mit dem bittersüßen Fotofilter aus dem Sommer 1976 einfängt. Es gibt keine Note auf dieser Platte, die ohne herzergreifende Wärme, Liebe und Hingabe gespielt ist, keine Note, der nicht die Sehnsucht nach Frieden und Schönheit innewohnt." - das schrieb ich im Mai 2016 in meinem ersten Text zu "The Oceans Of Ganymede".
"Mehr habe ich nicht hinzuzufügen." (Polt)
Erschienen im Eigenvertrieb Brazzaville, 2016.
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