Platz 3:
DEMOLITION HAMMER - EPIDEMIC OF VIOLENCE
Ich habe mir "Epidemic Of Violence" am Veröffentlichungstag der Iron Maiden-Single "Be Qick Or Be Dead" gekauft, am 13.4.1992, im alten Frankfurter Musikladen, als jener noch in der Kinopassage der Hauptwache war. Der Raum war kaum größer als meine heutige Küche, und die Plattencover in den Fächern waren leer, weil das schwarze Gold in den Wandregalen hinter dem Tresen stand. Brachte man also eine (leere) Hülle zu den coolen Fuckern, die die Herrscher über diesen wunderbaren Bestand waren, zogen sie in Rekordgeschwindigkeit das dazu passende Inlay nebst Schallplatte aus dem Regal, schoben beides in die Hülle und kassierten die Kohle. Und das waren wirklich coole Fucker. Einer von ihnen fragte mich mal (beim Kauf der zweiten Killers Platte "Murder One"), ob ich auch beim Gig von Paul Di'Anno in Frankfurt gewesen sei. Da war ich 15 und natürlich war ich nicht da. "Nee. War gut?" -"Boah, das war so hammergeil, ey." Hätte man damals schon gewusst, dass gut 20 Jahre später der Ausdruck "Fuck My Life" in diesem crazy little thing called Interfuckingnet den Blinddarmdurchbruch feiern würde, hätte ich es wohl 1992 zum ersten Mal laut ausgerufen. Dann Tantiemen, Hollywood, Koksüberdosis, Tod mit 32. In eine Mitarbeiterin des Musikladens war ich in meiner pubertären Phase ("Da kommst Du auch noch rein."(Mutti, vor 3 Tagen)) böse verknallt, und als ich sie beim Benediction Konzert 1993 im Frankfurter Negativ vor dem Club stehen sah, musste ich natürlich extrem supercool an meiner Cola nippen. Mit niederschmetterndem Erfolg. Nee, Moment: "Erfolg".
Kleiner Ausflug in mein Leben des Jahres 1992 (den anderen Teil mit Rollkunstlauf, blauen Flecken, Paiettenkostümen und Stretchhosen erzähle ich irgendwann mal. Später. Viel später.), der zugegebenermaßen nur am Rande etwas mit Demolition Hammers zweiten Album zu tun hat, aber man muss das hier ja auch alles mal auflockern. Außerdem, und das war es auch, was ich eigentlich sagen möchte, sollte "Be Quick Or Be Dead" ja eine der besseren Nummern auf Maidens späterer- pardon! - Scheißplatte "Fear Of The Dark" sein, und ich hörte den Song in meiner Vernarrtheit über Stunden hinweg auf Endlosschleife - was etwas aufwändig sein kann, wenn man sich die 12"-Single kauft und der Plattenspieler die Repeatfunktion nicht kennt. "Be Quick Or Be Dead" wurde allerdings nach den ersten Sekunden des Openers, Achtung, festhalten:"Skull Fracturing Nightmare" (gnihihihi) atomisiert. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands der damaligen Zeit wurde das New Yorker Quartett nicht langsamer oder grooviger, sie wurden schneller, härter, brutaler. Wie es schon Frank Albrecht in seiner Review zu "Epidemic Of Violence" im Rock Hard Magazin ausnahmsweise völlig richtig feststellte, muss man es diesen Wahnsinnigen hoch anrechnen, dass sie nach ihrem Debut "Tortured Existence" und dem darauf gebotenen Gemisch aus Thrash und Death Metal nicht etwa in Richtung Death Metal weiterliefen, sondern die Abfahrt für den wohl extremsten Thrash Metal aller Zeiten nahmen, und zwar mit Schmackes! "Epidemic Of Violence" ist mit Leichtigkeit eines der beeindruckendsten Metal-Alben der letzten 20 Jahre.
Wer sich bis zu dieser Stelle durch meine letzten Beiträge gekämpft hat, wird festgestellt haben, dass ich dem Produzenten Scott Burns ein Denkmal in mein Schlafzimmer gestellt habe und es jeden Abend mit einem Tässchen Tofublut und einem Lappen Seitansteak ehre. Umso schwerer wiegt der folgende Satz: Demolition Hammer haben mit der Entscheidung, "Epidemic Of Violence" nicht etwa wie das Debut von Burns, sondern von Tony Soares produzieren und mischen zu lassen, allesallesalles richtig gemacht. Zwar hat Soares wie Burns auch die Rhythmusfraktion in erster Linie auf dem Schirm und entsprechend nach vorne gezogen, die Gitarren und der Gesamtsound klingen indes deutlich transparenter und fokussierter als in den Produktionen von Burns. Und mein Gott, klingt das gut. Unbedingt originell, gnadenlos hart. Es ist nicht nur, aber zu einem großen Teil auch dieser fantastische Sound, der "Epidemic Of Violence" zu einer Genre-Sternstunde macht. Die weiteren Zutaten: bessere Riffs als auf "Tortured Existence", eine sprachlos machende Intensität und Kompromisslosigkeit, die heiser-brüllkrächzende Stimme von Steve Reynolds, die man unter Tausenden Schreihälsen sofort heraushört und ein komplett irrer Schlagzeuger, der beim Höhepunkt der Platte "Omnivore" mal eben den dritten Weltkrieg auslöst. Und vier Jahre nach Veröffentlichung dieses Albums angeblich an einer Vergiftung durch falsch zubereiteten Kugelfisch starb.
Um Classicthrash.com zu zitieren:"It doesn't get much heavier than this, really."
Erschienen auf Century Media, 1992.
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