The Life And Times - The Magician
The Life And Times sind für mich eine der coolsten Bands der letzten 10 Jahre und aus zwei Gründen mittlerweile etwas ganz Besonderes. Zum einen führte ich mein allererstes Interview als, ähem, Musikjournalist mit Allen Epley, seines Zeichen Gitarrist und Sänger des Trios aus Kansas City, zum anderen ist ihr Debutalbum "Suburban Hymns" (die "The Flat Of The Earth"-EP klammere ich an dieser Stelle aus) aus dem Jahr 2005 seit ihrem Erscheinen zu einem wirklich großen Album herangewachsen. Da solche Entwicklungen angesichts der Veröffentlichungsflut und der damit einhergehenden Unübersichtlichkeit und schlichten Durchschnittlichkeit immer seltener werden, ist es durchaus an der Zeit, die Kapelle kurz in den Fokus dieses Blogs zu zerren.
The Life And Times entstanden nach dem Split der Kansas-Institution Shiner, die Epley bis dato ein Zuhause als Gitarrist schenkte. Shiner standen bis dato für schweren und noisigen Indierock und wurden immer mit dem D.C.-Sound in Verbindung gebracht. Unter anderem veröffentlichte die Band 1997 eine Single auf Sub Pop ("Sleep it Off/Half Empty"), und spätestens jetzt sollte klar sein, welcher Sound hier zu erwarten ist. Epley formierte Anfang des Jahres 2005 The Life And Times zusammen mit Eric Abert am Bass und Chris Metcalf am Schlagzeug und nahm unter der Regie des ehemaligen Shiner-Bassisten die Songs für "Suburban Hymns" auf, die anschließend von J.Robbins fitgemischt wurden. Das Ergebnis ist eine dunkle, epische Verneigung vor einem Sound, den man nur noch selten zu hören vermag: er schrammelt, ist hymnisch, melancholisch, umarmend, wärmend, dabei alles andere als anspruchslos und ungeheuer kraftvoll in seinen Bildern. Vor allem letzte Komponente wird offensichtlich, wenn man sich mit den beiden zappendusteren Melancholiemonstern "Skateland" oder "Muscle Cars" beschäftigt.
"The Magician" ist nun eine 2006 nachgeschobene und nur in Japan veröffentlichte EP mit fünf Stücken, die die Qualität tatsächlich nochmal nach oben schrauben konnten. Nach Erhalt dieses Schätzchens war mein Plattenspieler für ein paar Tage beschäftigt. The Life And Times klingen auf "The Magician" einerseits eine Spur noisiger und dreckiger, haben es dabei aber andererseits geschafft, den hymnenhaften Charakter ihrer Songs zu bewahren und damit ihren sehr eigenen, originellen Sound noch weiter zu definieren. Das Trio wirkt erstaunlich selbstbewusst, aber sorry: kein Wunder bei diesen Songs! Über die komplette B-Seite mit den Sternstunden "Ave Maria" und "The Sound Of The Ground" könnte ich hysterisch kreischend Gänsehautpickel zählen. Dazu kommt mit "Killing Them Softly" eine mögliche Unterwasser-Aufnahme eines möglichen Alice In Chains-Songs, den die Alice allerdings möglicherweise niemals auf die, haha, Kette bekommen hätte. Kurz gesagt: ich heule vor Ergriffenheit.
Vor kurzem haben The Life And Times ihr neues Album "Tragic Boogie" veröffentlicht. Ich mache sowas normalerweise nicht, aber diesmal gibt's ne Ausnahme: bitte hier kaufen. Die Band steckt Vinyls in eine Pizzaschachtel einer Pizzeria aus Boston, bedankt sich artig für den Kauf und kann ein paar Kröten sicherlich ganz gut gebrauchen.
[pathos]Tut es für die Musik![/pathos]
"The Magician" von The Life And Times ist 2006 auf Stiff Slack Records erschienen.