08.08.2015

Sommer, Spaß und LSD



PAQUA - AKALIKO


Schwer zu sagen, ob mir in den vergangenen Jahren ein Album untergekommen ist,  das eine ähnliche große Lücke zwischen weitgehender Obskurität auf der einen und fanatischer Begeisterung bei Eingeweihten auf der anderen Seite vorweisen kann. Das Debutalbum dieses kontinentübergreifenden Projekts von Paul Murphy (u.a Bison und Labelchef von Claremont 56), Quine Luke und Patrick Wood (Phenomenal Handclap Band), Patrick Dawes (Groove Armada) und Alex Searle stand bei mir schon seit Veröffentlichung im Mai 2014 auf der Warteliste, und während ich noch darüber sinnierte, ob ich mir wirklich so blind und taub die Doppel-LP für 25 Schleifen oder doch zunächst eher den Download für ein Drittel rauslassen soll, hatte der bekannte und beliebte Stuttgarter Plattenladenmann Tommes "Akaliko" schon in seiner Top 10 Liste für das Jahr 2014 eingetragen. Nun, ein gutes Jahr später, ist die LP nur noch schwer (= im Tausch mit viel zu hohen Versandkosten) erhältlich, was immerhin die Entscheidung einfacher machte. 

Wer "Akaliko" kennt, ist automatisch bekehrt. 

Ich lebe jetzt seit mehreren Wochen mit dem Download von "Akaliko" und weiß jetzt: ich hätte es viel früher tun sollen. Andererseits passt die Platte zu den aktuellen Saharatemperaturen wie der berühmte Arsch auf den noch berühmteren Eimer, denn ein besseres Timing ist kaum vorstellbar. "Akaliko", übrigens das buddhistische Wort für "zeitlos", ist ein ein mit positiv geladenen Goldionen vollgestopfter, fluffiger Fliegenpilz-Psychedelic-Teig, ein bekifft-bedudelter Sonnenanbeterrock mit Groove, Funk, Groove, Funk und Groove. Und Funk. Es ist sowas wie der endgültige Soundtrack zum Leben von Jeffrey Lebowski zwischen frisch gemixten White Russians und frisch gedrehten Joints in der Badewanne bei 35°C Außen- und Innentemperatur. Zwischen Strohhut, einem aus dem halb aufgeknöpften Hemd herausquellenden Brusthaartoupet und einem 8-Tage-Bart. Nicht im Sinne von einem, der den unteren Teil von Laternenmasten im Frankfuert Gallusviertel ableckt, sondern schon stilvoll und echt, kauzig, bisschen verrückt. 

Die Herzallerliebste bemerkt dagegen eine gewisse Cheesiness, die sich unter dem entspannten Liebesgetümmel tatsächlich desöfteren zeigt, und es damit strenggenommen gar nicht mehr so cool macht, aber zumindest meine diesbezüglichen Detektoren sind mit einem Blick auf die eigene Plattensammlung sowieso nicht überdurchschnnittlich gut ausgebildet. Heißt: ich finde das gar nicht schlimm. "Akaliko" ist unironische, sehr sonnige und unbeschwerte Musik mit einem über den Rücken getragenen Sack voll mit Glücklichmachern aus der Welt der Mykologie. Für den Tiefgang und das bewegte Leben. Alles rein natürlich. Natürlich.




Erschienen auf Claremont 56, 2014.


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