LOVE/HATE - WASTED IN AMERICA
"The new wave of doom disco." (Skid Rose)
Es wäre vermutlich nicht komplett falsch, wenn ich an jener Stelle über das Debutalbum "Blackout In The Red Room" dieser aus Los Angeles stammenden Band sprechen würde, aber, und das ist die Sache: es wäre auch nicht komplett richtig. Zwar wirbelte das 1990 erschienene Album ordentlich Staub auf und gilt bei der immer weiter schrumpfenden Gruppe derer, die noch irgendeinen fickenden Fick für 35 Jahre alte Musik geben, als eines der besten Rockdebuts, und ich möchte ein leise gemurmeltes "Mit Recht!" hinzufügen. "Wasted In America" ist dennoch das bessere Album.
Dabei entstand die Platte unter schwierigen Bedingungen. Die erste Songsammlung, die das Quartett für den Nachfolger von "Blackout In The Red Room" bei Columbia Records einreichte, wurde umgehend abgelehnt. Das Label wollte die Band nach dem Achtungserfolg des Debuts in den Mainstream einsteigen sehen und rief nach der Schleifmaschine, die alle Unebenheiten des Bandsounds beseitigen sollte. Love/Hate zeigten dem Label stattdessen den Mittelfinger und veröffentlichten mit "Wasted In America" ein kratzbürstiges und in Teilen überraschend hartes Statement gegen das Establishment, das sich stilistisch nicht eindeutig kategorisieren lassen wollte. Sleazerock und Glam standen immer noch im Vordergrund, aber zwischen den Zeilen zeigte sich plötzlich ein nur schwer zu dechiffrierender Alternative-Vibe, vielleicht nicht unähnlich zu den Obertönen auf den jeweils ersten beiden Alben von Saigon Kick und Janes Addiction, der die Intensität des Vortrags im Kern erfasste und die Atmosphäre sowohl dunkler als auch gefährlicher einfärbte. "Wasted In America" ist voller Hits, extrem kurzweilig, toll gespielt, toll gesungen und "Yucca Man" - grundgütiger, wollt ihr mich eigentlich verarschen?!
Columbia ließ zunächst das Album und nach eines fehlgeschlagenen Publicity-Stunts von Sänger Jizzy Pearl, der sich am Hollywood-Schriftzug kreuzigen ließ, steckenblieb und in der heißen Sonne Kaliforniens gegrillt wurde, bevor er für ein paar Stunden hinter schwedischen Gardinen saß, auch die komplette Band über die Klinge springen. Kurze Zeit später schlug der Effekt von "Nevermind" endgültig durch und eine ganze Szene landete auf dem Abstellgleis.
Vinyl und so: Für die Originalpressung in gutem Zustand sollten derzeit 50 Euro angesetzt werden. Ein Reissue ist nicht in Sicht - aber es wird allmählich wirklich mal Zeit. Hey, Music On Vinyl! Macht mal!
Erschienen auf Columbia Records, 1992
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