Es ist schwer, für einen Meilenstein des Heavy Metal noch mehr Worte zu finden, als jene, die ich vor nunmehr sechs Jahren an anderer Stelle in diesem Blog bereits ins vielköpfig-virtuelle Nichts trompetete. Zumal das alles, vom traditionell etwas kruden Stil abgesehen, dann doch immerhin inhaltlich noch alles völlig richtig ist - inklusive meines hohen Euphorieniveaus. Andererseits ist es nach einem Jahrhundertreview wie jenes von Matthias Breusch so oder so vergebene Liebesmüh', noch was draufsetzen zu wollen:
"Einen wunderschönen guten Tag, liebe Testpersonen. Bitte begeben Sie sich ohne weitere Umstände direkt zum nächsten Plattenladen, schnappen Sie sich den Fuzzi hinterm Tresen (wen interessiert's, daß er gerade irgendeiner Truse die verstaubte Best-of von Kraxlsepp Hinterthaler eintüten will - piepschnurz!) und zwingen Sie ihn, SOFORT Song Nummer zehn (in Ziffern: 10!) vom neuen Dickinson-Album in ALLERHÖCHSTER Lautstärke über seine Berieselungsboxen zu jagen, bis die Schnäppchen-Angebote im Schnulli-Regal den Molotöw tanzen. 'The Alchemist' ist eine unübertroffene Mixtur aus alter Maiden-Herrlichkeit und Frischdienst-Vibes: Elefantöse Schiffssirenen-Trompeten, erdig schleifendes Riffing, eine am offenen Feuer geschmiedete Edelstahl-Hymne und ein Gitarrensolo, das sich vor Ritchie Blackmores Jahrhundertwerk 'Stargazer' verbeugt. Na? Geht das nicht amtlich auf die ZWÖLF? Jaha!(...)" (Matthias Breusch, Rock Hard Nr.137 - Link zum Review )
Nun ist "The Chemical Wedding" dieser Tage im Rahmen Dickinsons großer Solorevue "Soloworks" tatsächlich erstmals auf Vinyl erschienen und ein hastig durchgeführter Soundvergleich mit der seit 19 Jahren im Regal stehenden CD ließen sowohl Herrn als auch Frau Dreikommaviernull mit heruntergelassenem Schlüpper ratlos und mit großen Augen auf die Lautsprecher starren: was zuvor schon bei vielen ähnlichen Vergleichen zwischen den ehemals hippen Silberdingern und dem schwarzen Gold auffiel, von Maiden über Nirvana und Monster Magnet bis zum bislang größten Abschuss mit einer alten Aufnahme von Alice Coltrane, nämlich eine, pardon: bodenlos scheiße klingende CD nämlich, verstärkte sich im direkten Vergleich mit der vermutlich mit sattem Vinylmastering ausgetatteten Vinylversion des 1998er Streichs dieser Megaband noch - und nachdem ich mich von meinem hysterischem Gequieke angesichts des klanglichen Unterschieds wieder ein wenig beruhigt hatte, durfte ziemlich ungeniert die Frage gestellt werden, wie es sich 19 Jahre mit diesem dumpfen, platten, verklebten, hyperkomprimierten und verwaschenen Scheißdreck (die Gitarren! DIE GITARREN!) aushalten ließ. Wer sich also trotz des schon vor fast 20 Jahren zusammengezimmerten Altars nochmal neu in dieses makellose, zu beiden Teilen klassische und moderne Heavy Metal Album verlieben mag, sollte hier unbedingt zuschlagen.
"The Chemical Wedding" gehört für mich zu den besten Metalalben der 1990er Jahre, vielleicht sogar darüber hinaus: in seiner beinahe intellektuellen Dunkelheit und Ernsthaftigkeit, in seiner Musikalität, seiner Deepness, dem elastischen und charakterstarken, weil eigenständigen und einzigartigen Sound, einer fast unwirklichen Ansammlung von echten, tief bewegenden Hymnen zwischen Melodie, Härte und großen Gefühlen von einer furios aufspielenden Band, die wahrlich die Funken fliegen lässt, und als Krönung einem sich die Seele aus dem Leib singenden Bruce Dickinson, bleibt "The Chemical Wedding" unerreicht.
Erschienen auf Sanctuary Records, 1998.
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