BAD RELIGION - SUFFER
Ab hier wird's kriminell. Die folgenden sieben Platten könnte ich im Prinzip auswürfeln und wäre trotzdem mit jeder Reihenfolge d'accord. Jedes Album könnte an manchen (lies: allen) Tagen auf Platz 1 stehen und keines hätte Platz sieben verdient.
Aber sowas kommt eben von sowas: in einer insomniaverseuchten Nacht eine fixe Idee haben, weil plötzlich selbst die ehemals eher als semigeil abgespeicherten Bad Religion-Alben eine ungemeine Attraktivität ausstrahlten und also ungefragt rehabilitiert werden müssen oder so ein Vollquatsch, anschließend vollmundig an seine per Hand ab- und durchgezählten acht Leser und das ganze verdammte Internet verkünden, man werde sich nun in den kommenden Wochen (lol, dass ich immer noch diesen völlig unbegründeten Optimismus mit mir herumtrage, ist DER KNALLER IN TÜTEN! *bumm*) gemeinsam durch die Diskografie Bad Religions kämpfen wollen (lies: müssen), und spätestens bei den ersten/letzten/besten sieben Alben merken, welch totale Scheißidee das war.
Jetzt sitze ich hier seit Tagen und versuche, eine Reihenfolge für strenggenommen sieben 10/10-Klassiker zu stricken. Total bescheuert. I mean - how the fuck am I supposed to do that?
Und nicht nur das, es "kommt" ja noch "dicker": wer will denn ernsthaft noch die bazillionste Lobeshymne über "Suffer" oder "Against the Grain" lesen? Ich hatte über die letzten 14 Jahre stets versucht, die ganz offensichtlichen "Everybody's Darlings" von diesem Blog fernzuhalten und jetzt muss ich mich hier echt mit diesem Mumpitz auseinandersetzen? Ich könnt's ja auf die Pandemie schieben oder auf den Dreiklang "Selbsthass, Depression und Langeweile" (Schmidt), das passt immer. Aber dann sitze ich immer noch hier. Und ihr auch.
Also, sei's drum - "Suffer" hat's nun also getroffen und darf den "undankbaren" (Waldi Hartmann) siebten Platz einheimsen. Ich weiß selbst nicht warum, ich liebe die Platte. Ich habe über volle zwei Jahre niemals das Haus verlassen und und mich auf den Weg zur Schule gemacht, ohne "Suffer" im Walkman gehabt zu haben. Jeden Morgen begrüßte mich Greg Graffin mit "You Are The Government", während ich zur Bushaltestelle lief und mich auf einen weiteren Tag mit mobbenden Vollidioten vorbereitete - und darüber hinaus die Auseinandersetzung mit der eigenen Doofheit verarbeiten musste (Benson & Hedges, Baileys auf Eis, Grave Digger). "Suffer" sagte mir täglich "Du bist zwar doof, aber es gibt Hoffnung!". Das motiviert zwar nicht, aber es spendet Trost.
Ich machte das Beste daraus, und Bad Religion gaben mir ihr Bestes:
Hey, I don't know if the billions will survive
But I'll believe in God when one and one are five
My moniker is man and I'm rotten to the core
I'll tear down the building just to pass through the door
Schalten Sie auch das nächste Mal wieder ein, wenn es heißt: Oppa erzählt vom Kriech. Bis dahin: viel Glück und gute Besserung.
Erschienen auf Epitaph, 1988.