...lege ich mich jetzt bis Sonntag in die Feuerzangenbowle. Rutscht gut rein, ihr wundervollen Menschen.
Habe die Ehre.
*bussi*
...lege ich mich jetzt bis Sonntag in die Feuerzangenbowle. Rutscht gut rein, ihr wundervollen Menschen.
Habe die Ehre.
*bussi*
Ich hatte es bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf diesem Blog angesprochen und vermutet, aber dass "Jupiter", das Comebackalbum der Techno-Death Legende Atheist, tatsächlich derart fulminant ausfallen sollte, damit hatte ich selbst bei aller Begeisterung nach den ersten Hörproben wirklich nicht gerechnet. Das erste Lebenszeichen der Band seit 1993 knüpft qualitativ an die drei Klassiker "Piece Of Time", "Unquestionable Presence" und "Elements" an und ist damit das einzige mir bekannte Comebackalbum alter Thrash- und Death Metal-Haudegen, das den Standard ihrer vorzeitlichen Großtaten zumindest halten kann - und ich bin ob dieser Tatsache immer noch baff, um ehrlich zu sein.
"Splazsh" ist eines der abgefahrensten Alben des Jahres 2010 und da fehlen mir glatt ein wenig die Worte. Egal, was ich hier schreiben würde, es wäre innerhalb weniger Sätze das Einfachste auf der Welt, meine Worte umgehend zu widerlegen. Würde ich beispielsweise schreiben, dass die A-Seite mit dem Opener "Hubble" und dem mit einigen Soulfetzen angereicherten "Lost" sowie dem kurzen Ambientfloater "Futureproofing" eine düstere Post-Alles-Landschaft entwickelt, die sowohl Dubstep als auch Ambient und Techno als Fixpunkte aufs Tableau zaubert, dann wäre schon beim ersten Plattenumdreher auf die B-Seite alles perdue: ein tiefer und verschachtelter Dubstep-Irrgarten auf "Get Ohn", ein großer ironischer Post-Pop-Entwurf in "Always Human", danach ein übersteuerter Bass-Schmerz mit stolpernden und allerhöchstens angedeuteten Beats. Dazu gibt es dunkle Synthie-Anleihen und schemenhaft erkennbare Songstrukturen bei "Maze" und einen lupenreinen 80er Jahre Smasher mit "Purrple Splaszh".
Der Lehrer bezeichnete diese Band einst als "Schülerband" und gestand kurz darauf inhaltlich durchaus angemessen, Disappears einfach nicht zu verstehen. Angesichts seiner diesjährigen Sufjan Stevens-Ver(w)irrung kann das nur als Qualitätsmerkmal gedeutet werden, aber lassen wir die Kirche im Dorf: das hier ist auch nicht wirklich Musik für "Oma Meume und Familie Fliewatüt" (S.Gärtner).
Auch Disappears kamen bereits im Laufes des Jahres 2010 auf diesen Seiten zu der ein oder anderen lobenswerten Erwähnung und meine Begeisterung ob ihres dreckig-verwehten Garagensounds ist nicht nennenswert zurückgegangen. Noch immer bestimmt in erster Linie ihr kaputter Lo-Fi-Sound die Szenerie, ihr konsequenter Minimalismus und die damit verbunde Offenlegung aller Tatsachen sind mir auch Monate nach der Entdeckung immer noch so sympatisch, dass "Lux" regelmäßig den Weg ins Schallgesims findet.
Kein doppelter Boden, kein Interpretationströpfchen zuviel. Intellektuell und stylish, ja. Aber kein nichtsnutziger Firlefanz. Disappears klingen, als ob Motörhead 1986 die Ausfahrt in Richtung My Bloody Valentine genommen hätten, und Lemmy nach seinem Philosophie-Studium anstatt einer Speed-Standleitung ins Nasenloch sich lieber täglich eine Haschisch-Schokotorte beim Kaffeekränzchen mit Julia Kristeva reingezerrt hätte.
Als größter Wackelkandidat für die Erwähnung in dieser Liste entpuppte sich dieses Jahr "Helpers On The Other Side" des Triclops!-Haufens, was bei Licht betrachtet weniger an der Qualität ihrer zweiten abendfüllenden Songsammlung, als an der Qualität der Konkurrenz-Veröffentlichungen lag und liegt. Denn auch dieses Jahr darf ich mit Vehemenz darauf hinweisen: Musik war nie besser als heute. Beziehungsweise gestern. Oder vorvorgestern, meinetwegen auch übermorgen - "Das ist Physik." (Malmsheimer).
Das beste Argument des Quartetts aus San Francisco liegt in meiner romantischen Verklärung des Vergangenen begründet, was geradewegs brilliant mit meiner eben getätigten Aussage über die Musik der Gegenwart zusammendotzt: ich höre "Helpers On The Other Side" und befinde mich augenblicklich in meinem sonnendurchfluteten Kinderzimmer, schätzungsweise 1991, abwechselnd The Jesus Lizard- und Janes Addiction-hörend. Und ich möchte einerseits darauf hinweisen, dass das durchaus eine gute Erinnerung ist, und dass andererseits die groben Eckpunkte ihres Sounds mit den beiden eben genannten Kapellen zumindest in meinen Ohren ganz gut abgesteckt sind. Aber kommt mir jetzt bloß keiner auf die Idee, eine vergleichende Riff- und Harmoniestatistik auf zu setzen! Zumal der Vergleich angesichts der, ich wage es kaum zu schreiben, Classic Rock-Einflüsse bei "Homage To Monte Cassino (Red)" und "With Sars, I'll Ride The Wind" auch wieder totaler Kappes sein könnte. Aber wer weiß das schon?
Na, ich natürlich (nicht): Triclops! springen letzten Endes zwischen Punkrock, Noiserock, Hardcore und alternativer Frühneunziger-Weirdness ("Brown Summer") umher, sind sympatisch durchgeknallt und haben hier einige durchaus progressive und in der Folge auch mutige Perlen ("Brown Summer") untergebracht. Ich höre die Scheibe vor allem aufgrund ihrer Frische und Komplexität sehr gerne ("Brown Summer") und deswegen soll ihr auch der begehrte letzte freie Platz in dieser Aufstellung gehören. So sei es ("Sown Brummer").
Erschienen auf Alternative Tentacles, 2010.
Wir, also mein Listennerd und ich, haben uns außerdem dazu entschlossen, bei der tollen "Top of the Blogs 2010"-Aktion von Vinyl Galore mit zu machen.
Vinyl Galore-Mann Martin hat in offenbar schlaflosen Nächten die Top Ten-Listen von nicht weniger als 43 Blogs ausgewertet und das Ergebnis nun exakt HIER präsentiert.
Frei nach Bill Hicks:"Boy, is my thumb not on the pulse of the German indie scene!"
Aber schön isses ja doch yngwie.
Danke für die Mühe, Martin.
Der Listennerd in mir schreit wieder nach Aufmerksamkeit und ich bin noch nicht autoaggressiv genug, um dieses Betteln zu überhören. Also schenken wir dem jämmerlichen Kieselchen in mir einfach die nächsten Wochen etwas (kostbare) Zeit und ein kleines, kaltes und feuchtes Eckchen zum Austoben: die schönste Musik des Jahres 2010. Der Countdown hat begonnen. Spannung! Dramatik! Durchfall und kein Klopapier im Haus!
Gemeinsam lässt es sich bekanntermaßen schöner leiden: für den Fall, dass auch Du der Welt (oder wenigstens mir - fangen wir ruhig eine Nummer kleiner an) mitteilen möchtest, welche Platten Deine Nervenbahnen am prächtigsten zum Limbotanzen brachten, dann schreibe mir bis zum 31.12.2010 eine Mail an dreikommaviernull[at]yahoo[dot]de, liste Deine Top 10 des Jahres 2010 auf und warte auf den verspäteteten Weihnachtsmann: unter allen Einsendungen werden drei Gewinner ausgelost, die sich schon bald über was Schönes (bruaha?!) freuen dürfen.
Also los da!
Und Frohe Weihnachten. Natürlich.
Nach einigen Tourneen (diesmal unter anderem im Vorprogramm von Neurosis in Europa und Iron Maiden in den USA und Kanada), sowie der hastig eingeschobenen Zusammenstellung "Kronik", die Remixe unter anderem von "Forlorn" und "Nanoman", vier Liveaufnahmen und vier bislang unveröffentlichte Tracks enthielt, verunglückte der Bandbus auf dem Weg zum Festivalauftritt beim Wacken Open Air 1998 so schwer, dass E-Force mehrere Monate lang im Koma lag. Erst Ende 1999 trat die Band wieder als Trio auf, verkündete dann aber zur großen Überraschung etwa ein Jahr später und nach dem Release des ersten Livealbums der Band ("Lives" - erheblich unterbewertet, mit Aufnahmen vom Dynamo Open Air 1995 und einem Auftritt in New Yorks GBGB) den Ausstieg Forrests. Voivod büßten zu jener Zeit immer mehr an Relevanz ein. Die Entscheidung, auf "Negatron" und "Phobos" diesen harschen Cyber Thrash Metal zu inszenieren war aus kommerzieller Sicht nicht unbedingt die cleverste Idee, selbst wenn das damalige musikalische Klima für einen solchen Sound sicher schlechter hätte aussehen können. Aber wer sollte nach all diesen Drehungen und Wendungen noch Voivod hören? Die alten Thrasher aus den 80ern? Die hatten zehn Jahre nach "Killing Technology" schon die Doppelhaushälfte und zwei Kinder am Sack. Mal ganz abgesehen davon, dass weder "Negatron" noch "Phobos" noch viel mit 80er Jahre Thrash am Hut hatten. Die mitgewachsenen oder gar neuen Fans aus der "Nothingface"/"Angel Rat"/"The Outer Limits"-Phase? Die hätten sich angesichts eines Songs wie "Quantum" garantiert in die Hosen gemacht. Verständlicherweise, wie ich schnell hinzufügen möchte. Und die krass-coolen 90er Jahre Kiddies, die Biohazard, Pantera und Sepultura hörten, waren gleichfalls mit dieser schmutzigen Bombe überfordert, die zwar modern, aber eben doch nicht zeitgemäß war.
Was blieb war ein kleines Häufchen Die Hard-Fans, für die Voivod "Home Sweet Home" waren, ein bisschen nerdig, aber so unfassbar wichtig. Eine Schicksalsgemeinschaft.
Auch wenn in den Folgejahren so einiges passiert ist, was dieses kleine Häufchen hätte vergrößern können: der Einstieg des ehemaligen Metallica-Bassisten Jason Newsted am Bass oder die Reunion mit Ur-Sänger Snake, die Veröffentlichung weiterer, mindestens gutklassiger, Alben - es sollte nicht sein. Voivod waren zu lange zu weit weg vom Fenster für den ganz großen Erfolg. Und dann kam der nächste Schicksalsschlag: bei Gitarrist Piggy wurde im Frühjahr des Jahres 2005 Darmkrebs diagnostiziert, gegen den er im August 2005 den Kampf verlor. Piggy hatte Ende der 80er Jahre schon einmal gegen die Mistsau Krebs gekämpft, damals gegen einen Hirntumor - und er gewann. Diesen letzten Kampf musste er aufgeben.
Kurz vor seinem Tod erklärte Piggy Freund Away, wie er an die Dateien mit seinen bereits fertig aufgenommenen und arrangierten Gitarrenriffs herankommt, die er bereits für das nächste Album vorbereitet hatte. Aus diesem Sammelsurium von Riffs, Melodien und Harmonien entstand 2006 das Album "Katorz" in Abwesenheit des großen Meisters. Ich habe Piggy in diesem viel zu langen Text mehr als einmal gewürdigt, und es darf ruhig nochmal passieren: Piggy ist für meine Begriffe der talentierteste, kreativste und schlichtweg größte Gitarrist des Heavy Metal und die Lücke, die sein Tod hinterlassen hat, ist bisher von niemandem auch nur im Ansatz gefüllt worden. Ich weiß noch, als mich die Todesnachricht tief in einer deutschen Sommernacht via Internet erreichte und ich heulend vor dem Computer saß - man ist womöglich nicht besonders stolz, sowas hier und an dieser Stelle zuzugeben, aber ich habe Rotz und Wasser geheult und war für Tage kaum ansprechbar. Und in Zeiten wie diesen, in denen ich mich im Zuge der erstmaligen Vinyl-Veröffentlichung von "Negatron" und "Phobos" via Linus Entertainment wieder metertief in das Oevre dieser einzigartigen Band eingrabe und mir Piggy im "Phobos"-Opener "Rise" mit diesem grandiosen, ALLES, ABER AUCH WIRKLICH ALLES WEGBUMSENDEN WAHNSINNSSOUND die Frise auf halbacht föhnt, und ich mir in stundenlanger Arbeit diesen viel zu langen Scheißtext aus den Rippen schneide, ist das Gefühl von damals schon wieder ziemlich deutlich wahrnehmbar.
Mein Verdacht bestätigte sich, als die ersten Absätze zu diesem Post bereits geschrieben waren: einen Beitrag über die kanadische Metal-Legende Voivod zu verfassen ist alles andere als ein einfaches Unterfangen. Die Geschichte des Voivods ist so spannend und umfangreich, voller Brüche und zugleich so tragisch, dass es ein Leichtes wäre, vom Hundertsten ins Tausendste zu kommen. Ich bemerkte außerdem, dass es zusätzlich schwieriger wird, wenn ich mich, wie ursprünglich geplant, lediglich auf zwei ihrer mittlerweile 12 Studioalben beschränken möchte: "Negatron", 1995 erschienen und "Phobos", das zwei Jahre später wie der Vorgänger auf Hypnotic Records veröffentlicht wurde, stellten zu ihrer Zeit nicht nur eine Zäsur in der Entwicklung der Band dar, sie sind auch heute noch selbst unter Fans durchaus umstritten. Ich fand, das sei ein guter Aufhänger...aber in der Praxis kann ich die beiden Alben kaum angemessen in ihrer Relevanz beschreiben, wenn niemand ihre Vorgeschichte kennt. Beginnen wir am besten....irgendwo knapp hinter dem Anfang und browsen einfach ein bisschen durch die schicke Voivod-Diskografie.
Das Debut "War And Pain" (1984) und das nur minimal kontrolliertere zweite Album "Rrröööaaarrr" (1986) boten hysterischen, mit Venom-, Motörhead- und Slayer-Zitaten angereicherten Speed/Thrash Metal, in dem allerdings ein anarchistischer Punkvibe deutlich erkennbar war. Die Band hatte trotz der erwähnten Einflüsse, vor allem aber angesichts der bereits damals sensationellen Gitarrenarbeit von Denis "Piggy" D'Amour, einen klar erkennbaren eigenen Stil, der später in Verbindung mit den futuristischen, fremdartigen und gleichzeitig abstoßenden Artworks Michael "Away" Langevins und den mit starkem Hang zur Science Fiction ausgestatteten Texten als Nuclear Metal (die Plattenfirma - Noise Records, wer sonst?! - entblödete sich sogar nicht, entsprechende Sticker auf Plattencover zu kleben) oder Science Fiction Metal bezeichnet wurde - übrigens eine Schublade, die im Grunde bis heute einzig und allein von den Kanadiern bewohnt wurde und wird.
Die beiden Nachfolger "Killing Technology" (1987) und "Dimension Hatröss" (1988) dürfen als Übergang zum folgenden Dreigestirn "Nothingface", "Angel Rat" und "The Outer Limits" angesehen werden, allerdings ist die Geschwindigkeit, mit der sich die Band innerhalb von nur drei Jahren weiterentwickelte, schier unfassbar. Wer "Rrröööaaarrr" aus dem Jahre 1986 und im Anschluss "Nothingface" aus dem Jahre 1989 hört, wird kaum vermuten, dass es sich immer noch um dieselbe Band handelt. Auf "Killing Technology" und vor allem auf "Dimension Hatröss" begannen Voivod mit Psychedelic- und Progressive-Einflüssen zu experimentieren, als Vorbilder agierten nun Bands wie die Landsmänner von Rush (mit denen sie später auch die Bühne teilen sollten) oder Pink Floyd. "Tribal Convictions" vom 1988er Album bekam ein trashiges, in Teilen gar avantgardistisches Video verpasst und mauserte sich in eingeweihten Kreisen zu einem kleinen Hit, dessen Früchte das Quartett beim Nachfolger "Nothingface" ernten konnten: Voivod wechselten zum Majorlabel MCA (heute übrigens unter dem Dach der Pfeifen von Geffen), bekamen ein größeres Budget, erneut einen Videoclip, diesmal zur Coverversion von Pink Floyds "Astronomy Domine", und hatten plötzlich sogar auf MTV Erfolg. Das von Glen Robinson produzierte Album wird von vielen Fans auch heute noch als der Höhepunkt im Schaffen der Kanadier bewertet: Voivod waren alleine klanglich so aufgeräumt wie noch nie, aber auch ihre Songs waren bis ins kleinste Detail ausgearbeitet und durchdacht. "Nothingface" ist eine wilde und verrückte Progressive Rock-Abfahrt in einem überdimensionalen Raumschiff, die mit dem erwähnten "Astronomy Domine", "The Unknown Knows", dem Titeltrack oder dem genialen "Into My Hypercube" (und, und, und...) ein paar ganz weit entfernten Planeten zuwinkt. Spätestens hier ist Gitarrist Piggy übrigens in den Olymp der größten Saitenhexer aller Zeiten aufgestiegen. Und darüber wird nicht diskutiert.
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