26.07.2025

My Nineties Were Better Than Your Nineties - #189: Corrosion Of Conformity - Wiseblood




CORROSION OF CONFORMITY - WISEBLOOD


"Nicht Merkel hat die Flüchtlingsströme ausgelöst. Der Auslöser war, dass den Millionen von Flüchtlingen in der Türkei, Jordanien und dem Libanon von den reichen Industrienationen die Hilfsgelder für die Nahrungsversorgung aus purem Geiz halbiert wurden, gegen alle Warnungen der Fachleute. Dann haben sich Hunderttausende in Bewegung gesetzt." (Georg Schramm)

 

Corrosion Of Conformity haben in den neunziger Jahren drei Alben veröffentlicht - und die Entscheidung, einfach alle stumpf in die Top 200 zu schmeißen, wäre so grundfalsch nicht. Oder lassen Sie es mich präzisieren: jedes Neunziger-Werk der Band aus North Carolina könnte in den Top 200 stehen. Aber es ist wie im Kapitalismus: jeder kann hier reich werden - aber eben nicht alle. 

Nun ist allzu breitbeinige Rockmusik mit Südstaatenduktus und Macho-Attitüde so ziemlich das letzte, mit dem ich in Verbindung gebracht werden möchte, und wer vor allem ihre Alben ab "Blind" (1991) kennt, könnte angesichts dieses just öffentlich gewordenen Widerspruchs des feinen Herrn Florian die Stirn mal wieder in eine schöne Mondlandschaft verwandeln. Aber kann ich mich gegen diesen unerbittlichen Groove wehren? Gegen diese Gitarrenriffs, die durch Panzerglas marschieren können? Gegen eine Produktion, die so lebhaft, so dreckig, so real ist? Ich lamentiere seit Jahren über den ganzen zeitgenössischen rockmusikalischen "Schmarrn" (Beckenbauer), der vom Bodensatz sowohl moralisch wie künstlerisch heruntergekommener Produzenten, Managern und Musikern so anpassungsfähig und zum Kotzen schmutzabweisend hingestrickt wurde, als sei's eine beige OuTdOoRjAcKe für die Sonntagswanderung auf den Rotzenbiegel oder wohin - da lass' ich mal Fünfe gerade sein, wenn das atmosphärische Testosteronniveau in den roten Bereich ausschlägt. 

Die Entscheidung für DIE_LISTE fiel praktisch im letzten Moment auf "Wiseblood", das damit den vormals gesetzten und im Jahr 1994 erschienenen Vorgänger "Deliverance" aus dem Rennen nahm. Die Herzallerliebste fragte mich zuletzt beim Testhören, was das denn jetzt eigentlich sei: "Läuft das eigentlich unter Metal? Stoner? Alternative? Oder ist es einfach nur...naja....Rock?!" - und "Wiseblood" ist genau das Album ihrer Diskografie mit der eindeutigsten Antwort auf Fragen wie jene: All of the above. Maximal eklektisch - und gleichzeitig genuin und kompromisslos. Und außerdem einfach heavy as fuck! 


Vinyl und so: Das auf Reissues spezialisierte Label Music On Vinyl (MOV) veröffentlichte in den letzten Jahren einige Titel der Band, neben dem ebenfalls als Klassiker geltenden und oben erwähnten "Deliverance" gehört auch "Wiseblood" dazu. Die Version auf schwarzem Vinyl ist aktuell noch für um die 30 Euro erhältlich und auf jeder Ebene absolut empfehlenswert. Es wird gemunkelt, dass Music On Vinyl hinsichtlich der Lizenzierungen für ihre Nachpressungen hier und da im Zwielicht agieren, ihre Qualitätsstandards liegen allerdings auf dem allerhöchsten Regal. Für die 2019, beziehungsweise 2020 erschienenen Varianten auf farbigem Vinyl, ebenfalls über MOV, müssen zwischen 50 und 70 Euro bezahlt werden. Für die Originalpressung in halbwegs gutem Zustand - die Platte ist immerhin mittlerweile auch knapp 30 Jahre alt - kann es dreistellig werden.



Erschienen auf Columbia Records, 1996.

Keine Kommentare: