07.07.2012

Tout Nouveau Tout Beau (4)


DOLPHINS INTO THE FUTURE - CANTO ARQUIPELAGO

Vogelgezwitscher. Mönchschoräle. Tribals. Jazz. Das Meer. Saftiges Gras. Posaune. Lavageblubber. Alice Coltrane. Bäume. Die Kuh macht muh. Kosmische Strahlen. Wasser. Hypnose. Tangerine Dream. Leben. Geburtskanal. Aluminium. Kikeriki. Holz. Rettet die Wale, bumst die Menschen. Dein Stevie Wonder.

Erschienen auf Underwater Peoples Records, 2012.



JULIA HOLTER - EKSTASIS  

Da hatte mir meine Intuition einen Streich gespielt. Ich verortete Julia Holter in der Ecke der notorischen und jugendlichen Rauscher; ein Doppelalbum voller ätherischer Vollverschwebung sah nach genau dem passenden Puzzleteil aus, mit dem ich meinen Sommer vervollständigen konnte. Falsch gedacht: zwar ist "Ekstasis" nun kein schmissiges Eurodance-Werk geworden, aber die Kalifornierin arbeitet außer mit Nebelwänden und entfernt hallenden Glitzersounds auch mit poppigem Gesang und manchmal fast kindlicher Naivität - und vielleicht ist es gerade ebenjene, die ich mit Holters eigentlichem Entwurf der minimalen Opulenz nicht in Einklang bringen kann. Ihre Musik ist massiv und "höggschd" (J.Löw) komplex, die Soundgeister, die sich scheinbar ziellos durch "Ekstasis" wallen, sind in Bezug auf die unterschiedlichen Ebenen, auf denen sie sich bewegen, Legion. Und doch ist Holters Musik zerbrechlich und fragil, unwirklich, wie hinter einer dürren Nebelwand künstlich inszeniert, und gar nicht so selten schlittert sie haarscharf am Kitsch entlang. Das ist für den Moment und darüber hinaus durchaus überwältigend (i.S.v. irritierend), es ist aber auch sehr inspirierend. Noch bin ich völlig unentschlossen, was ich damit anzufangen habe, aber wenn ich noch einen Artikel mit prätentiösem Quadratquatsch, wie er, na sagen wir mal: in der Spex herumsteht, zu "Ekstasis" "lesen" "muss", "breche" "ich" "mir" "genau" "jetzt" auf die "Füße". 'zefix!

Erschienen auf RVNG INTL, 2012.



GREAT WHITE - HOOKED  

Ich hab's ja nicht so irrsinnig mit Blues. Da ich es aber im Gegenzug sehr wohl mit Great White habe, ist die erste Aussage dummerweise *schwupps* irrelevant. Great White sind Blues, und das war nie deutlicher als auf diesem Album von 1991. "Hooked" ist in der Karriere des US-amerikanischen Quintetts mit der bewegten Geschichte durchaus aus Ausreißer, denn obwohl die ehemaligen Millionseller schon immer sehr entspannt und lässig unterwegs waren, sind sie hier endgültig auf einem schockgefrosteten Lässigkeitsfaktor angekommen. Das muss nicht zwangsläufig den Heiligenschein herausfordern, und ihr Songwriting hat schon deutlich bessere Tage gesehen: "Call It Rock'n'Roll" und "Can't Shake It" sind beispielsweise nicht mehr als banale Rocker von der Stange mit Dünnbrettbohrer-Refrains und -Texten. Ehrlich gesagt weiß ich auch nach 21 Jahren nicht, wo die Band mit "Hooked" hinwollte. 1991 ging als "The year Grunge broke" in die Musikgeschichte ein (wovon sie übrigens erst mit dem großartigen Nachfolger "Psycho City", dann aber mit voller Wucht, getroffen wurden), und die fünf Jungs setzten dieser Veränderung ein Album entgegen, das nicht weiter von der sich gerade neu zusammensetzenden Musikszene entfernt sein konnte. "Hooked" ist chilled. Tiefenentspannt. Blurry. Volltrunken auf der Veranda, 85°C, und die Sonne bratzt Dir gerade die Hirnganglien zu einem Vanillepudding von Dr.Oetker zusammen. Ich kann mich ja nicht ausschließlich im autonomen Jugendzentrum bei Kaffee und Adorno aufhalten. Man sieht's mir nach, bitt'schön.

Erschienen auf Capitol Records, 1991.  

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