VOIVOD - THE WAKE
Es wird sich zwischenzeitlich herumgesprochen haben: ich bin Voivod-Fan, großer sogar. Aber in mindestens jenem Maße, in dem ich kritiklos auf allen verfügbaren Knie herumrutschen kann, bringt es vermutlich das vermaledeite Alter mit sich, gleichfalls sehr streng sein zu können und also die Peitsche lauter knallen zu lassen, als das bei der mir völlig egalen Band Inzest-Utzelglutzel aus dem Westerwald oder woher passieren würde. Voivod waren bis nach ihrem Intermezzo mit Sänger/Bassist Eric "E-Force" Forrest, das immerhin zu einem sehr guten ("Negatron") und einem gar alles überragenden ("Phobos") Album führte, der mutige Wandel in Personalbandunion. Vorwärts immer, rückwärts nimmer, progressiv im eigentlichen Wortsinn. Die Band machte in ihrer Sturm- und Drangzeit alle ein, zwei Jahre formvollendete Entwicklungssprünge, für die andere Bands nicht mal die geistige Kapazität ihrer kompletten Karriere hätten aufbringen können. Nach der sich der E-Force Phase anschließenden Reunion mit Originalsänger Snake, dem Tod von Riffmeister Piggy 2005, einem gewohntermaßen instabilen Posten am Bass und mit halbgar noch sehr freundschaftlich bewerteten Alben wie "Infini" und "Katorz", erstarrte die Wandelmaschine Voivod. Fortan fokussierten sich die vier Helden vor allem im bereitwilligen Erfüllen von Erwartungen der übrig gebliebenen zwei Handvoll Fans, denen sehnlichster Wunsch es zu sein schien, die beiden Klassiker "Killing Technology" und "Dimension Hätröss" in Endlosschleife zu hören - das Ergebnis war das recht eindimensionale 2013er Album "Target Earth", das es seinerzeit nicht in meine Top 20 schaffte - und es auch heuer nicht schaffen würde.
5 Jahre später schafft es indes der Nachfolger "The Wake" und zwar ziemlich locker, i.S.v.: "The Wake" war nach einem Dutzend Hördurchgängen sicher gesetzt. Zwar hat sich die Band erwartbar nicht neu erfunden und bewegt sich immer noch in ihrer musikalischen Komfortzone (in der sie allerdings auch unangefochtener Alleinherrscher ist), aber sie haben sehr erfreulicherweise durchgelüftet: Komplexitätsniveau der Arrangements: rauf! Konzept und Atmosphäre: Ausgefeilt! Die Motivation: Spiellaune galore! Die stilistische Ausrichtung: endlich wieder offener. Weniger Drang zum Häffi Mettl mit Baumstamm im Pöter, dafür Überhangmandate für überraschende Ideen und Hooklines, die mir nicht mehr aus dem Kopf wollen. Dazu eine deutlich wahrnehmbare Lockerheit und Souveränität (vgl. "Spielfreude"), die ihnen so lange abhanden gekommen schien. War schon die EP "Post Society" ein Schritt in die richtige Richtung, ist "The Wake" das Ergebnis einer neu zusammengewachsenen Band, die nochmal Bock bekommen hat. Angesichts einer mittlerweile gleichgemachten Metalszene, in der "more of the same" und der unerträgliche Wille zur falsch verstandenen Loyalität seit Jahrzehnten die beiden erfolgsversprechenden Fixpunkte sind, an denen sich jeder Kuttenhorst entlanghangelt, ist die Auseinandersetzung mit "The Wake" eine reine Wohltat.
Pressung: ++++ (keine Auffälligkeiten festgestellt)
Ausstattung: +++++ (Voivod-Etching auf der D-Seite, Gatefold, Lyrics, Poster, rotes Vinyl - mehr geht nicht)
Erschienen auf Century Media, 2018.
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