30.12.2014

Endlich geschafft: 2014 im Rückspiegel


"Machen wir das Beste daraus." (Meine Oma, 1924 - 2005)

Könnte ich einen kleinen Nanofunken (was soll das sein? - die Redaktion) in die Zukunft blicken, und könnte ich als Ergebnis dessen erkennen, dass mir das kommende Jahr weniger infernalischen Scheißdreck auf die Türmatte legen wird, als das nun beinahe abgelaufene 2014, dann könnte ich wiederum an Silvester so ausgelassen die Korken knallen lassen, dass jene erst über der Antarktis wieder in die Erdatmosphäre eintreten und dort umweltfreundlich verglühen, bevor sie etwa einen armen Pinguin treffen, der mit Silvester und Jahreswechsel und meinem ins virtuelle und doch so vertraute Netz herauskrakeelten Wohlstandsschrott so gar nix an der "Frisur" (H.Rether) hat. Man erkennt es an dem satte drei Mal erwähnten "könnte", dass ich's eben nicht kann, neben so vielem; als Transferleistung wäre es wohl auch zumutbar, daraus eine gewisse Skepsis beziehungsweise Angst für das Jahr 2015 abzuleiten, denn es gilt das Gesetz der Serie - wenn sie denn ordentlich gefüttert wird. Der FC Bayern München beispielsweise hält sich seit Jahrzehnten mit den Gehirnen seiner Fans über Wasser und das Ergebnis, zwar abhängig vom Ernteerfolg, aber sagen wir's frei raus: 3 Millionen Mini-Sojaböhnchen ergeben am Ende eben auch einen Tofubraten, mit dem man halb Indien sattbekommen würde, jedenfalls: Deutscher Backpfeifenmeister werden sie so oder so in fast jedem Jahr. Deutscher Fußballmeister leider auch.

Ich hab's außer im Fall der halbspaßig gemeinten musikalischen Bewertung für gewöhnlich nicht mit den ubiquitären Einlassungen zum Jahresende, das abgelaufene Jahr sei das schönste, beste, tollste, oder im weniger positiven Fall das granatenbeschissenste gewesen, weil das Jahr an sich ja kaum etwas für die Erfüllung des Klassikers "Haste Scheiße am Schuh, haste Scheiße am Schuh." kann. Zumal ich auch nicht in Jahreskategorien denke und ich mich außerdem, wenn man es ganz genau nimmt, nicht grundlegend beklagen kann. Man baut sich den ganzen Schmarrn am Ende eben selbst zusammen, und dafür, dass ich nicht 24/7 mit einem grell leuchtenden Heiligenschein herumlaufe, sondern das Lebensglas eher halbleer anstatt halbvoll ist, wäre mehr Optmismus und Lebensfreude ja fast nicht auszuhalten. Gutfried-Wurst ist gut für mich, oh yeah, schubidua - aber auch ohne Wurst gilt: Danke, es geht mir gut.

Für 2014 muss ich eine Ausnahme machen, denn niemals zuvor, vielleicht abgesehen von körperlichen Seuchenjahr 2002 mit Chemotherapie und retroperitonealer Lymphadenektomie (ich kann es auswendig aufsagen) gab es ein derart von Zombies  zerfressenes, halb- und ekelhaft schleimig verdautes und in ein mit tödlichen Baktieren vollgesprotztes, selbst dem Deibel höchstnöterlich persönlich zu heikel zugerichtetes, direkt aus der Justizvollzugsanstalt Stadelheim geliefertes und von Uli Hoeneß selbstarschig vollgestrulltes und beflecktes Plumpsklo, pardon: GESCHISSENES Jahr wie - Tadaaa: 2014. Der Spaß begann am 1.1.2015, als hätte ein mental derangierter Pastinakenarsch pünktlich zum letzten gezündeten Böller den Schalter umgelegt, mit einer toten Katze in unserem Mikro-Blumenbeet auf der Terasse, ging über in zwei Monate andauernde Angstzustände, weil man neuerdings etwas in seinem Körper vermutete, was da absolut nicht und unter keinen Umständen hingehört, und kaum, als ich die Entwarnung dafür präsentiert bekam, also eine Blutdruckmessung den wunderbaren 270/160 Wert ergab, der, natürlich wie bestellt, laut schulmedizinischer und zwischen Kassenpatient und Kaffeemaschine hin und hergerissener Nulldiagnose keinerlei körperliche Ursache hat, denn: "Wie kommt Kuhscheiße aufs Dach?".

"Können wir das nicht, äh, irgendwie testen?"
"Überlegen sie mal, was wir dafür bräuchten - 1000 Veganer, die seit 12 Jahren 40mg Esomeprazol täglich nehmen und Bluthochdruck haben! Viel Spaß beim Suchen, Herr Besserwisser."

Stattdessen gab es, bedingt durch parallele Einnahme von den wirklich vollständig wirkungslosen und gefährlichen Killer-Globulis, die endlich mal verboten gehören, weil sie so teuer und so nutzlos und so esoterisch sind, dass anderen Menschen deswegen leise die Gehirne wegschmelzen und sie für das selbsternannte "Realismusportal" Psiram schreiben müssen, um die Welt oder immerhin ihren Schrebergarten im Obergeschoss zu retten, eine schöne Depression, und, weil es halt nur im ganzen funktionieren kann, den plötzlichen Tod des Schwiegervaters.

Zwischendrin kreuzen die üblichen Verdächtigen den Weg: eine bestenfalls anstrengende Familie, einen Job, der mich mehr als einmal am Rand geistiger Gesundheit entlangschlittern lässt und eine Welt im Allgmeinen, die auch 2014 nicht den Anschein machte, als seien wenigstens ihre Bewohner noch zu retten. Hauptache wir haben den Spiegel Online-Liveticker zum verschwundenen Passagierflugzeug MH370, Qualitätsjournalismus aus dem Hause Claus "Uhu" Kleber und gepresste Holzfleischbriketts für den Toaster. Oh, und Parfumwerbung mit Musik von Led Zeppelin.


Positives soll nicht verschwiegen werden: ich bin immer noch mit der tollsten Frau der Welt verheiratet, und wäre ich nicht ab und an ein geradeheraus "idiotic idiot" (Bill Maher), der sich von seiner Umwelt und seinem Alltag im Hirn so auf doof umkrempeln lässt, könnte ich darauf fast ein bisschen Stolz sein. Ich liebe unseren Hund Fabbi und unsere beiden Katzen Kleini und Schnuffel, meine Band Blank When Zero exisitiert weiterhin und läuft zumindest in unserem Proberaum und unter erschwerten, weil familiär bedingten Bedingungen so gut wie vielleicht nie zuvor. Und auch wenn man uns außerhalb des Proberaums dieses Jahr nur vier Mal auf einer Bühne sehen konnte, waren alle vier Konzerte unter dem Strich immer positiv und machten riesigen Spaß. Vor allem auch deshalb, weil die anderen beiden Typen - Simon und Marek - die angenehmsten Bandkumpels und Freunde sind, die man sich vorstellen kann. Wir spielten in Solingen auf dem Ox-Festival, in unserem Mainzer Wohnzimmer Haus Mainusch, in Münster und in Hanau. Nicht zu vergessen sind außerdem die mit Freund Jens verbrachten Stunden in den Stuttgarter Plattenläden und indischen Restaurants. Und dass mich die Arbeit sehr regelmäßig in die Schwabenmetropole schickt, sei an dieser Stelle und in diesem Zusammenhang gleichfalls als äußerst positiv vermerkt.


Was die zu hörende Musik des Jahres betrifft, und hier sind wir mal ausnahmsweise redundant: war es noch nie so geil wie 2014. Es war zugegebenermaßen etwas schwierig, in oben erwähntem Sumpfschlamm die "Spirits" (Gil Scott Heron) so weit aufrecht zu halten, um immer die eigene Stimme zu hören, die einem die Bedürfnisse zuflüstert, aber über weite Strecken lief's ganz flüssig. Mir fällt spontan wirklich nur eine furchtbare Enttäuschung ein, der Rest war und ist super. Über den besten Rest werde ich hier traditionell in den kommenden Wochen referieren.

Beim Überfliegen der Jahresbestenlisten der professionellen Musikzeitschriften oder Webzines gab es, auch das ist mittlerweile Tradition, große Fragezeichen. Das ist unabhängig von den Genres alles soviel Pose und Image, und in der Hauptsache derart gestreamlineter medialer (!) Konsens, dass man gar nicht weiß, worüber man zuerst diskutieren müsste, um den ganzen Zirkus wieder auf stabile und vor allem ehrliche Beine zu stellen. Andererseits scheint sich der Abgrenzungsprozess in der Hörerschaft auch 2014 weiter verschärft zu haben. Wie ich anderer Stelle schon mal schrub: die Menschen hören heute vermutlich so viel Musik wie niemals zuvor - der Streamingtempel Spotify berichtet wie Twitter-Spam von 8 Milliarden gestreamter Songs in den letzten 12 Monaten - sie hören halt nur nicht mehr richtig hin, sondern lassen sich von multinationalen Medienkonzernen und Wirtschaftsunternehmen diktieren, was sie zwischen Tür und Angel hören sollten. Ich werde vielleicht 2015, auch als Nichtstreamer, ein paar Konsequenzen daraus ziehen. Als Stichworte: Entschleunigung. Auseinandersetzung. Wertschätzung. Abtauchen. Mal gucken, ob sich das mit meiner schweren und manischen Neugier umsetzen und durchhalten lässt.

Hier geht es jedenfalls auch im Jahr 2015 weiter. Ich wünsche weiterhin viel Spaß beim Lesen und beim Leben und danke ernsthaft und sehr aufrichtig jedem einzelnen Gast und Leser und KÖNIG, der sich diese endlosen Bandwurmsätze wirklich noch durchliest - wo Blogs doch mittlerweile so öde und out sind wie Cola mit Ketchup, die Lindenstraße oder, ähem. U2. Ich weiß es zu schätzen. Ganz in echt.

Untertänigst immer der Ihre,

F

Keine Kommentare: