WARRIOR SOUL - SPACE AGE PLAYBOYS
Supershine For Ever.
Das vorerst letzte offizielle Warrior Soul Studioalbum "Space Age Playboys" holte dann im mehrfacher Hinsicht zum endgültigen Schlag des Wahnsinns aus. Nach dem Verlust des Geffen-Deals und dem Weggang von Drummer Mark Evans und Gitarrist Johnny Ricco, letzterer wurde von Clarke während der Songwritings-Sessions um ein Haar mit einer Gartenhacke gelyncht, bevor er Clarke mit einem Paar Nunchakus vermöbelte - die Jungs müssen damals verdammt viel Spaß gehabt haben - entschied sich Kory für eine komplette Frischzellenkur: Die Haare waren weg, der Wave-Einfluss wich weitgehend einem schnellen, schrillen Punkrock, das Cover war knallbunt. Die Band sah nicht nur äußerlich so aus, als sei sie in ein mit Amphetaminen gefülltes Schwimmbecken gesprungen, sie machte auch die passende Musik dazu und präsentierte einen völlig überdrehten, schnellen, hochmelodischen Acid Punk, übrigens eine von der Truppe selbst gewählte Bezeichnung. Das Gaspedal bis zum Boden durchgedrückt, hyperventilierten sich die Burschen durch 13 vertonte Ecstasy-Pillen, die mit zum Besten zählen, was in den Neunzigern das Licht der Welt erblickte. Einen nicht kleinen Anteil daran hatte Clarkes neue Begleitband: Originalbassist Pete McClanahan blieb an Bord (wenn auch nachwievor mit einer veritablen Heroinabhängigkeit kämpfend), neu hinzu kamen ex-Nuclear Assault Trommler Scott DuBois und mit Chris Moffet und X-Factor gleich zwei Gitarristen, die die satten Riffs mit ungeheurer Wucht in den Sound peitschten.
Doch auch "Space Age Playboys" ging leider ziemlich unter und erreichte lediglich unter einer Handvoll Musikverrückter echten Kultstatus; es waren vor allem die britischen Anhänger, die mit der leichten Richtungsänderung die wenigsten Probleme haben sollten. Viele Warrior Soul-Fans der ersten Stunde wandten sich indes sogar von der Band ab, weil ihnen einerseits die politische Auseinandersetzung fehlte, die bislang auf jedem Soul-Album zu finden war und somit zu einem Aushängeschild der Band wurde, zudem bewerteten die damaligen Rockfans die abgeschnittenen Haare Clarkes bereits als Verrat am Metal und dem Vaterland oder an Rasierschaum aus der Dose - ich weiß es nicht. Metallica, übrigens selbst Warrior Soul-Fans, konnten immerhin über diese Sache einige Jahre später selbst ein Liedchen singen.
Aber zurück zum Wesentlichen: Clarke verließ mit "Space Age Playboys" mitnichten den politischen, rebellischen Weg der früheren Platten, im Gegenteil: nie war er aufmüpfiger als hier. Was sich sehr wohl veränderte war der Blickwinkel. Wo frühere Inhalte durchaus als schwarzmalerisch interpretierbar waren, als Underdog-Lyrik mit Opfertenor, zog Clarke den Regler ab 1994 auf totale Freiheit, totale Extase und totale Anarchie hoch. Warrior Soul waren auf "Space Age Playboys" entfesselte Freigeister, die die sozialen und politischen Missstände unserer Welt immer noch genau im Fokus hatten, ihnen aber nun mit unkontrolliertem Widerstand, mit Grenzenlosigkeit und mächtigem Freiheitsdrang gegenübertraten.
"Space Age Playboys" ist bis heute das rebellischste Manifest des Kory Clarke. Gefährlich, anarchistisch, grenzenauflösend und-verschiebend.
Erschienen auf Music For Nations, 1994.
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