27.01.2021

Best of 2020 ° Platz 20 ° Zara McFarlane - Songs Of An Unknown Tongue



ZARA MCFARLANE - SONGS OF AN UNKNOWN TONGUE

Bring me the snowfall, bring me the cold wind, bring me the winter
(New Model Army)

Ein neuer Sound, ein neuer Weg, schon wieder. Elektronische Beats, Jamaica, Bass. Viel Bass. Viel Raum. Überzeugung, Emanzipation und Mut. Darunter ein beinahe durchgängig raschelnder Geräuschteppich, der nach Waldboden unter den tanzenden Füßen klingt. 

"Songs Of An Unknown Tongue" entstand in Zusammenarbeit mit den beiden Produzenten Wu-Lu und Kwake Bass nach einem längeren Aufenthalt in Jamaica, wo McFarlane die traditionellen Rhythmen und Melodien jamaikanischer Riten und Tänze wie Bruckin oder Dinki Mini erforschte. Das Ergebnis ist nach der schon beim letzten Album "Arise" vorgenommenen Öffnung eine erneute Erweiterung ihres Stils, dieses Mal noch deutlicher als zuletzt: anstatt sich wie auf ihren vorangegangenen Werken und hinsichtlich der Instrumentierung in einem weitgehend traditionellen Jazz/Soul-Umfeld zu bewegen, richtet sie "Songs Of An Unknown Tongue" auf ein elektro-akustisches Konzept aus, das die Künstlerin in bislang noch nicht erschlossenes Gebiet bringt. In tief pumpendem Bass-Gestrüpp hängen Gesangsarrangements, die sich nicht zwischen Avantgarde und Tradition entscheiden können und wie Farbklekse auf eine Leinwand geworfen werden, mal unmittelbar und frei, mal bis ins letzte Detail durchkomponiert. Ihre Stimme hat eine ganze Menge zu leisten, denn wenn es hinter ihr minimalistich pluckert, schnarrt und raschelt, braucht es die Struktur ihres charaktervollen Gesangs, die den Laden zusammenhält - oder aber in voller Absicht nicht mal das, wie beispielsweise in "Run For Your Life" oder "Saltwater", zwei Tracks, die auch im ohnehin nicht kerzengeraden Albumkontext ziemlich weit draußen ihre Kreise ziehen. Im Gegensatz dazu stehen weite Teile der B-Seite, deren Songs versöhnlicher klingen und mit dem herausragenden "Roots Of Freedom" beinahe eine moderne, spirituelle Version eines alten Grace Jones-Klassikers anbietet - abzüglich dessen Hedonismus, versteht sich; damit hat McFarlane auf dieser sehr geerdeten und erdigen Produktion nichts an der Frisur. 

"Songs Of An Unknown Tongue" erzählt vom Leben einer schwarzen Frau im urbanen London. Es zieht Linien zwischen Rassismus, Kolonialismus und der eigenen Identität, es feiert die Geschichte ihrer Vorfahren. Diese Musik vermittelt die Suche nach dem eigenen Ich und dessen Platz in dieser Gesellschaft mit Hilfe einer ebenfalls suchenden Musik - deren Grenzen eingerissen werden müssen, bis sie frei schwingen kann. 

Kein Platz und keine Zeit für Zorn. Was wir brauchen ist ein aufrichtiger Blick in eine selbstbestimmte, selbstbewusste, freie Zukunft.

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Pressung: Was für Brownswood-Pressungen üblicherweise richtig ist, gilt auch hier: flach, keine Störgeräusche. Einfach gut. (+++++)

Ausstattung: Fantastisches Coverartwork, bedruckte (ungefütterte) Innenhülle, schwarzes Vinyl. Kein Downloadcode. (++++)
  

   



Erschienen auf Brownswood Recordings, 2020.


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