16.06.2013

La-Di-Da-Du-Dödel-Di



DREAMSCAPE - LA-DI-DA RECORDINGS

Wenn das wie in den vergangenen Wochen so weitergeht, mit dieser Arbeit, diesem Geld verdienen, diesem Irrsinn, zugepackten Wochenenden und dem ganzen wabbeligen Rest, an den ich mich bezeichnenderweise auch gar nicht mal mehr erinnern kann, ist's mit meinem Ziel, auch in diesem Jahr die Postingzahlen über jenen des Vorjahres liegen zu lassen, irgendwie Essig. Es ist aber auch....glaubt mir das eigentlich jemand, wenn ich sage, dass ich im Grunde keine Erinnerung an den Mai habe? Und wenn ich nicht blogge und somit nicht wenigstens ein bisschen Struktur in das hereinbringe, was früher und irgendwann mal mein Privatleben war, dann ist der Ofen endgültig aus.

Ich entschied mich heute dazu, über eine Platte zu sprechen, wenn nicht gar zu schreiben, die ich schon länger auf dem langen Zettel mit potentiellen Blog-Gästen stehen hatte, und die mein romantisch-sensibles Pussyherz im Sturm genommen hat.

Es handelt sich um "La-Di-Da Recordings" von Dreamscape. Das Trio aus Bristol existierte zwischen 1989 und etwa 1993 und nahm in dieser Zeit zwei EPs auf, von denen allerdings nur eine auch tatsächlich veröffentlicht wurde. Die drei Songs ebenjener "Cradle EP" lassen sich auf diesem von Kranky gehobenen und zusammengestellten Schatz genauso finden wie die vier Tracks, die eigentlich auf dem 1993er Album mit dem Arbeitstitel "Greater Than God" hätten stehen sollen. Das Album wurde jedoch nie veröffentlicht, und die Band fiel kurze Zeit später auseinander. Als Bonus gibt es außerdem noch eine Aufnahme eines einzelnen Songs, der den Startschuss zu neuen Songwriting Sessions geben sollte, aber auch gleichzeitig der Sargnagel für die Truppe war. "No More But Thought" weist einige Unzulänglichkeiten im Sound auf, da man sich im Hause Kranky dazu entschied, die Aufnahmen im ursprünglichen Zustand zu belassen. Das Tape, von dem der Track gezogen wurde, war offensichtlich bereits etwas ramponiert.

Heute stehen wir zwanzig Jahre später da, liegen hier oder sitzen rum, und hören einen hypnotischen Indie-Shoegaze-Pop, genuin britisch, zu gleichen Teilen naiv und hymnisch. Deutlich flüssiger und vielschichtiger als die skelettierten Young Marble Giants, auch insgesamt musikalischer und lebendiger - wenngleich bei beiden Bands ein Schlagzeuger aus Fleisch und Blut fehlt, wofür stattdessen ein Drumcomputer durch den Sound tackert. Rebecca Rawlings singt distanzierte, wie in Watte und Schlaftabletten-Marinade eingelegte Melodien, die ähnlich außerweltlich wie die Ansätze einer Julia Holter erscheinen, während die beiden Multiinstrumentalisten Scott Purnell und Jamie Gingell die Songs im Hintergrund durch eine Art barocker Erhabenheit schweben lassen. So mancher jubiliert darüber, dass die Songs kaum etwas von ihrer Frische eingebüßt hätten, was stimmen mag - aber trotzdem ist diesen Werken durchaus deutlich anzuhören, wann sie entstanden sind. Was andererseits total super ist, denn damit wird man an die kurze Lebensdauer dieser Musik erinnert. Im Prinzip wardas Genre ab Mitte der neunziger Jahre erledigt, und heute ist's praktischerweise gleich ganz verschwunden. Es sei denn, man lüftet zu einer neuen My Bloody Valentine noch wirklich die Unterhose, aber wer macht das schon? So manches Elementarteilchen des Trios hallt in den unzähligen aktuellen Dream-Pop und Ambient-Alben dezent nach...diese leise Ahnung, wie das mal war, damals. Was indes bleibt ist der Gedanke, dass der Weg zurück keine Option ist.

Wenn ich "La-Di-Da Recordings" höre - was ich in den letzten Monaten sehr ausgiebig und überraschend regelmäßig tat - werde ich hier und da durchaus ein bisschen wehmütig. Der Sound ist beinahe vergessen, die Bands sind es eh und man fragt sich, was eigentlich passiert ist, dass wir uns heute durch das zahnlos maßgeschneiderte und aalglatt angepasste Indie- und Folk-Geschwerrl kämpfen müssen. It could have been so beautiful.

Erschienen auf Kranky, 2012.

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