05.09.2015

Ausgeräuchert




VETIVER - TO FIND ME GONE


Dark Hippie Folk für die Barfüßigen. Wenn du Nacht kommt, ist es Zeit für Vetiver. 

Vetiver ist ein ätherisches Öl, das aus den getrockneten Wurzeln des Khas-Khasgrases gewonnen wird. Seine Wirkung wird als entspannend, wärmend, aufbauend, erdend, stressabbauend, antidepressiv und stimmungsaufhellend wahrgenommen, sein Duft als geheimnisvoll, erdig und holzig beschrieben. Angewendet wird dieses Öl bei seelischen und nervlichen Verspannungen, Erschöpfungszuständen und Ängsten. Und es ist bestimmt kein Zufall, dass all das auch auf "To Find Me Gone", dem zweiten Album des Kollektivs Vetiver zutrifft. Im Kern gibt Andy Cabic den Ton an. Der Mann, der hauptberuflich im Devendra Banhart-Kosmos umherschwebte und mit dem Folkbarden die Welt bereiste, hat sämtliche Songs von "To Find Me Gone" geschrieben, sie aber von einem ganzen Haufen "good folks and friends"einspielen lassen. Jeder durfte mal ran, so dass sich nicht weniger als 21 Musiker auf der Liste aller Beteiligten tummeln. Folk Music Gang Bang.

Wieder mal Folk, also. Aber sehr angenehmer, dunkler, nocturner Folk mit deutlichen Singer/Songwriter Wurzeln. "To Find Me Gone" ist vielleicht sogar die Scheibe, die der Black Rebel Motorcycle Club nach seinem Zweitwerk hätte aufnehmen sollen, wenn sie schon in Richtung Akustikgitarren gehen wollten. Akustische Gitarren flirren auch auf Vetivers Album umher, umschwirren den Song wie die Motten das Licht. Es ist schon auffällig, wie sehr sich die Musiker bemühen, den Song nicht aus dem Fokus zu verlieren. Die große Gemeinschaft dieses Werks wird es schon richten. So schleicht Cabics Musik zwar leise, aber selbstbewusst durch die Lautsprecher und erzählt Geschichten über Nähe und Distanz und über die Zeit, die zwischen diesen beiden Worten den Sekundenzeiger unerbittlich nach vorne schubst. Cabic selbst nennt es ein "Album der Erinnerung um das Fernbleiben zu besiegen". 

"To Find Me Gone" wird nur ein einziges Mal laut. Im Outro von "Red Lantern Girls" kreischt und feedbackt eine elektrische Gitarre minutenlang außer Kontrolle umher und reißt die Platte ordentlich aus dem Zusammenhang. Ansonsten kann man es sich zwischen nokturnen Großtaten wie "You May Be Blue" oder dem fantastischen "Maureen" richtig gemütlich machen, das Licht löschen und die zerbrechliche Stärke dieses Albums bewundern. Es wandert barfuß auf Glasscherben umher, ohne sich zu verletzen. Störrisch, eigen und schön.






Erschienen auf FatCat Records, 2006.


Keine Kommentare: