22.10.2007

Dings Milchglasgitarre



Eine Platte, die auf einem ganz schmalen, gefährlichen Grat balanciert. "Daydreaming" ist das Debut des Musikers Rafael Anton Irisarri aus Seattle. So klingt heute also Musik aus der einstigen Grunge-Hochburg: Ambientflächen, Synthesizerflecken, Knacken und Zirpen im Hintergrund, vorne arbeitet sich ein Piano durch teils diffuse Strukturen, die mal zusammenhanglos und verloren, mal hauchfein zu offensichtlich erscheinen. Das ist er, der gewagte Ritt zwischen den Welten. Dass man sich an die Gefälligere im Nachhinein mehr erinnert (und im schlimmsten Fall von ihr abgeschreckt wird), liegt in unserer Natur. Aber man sollte nicht überhören, dass neben eingängigeren Stücken wie "Lumberton" auch viele sehr interessante, traumhaft-schwebende Songs ("Voigt-Kampf") den Weg auf diese erfreulich kurzweilige Platte gefunden haben, die die Balance wieder herstellen. "Daydreaming" ist bei aller Affinität zur Sanftheit überraschend rau produziert und entfaltet seine Stärken ironischweise zur Nacht. "Ich wählte den Titel schon, um so etwas wie die Sehnsucht nach besseren Dingen im Leben zu umschreiben. (...) Der Gedankenprozess, dieses Durchspielen der Möglichkeit, dass etwas passiert, passiert sein könnte, dann aber doch nicht passierte, aber vielleicht eines Tages doch … eine Art Selbstgeißelung der Gedanken." sagte Irisarri einmal in einem Interview mit der Zeitschrift De:Bug. Tatsächlich hat man das Gefühl, als würde man seinem eigenen Leben hinter von Wasserdampf beschlagenen Glasscheiben zuschauen und plötzlich jeden seiner Schritte zunächst vorausahnen und im Anschluss hinterfragen. Das kann wahnsinnig machen. But nevermind (!): "Daydreaming" ist als tröstender Begleiter an deiner Seite.

"Daydreaming" von Rafael Anton Irisarri ist im Jahre 2007 auf Miasmah erschienen

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