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07.01.2022

A Walk in My Atomic Garden - Platz 8: Bad Religion - The Empire Strikes First




BAD RELIGION - THE EMPIRE STRIKES FIRST

Mit "The Empire Strikes First" erreichen wir nun den endgültigen Wendepunkt der Diskografie und machen es uns auf der Sonnenseite des Leben als Fan von Bad Religion gemütlich - und ich hätte im Jahr 2004, zumal nach den Bruchlandungen mit "No Substance" und "The New America" im Leben nicht mehr daran geglaubt, ein neues Bad Religion Album mit derartiger Begeisterung zu umarmen.

Manchmal traute ich sogar meinem eigenen Urteil nicht mehr. Warum ausgerechnet diese Platte? In den letzten 25 Jahren hat mich keines ihrer anderen Werke derart gepackt, nicht mal annährend. Liegt's an meinen damaligen Lebensumständen, daran, wie ich sie mir mit einem klitzekleinen Sozialhilfe-Budget erarbeiten und ersparen musste? Liegt es an meinem zu jener Zeit auf dem Höhepunkt angekommenen Zorn gegenüber der imperialistischen US-Amerikanischen Politik unter der Führung des Kriegsverbrechers Dabbelju, der auf "The Empire Strikes First" praktisch mit jedem Songtext vermöbelt wird - und fühlte ich mich deswegen so gut verstanden? Waren die Texte von "Let Them Eat War" oder dem Titeltrack meine Stimme im vermeintlich gerechten Kampf gegen Krieg, Korruption, Religion und Kapitalismus? Und ich frage Sie: warum landet einer, der seit 1998 jeden halbsteif aufgenommenen Superschnarcher dieser Band mit manchmal weit über das Ziel hinausschießender Verve gegen die nächstbeste Wand klatschen möchte, plötzlich mit all den Superschnarchern - und dazu auch noch oft scheißlangen Superschnarchern - auf "The Empire Strikes First" im Bett, nackt, geil, eingerieben in Hamsterfutter und zu allem bereit? 

Immer wieder versuchte ich, all das zu verstehen. Immer wieder musste ich mich fragen, ob ich nicht vielleicht doch falsch lag. Dann lege ich das Album auf und vierzig Minuten später war jedes Mal aufs Neue klar: ich liege immer noch goldrichtig. "The Empire Strikes First" lebt in erster Linie von einem durchgängig hochklassigen Songwriting, das die typischen, oft melancholischen Melodien Greg Graffins mit ihrem klassischen und bis dato verloren geglaubten Drive amalgamiert. So sind sogar die gebremsten Schunkelhits wie "Beyond Electric Dreams" und besonders "Boot Stamping On A Human Face Forever" von der ersten bis zur letzten Sekunde fesselnd und packend. "God's Love" ist sowohl textlich auch musikalisch mit Leichtigkeit einer meiner absoluten Bad Religion-Lieblingssongs aus den letzten 25 Jahren. Der Sound, wenngleich vor allem im Vergleich mit ihrem Frühwerk bereits unangenehm komprimiert, ist noch nicht derart angedickt wie auf eigentlich allen Nachfolgern und hat immerhin noch einen Lufthauch von Transparenz. 

Für mich ist "The Empire Strikes First" das beste Bad Religion-Album seit dem Erscheinen von "The Gray Race". Angesichts ihrer aktuellen Form täterääät's mich nicht wundern, wenn das wenigstens mittelfristig auch so bleibt.


   


Erschienen auf Epitaph, 2004.