MELANIE DE BIASIO - NO DEAL
"C‘est pas vraiment du jazz, mais c‘est aussi du jazz."
Es ist beinahe unmöglich, diese Platte in Tageslicht zu hören. Es ist auch ungehörig, diese Platte in Tageslicht zu hören. Streng genommen zerfällt jeder, der diese Platte in Tageslicht hört zu Staub. Oder zu einem Bündel Bio-Knoblauch, als Strafe.
"No Deal" ist Nachtmusik, und so ausgeschrieben ist es fast eine Untertreibung. Nokturn, dunkelrot glühend, intim, gar so intim, dass man fast ein bisschen nervös auf dem Stuhl herumrutscht, weil alles so nah erscheint. Emotional nah. Weil die Instrumente so klingen, als wären sie von einem selbst handgeschnitzt worden. Die Geschichten von Di Biasio so kontemplativ, weil man sie selbst sein Leben lang auf dem eigenen Buckel herumträgt und von ihrer universellen Richtigkeit überzeugt ist, selbst wenn niemand sonst so fühlt. Die Stimme so eindringlich, dass der Atem zu spüren ist. Im Nacken. Im Ohr. Gänsehaut auf den Armen.
So viel Luft wie hier zu finden und zu hören ist, so wenig Luft ist hier zu finden und zu hören. Selbst wenn der Swing hier und da für ein wenig Raum sorgt, so klaustrophobisch räkelt sich das geknüpfte Netz aus Moll und Hall am eigenen Körper hoch, wenn der Blues wieder das Zepter übernommen hat. Diese Musik kommt aus der Tiefe der Dunkelheit ganz langsam nach oben gekrochen, an die Erdoberfläche. Nur bei Nacht. Dann spannt sie ihre Weisheit über den ganzen scheiß Planeten.
Und wenn das Timing stimmt, dann hat man nachts um 4 und spätestens beim Ende von "With All My Love", diesem ungeschlagenen Feedbackbrodeln und dem zweifellos besten Moment, der im abgelaufenen Jahr zu Klang wurde, plötzlich das Verständnis für das Kollektiv, für alles und jeden, für jeden Zusammenhang.
Ein paar Minuten braucht man zum Sammeln der Gedanken. Dann lässt man die Rolläden einfach unten und es geht von vorne los.
Eternal Darkness.
Erschienen auf Play It Again Sam, 2014.
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